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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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leuchtende Flamme, über das Fel?, und des Webers Haupt verschwand
hinter der Stadtmauer" Das Zeichen war noch keine 4, Secunden ge¬
geben, als" die Schildwache, die/auf dem Walle stand, mit schmerzlichem
Schrei zur Erde stürzte und über die Mauer geworfen ward; dann hörte
man.hinter dem Thore einiges Waffengerassel und einige Klagen ster¬
bender, Menschen;, aber auf das.Geräusch folgte, unmittelbar Todesstille.

Mit dxr größten Vorsicht zogen nun alle Zunftabtheilungen in
Brügge ein; jeder Anführer begab sich mit seinen Mannen nach dem
Quartiere, das ihm von Dekonink (früher/war'angewiesen worden.
Eine Viertelstunde später'waren alle Thorwachen ermordet und jede Zunft
stand auf ihrem Platz; vor jeder Hausthüre, wo Franzosen wohnten,
standen 3 Klaeuwaerts, bereit, sich mit Hammer und Beil Eingang zu
verschaffen. Keine einzige Straße war unbesetzt, die Stadt war in allen
Theilen mit Patrioten erfüllt, die nur auf das Zeichen zum Anfangen
warteten. , Dekonink stand mitten auf dem Freitagsmarkt; nach kurzem
Bedenken sprach er den Fluch der Franzosen aus, rufend; "Flandern,
der Löwe! Was wälsch ist, falsch ist! Schlagt alle todt!" , -

Dieser Ruf, das Todesurtheil der Fremden, wurde durch fünftau¬
send Miamen wiederholt. Man kann sich vorstellen, welch' schreckliches
Geheul, weint/ furchtbares Durcheinander von Sterb etönen entstand. In
demselben Augenblicke wurden alle Thüren eingestoßen oder zertrümmert.
DieKlauenfreunde liefen voll Nachsucht eines den Schlafkammern der Franzo¬
sen und ermordeten Alle, die die Worte: Schild en orient^) (Schild und
Freund) nicht aussprechen konnten. Da in einigen Häusern mehr Fran¬
zosen waren, als man in so kurzer Zeit schlagen konnte, so hatten Viele
Zeit gehabt, sich anzukleiden und die Waffen' zu ergreifen, und zwar vor¬
züglich in dem Quartiere, wo- Chcrtillon mit seinen zahlreichen Wachen
wohnte. Trotz der Wuth Breidels und seiner Begleiter, hatten sich auf
diese Weise ohngefähr 600 Franzosen zusammengcschaavt. Viele, die,
obgleich verwundet, dem Schlachten entkommen waren, vermehrten die
Anzahl dieser Flüchtlinge, so daß sie endlich, nahe an 1000 Mann stark,
ihr Leben theuer zu verkaufen beschlossen. In, gedrängter Schaar stan¬
den sie an den Häusern und vertheidigten sich mit 'dein Muthe der Ver-



Da sah in: Flämischen, wie im Plattdeutschen, wie die Laute s und gb aus!-
gesprochen wird, so läßt sich einsehen, da? die Franzosen dadurch eben so
"leicht als 20 Jahre vorher bei der sizilianischen Vesper am Worte "cineri"
erkannt wurden.

leuchtende Flamme, über das Fel?, und des Webers Haupt verschwand
hinter der Stadtmauer» Das Zeichen war noch keine 4, Secunden ge¬
geben, als" die Schildwache, die/auf dem Walle stand, mit schmerzlichem
Schrei zur Erde stürzte und über die Mauer geworfen ward; dann hörte
man.hinter dem Thore einiges Waffengerassel und einige Klagen ster¬
bender, Menschen;, aber auf das.Geräusch folgte, unmittelbar Todesstille.

Mit dxr größten Vorsicht zogen nun alle Zunftabtheilungen in
Brügge ein; jeder Anführer begab sich mit seinen Mannen nach dem
Quartiere, das ihm von Dekonink (früher/war'angewiesen worden.
Eine Viertelstunde später'waren alle Thorwachen ermordet und jede Zunft
stand auf ihrem Platz; vor jeder Hausthüre, wo Franzosen wohnten,
standen 3 Klaeuwaerts, bereit, sich mit Hammer und Beil Eingang zu
verschaffen. Keine einzige Straße war unbesetzt, die Stadt war in allen
Theilen mit Patrioten erfüllt, die nur auf das Zeichen zum Anfangen
warteten. , Dekonink stand mitten auf dem Freitagsmarkt; nach kurzem
Bedenken sprach er den Fluch der Franzosen aus, rufend; „Flandern,
der Löwe! Was wälsch ist, falsch ist! Schlagt alle todt!" , -

Dieser Ruf, das Todesurtheil der Fremden, wurde durch fünftau¬
send Miamen wiederholt. Man kann sich vorstellen, welch' schreckliches
Geheul, weint/ furchtbares Durcheinander von Sterb etönen entstand. In
demselben Augenblicke wurden alle Thüren eingestoßen oder zertrümmert.
DieKlauenfreunde liefen voll Nachsucht eines den Schlafkammern der Franzo¬
sen und ermordeten Alle, die die Worte: Schild en orient^) (Schild und
Freund) nicht aussprechen konnten. Da in einigen Häusern mehr Fran¬
zosen waren, als man in so kurzer Zeit schlagen konnte, so hatten Viele
Zeit gehabt, sich anzukleiden und die Waffen' zu ergreifen, und zwar vor¬
züglich in dem Quartiere, wo- Chcrtillon mit seinen zahlreichen Wachen
wohnte. Trotz der Wuth Breidels und seiner Begleiter, hatten sich auf
diese Weise ohngefähr 600 Franzosen zusammengcschaavt. Viele, die,
obgleich verwundet, dem Schlachten entkommen waren, vermehrten die
Anzahl dieser Flüchtlinge, so daß sie endlich, nahe an 1000 Mann stark,
ihr Leben theuer zu verkaufen beschlossen. In, gedrängter Schaar stan¬
den sie an den Häusern und vertheidigten sich mit 'dein Muthe der Ver-



Da sah in: Flämischen, wie im Plattdeutschen, wie die Laute s und gb aus!-
gesprochen wird, so läßt sich einsehen, da? die Franzosen dadurch eben so
«leicht als 20 Jahre vorher bei der sizilianischen Vesper am Worte „cineri"
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[0444] leuchtende Flamme, über das Fel?, und des Webers Haupt verschwand hinter der Stadtmauer» Das Zeichen war noch keine 4, Secunden ge¬ geben, als" die Schildwache, die/auf dem Walle stand, mit schmerzlichem Schrei zur Erde stürzte und über die Mauer geworfen ward; dann hörte man.hinter dem Thore einiges Waffengerassel und einige Klagen ster¬ bender, Menschen;, aber auf das.Geräusch folgte, unmittelbar Todesstille. Mit dxr größten Vorsicht zogen nun alle Zunftabtheilungen in Brügge ein; jeder Anführer begab sich mit seinen Mannen nach dem Quartiere, das ihm von Dekonink (früher/war'angewiesen worden. Eine Viertelstunde später'waren alle Thorwachen ermordet und jede Zunft stand auf ihrem Platz; