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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wahrlich nicht die Einheit der Geschichte und der gemeinschaftlichen National-
schicksale, die sie seit Jahrhmiderten miteinander brüderlich verlebt; -im
Gegentheil/ nie ist-"Deutschland gegen-das Ausland so off in Waffen
gestanden,, -als wie es'gegen sich selbst in Waffen stand/ Was ist denn
das Bindungsmittel, was die deutschen Völker und Völkerchen zu Einer
großen Nation,vereint? Die Sprache ist's, die Literatur/ ' - '-
'

- In dieser Beziehung, sowie auch in vielen andern/ kann die deutsche
Literatur mit keiner sonstigen verglichen werden, als mit der griechischen.
Auch Griechenland war, wie Deutschland, in viele kleine Staaten zer¬
schnitten und zertheilt, und das kriegerische Sparta stand dem fröhlichen
Athen sast in demselben Verhältniß 'gegenüber,wie das Landwehrgerü¬
stete Preußen neben dem heitern Oesterreich. Und Corinth und Theben,
und Elis'und Syrakus standen wie''Hessen und Weimar, wie Baden
und Nassau, bald 'auf dieser, bald auf jener Seite. Aber die Harfe
Homers war Ein Heiligthum für Alle. Die politische Einheit Deutsch¬
lands ist in Frankfurt mit schwieriger'- Staatskunst' centralisirt worden,
aber die moralische Einheit Deutschlands hat einen viel natürlichern
Centralpunkt, er heißt: Friedrich von Schiller.
'

- Getreu meinemProgramm'' will ich' es versuchen, . den. Gang,,'
welchen dit Geschichte der'deutschen' Literatur .genymmcn, Mit-/sie-
- tem Hinblick auf'die französische, "in einer'kurzen 'Skizze zu schildern,,
und ich erlaube mir, diese Skizze mit einem Mährchen zu eröffnen, wei-'
ches ich in einem der ältesten FMiam-gefunden-habe. Dieses Mährchen
beginnt, ^wie alle seine Geschwister, mit dem unvermeidlichen ZI ^ "van'
une k"!.? i,n Roi Zc. - - '"--

Also es war einmal ein König und eine Königin, die -herrschten
übet ein glückliches Land; - zwei liebliche - Knaben waren die frucht ih¬
rer. Ehe. Der, König dachte, das Reich, welches er als Erbtheil einst
hinterlassen, werde/ -Unter sie zu theilen. Seine höchste' Sorge war
daher auf die Erziehung dieser beiden Söhne gerichtet. Er - wollte - ihr -
Herz und-ihren Verstand würdig heranbilden, um einst den hohen Be--
ruf, ,'zu dem sie bestimmt, erfüllen zu' können. Erfahrung- allein ttwei-'
tert den'Verstand, und Unglück-nur bildet-das Herz/-,'Dies-war der
Grundsatz : des-Königs, und er beschloß, seine Söhne, ^sobald'sie das no- '
thige Alter -'erreicht,-hinaus in die. Welt' zu' senden/ um, -beraubt von ni- ^
kam,königlichen-' Vorrechten ,' im Sturme'des Lebens ihre-'-Kraft-!zu''edle---'
Wickel", und ^ihrett-'Charakter.'Zu bilden. - - Aber- die Köni'g'in',^die'Mutter,


wahrlich nicht die Einheit der Geschichte und der gemeinschaftlichen National-
schicksale, die sie seit Jahrhmiderten miteinander brüderlich verlebt; -im
Gegentheil/ nie ist-"Deutschland gegen-das Ausland so off in Waffen
gestanden,, -als wie es'gegen sich selbst in Waffen stand/ Was ist denn
das Bindungsmittel, was die deutschen Völker und Völkerchen zu Einer
großen Nation,vereint? Die Sprache ist's, die Literatur/ ' - '-
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- In dieser Beziehung, sowie auch in vielen andern/ kann die deutsche
Literatur mit keiner sonstigen verglichen werden, als mit der griechischen.
Auch Griechenland war, wie Deutschland, in viele kleine Staaten zer¬
schnitten und zertheilt, und das kriegerische Sparta stand dem fröhlichen
Athen sast in demselben Verhältniß 'gegenüber,wie das Landwehrgerü¬
stete Preußen neben dem heitern Oesterreich. Und Corinth und Theben,
und Elis'und Syrakus standen wie''Hessen und Weimar, wie Baden
und Nassau, bald 'auf dieser, bald auf jener Seite. Aber die Harfe
Homers war Ein Heiligthum für Alle. Die politische Einheit Deutsch¬
lands ist in Frankfurt mit schwieriger'- Staatskunst' centralisirt worden,
aber die moralische Einheit Deutschlands hat einen viel natürlichern
Centralpunkt, er heißt: Friedrich von Schiller.
'

- Getreu meinemProgramm'' will ich' es versuchen, . den. Gang,,'
welchen dit Geschichte der'deutschen' Literatur .genymmcn, Mit-/sie-
- tem Hinblick auf'die französische, "in einer'kurzen 'Skizze zu schildern,,
und ich erlaube mir, diese Skizze mit einem Mährchen zu eröffnen, wei-'
ches ich in einem der ältesten FMiam-gefunden-habe. Dieses Mährchen
beginnt, ^wie alle seine Geschwister, mit dem unvermeidlichen ZI ^ »van'
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Also es war einmal ein König und eine Königin, die -herrschten
übet ein glückliches Land; - zwei liebliche - Knaben waren die frucht ih¬
rer. Ehe. Der, König dachte, das Reich, welches er als Erbtheil einst
hinterlassen, werde/ -Unter sie zu theilen. Seine höchste' Sorge war
daher auf die Erziehung dieser beiden Söhne gerichtet. Er - wollte - ihr -
Herz und-ihren Verstand würdig heranbilden, um einst den hohen Be--
ruf, ,'zu dem sie bestimmt, erfüllen zu' können. Erfahrung- allein ttwei-'
tert den'Verstand, und Unglück-nur bildet-das Herz/-,'Dies-war der
Grundsatz : des-Königs, und er beschloß, seine Söhne, ^sobald'sie das no- '
thige Alter -'erreicht,-hinaus in die. Welt' zu' senden/ um, -beraubt von ni- ^
kam,königlichen-' Vorrechten ,' im Sturme'des Lebens ihre-'-Kraft-!zu''edle---'
Wickel«, und ^ihrett-'Charakter.'Zu bilden. - - Aber- die Köni'g'in',^die'Mutter,


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[0472] wahrlich nicht die Einheit der Geschichte und der gemeinschaftlichen National- schicksale, die sie seit Jahrhmiderten miteinander brüderlich verlebt; -im Gegentheil/ nie ist-"Deutschland gegen-das Ausland so off in Waffen gestanden,, -als wie es'gegen sich selbst in Waffen stand/ Was ist denn das Bindungsmittel, was die deutschen Völker und Völkerchen zu Einer großen Nation,vereint? Die Sprache ist's, die Literatur/ ' - '- ' - In dieser Beziehung, sowie auch in vielen andern/ kann die deutsche Literatur mit keiner sonstigen verglichen werden, als mit der griechischen. Auch Griechenland war, wie Deutschland, in viele kleine Staaten zer¬ schnitten und zertheilt, und das kriegerische Sparta stand dem fröhlichen Athen sast in demselben Verhältniß 'gegenüber,wie das Landwehrgerü¬ stete Preußen neben dem heitern Oesterreich. Und Corinth und Theben, und Elis'und Syrakus standen wie''Hessen und Weimar, wie Baden und Nassau, bald 'auf dieser, bald auf jener Seite. Aber die Harfe Homers war Ein Heiligthum für Alle. Die politische Einheit Deutsch¬ lands ist in Frankfurt mit schwieriger'- Staatskunst' centralisirt worden, aber die moralische Einheit Deutschlands hat einen viel natürlichern Centralpunkt, er heißt: Friedrich von Schiller. ' - Getreu meinemProgramm'' will ich' es versuchen, . den. Gang,,' welchen dit Geschichte der'deutschen' Literatur .genymmcn, Mit-/sie- - tem Hinblick auf'die französische, "in einer'kurzen 'Skizze zu schildern,, und ich erlaube mir, diese Skizze mit einem Mährchen zu eröffnen, wei-' ches ich in einem der ältesten FMiam-gefunden-habe. Dieses Mährchen beginnt, ^wie alle seine Geschwister, mit dem unvermeidlichen ZI ^ »van' une k»!.? i,n Roi Zc. - - '"-- Also es war einmal ein König und eine Königin, die -herrschten übet ein glückliches Land; - zwei liebliche - Knaben waren die frucht ih¬ rer. Ehe. Der, König dachte, das Reich, welches er als Erbtheil einst hinterlassen, werde/ -Unter sie zu theilen. Seine höchste' Sorge war daher auf die Erziehung dieser beiden Söhne gerichtet. Er - wollte - ihr - Herz und-ihren Verstand würdig heranbilden, um einst den hohen Be-- ruf, ,'zu dem sie bestimmt, erfüllen zu' können. Erfahrung- allein ttwei-' tert den'Verstand, und Unglück-nur bildet-das Herz/-,'Dies-war der Grundsatz : des-Königs, und er beschloß, seine Söhne, ^sobald'sie das no- ' thige Alter -'erreicht,-hinaus in die. Welt' zu' senden/ um, -beraubt von ni- ^ kam,königlichen-' Vorrechten ,' im Sturme'des Lebens ihre-'-Kraft-!zu''edle---' Wickel«, und ^ihrett-'Charakter.'Zu bilden. - - Aber- die Köni'g'in',^die'Mutter,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/472>, abgerufen am 22.12.2024.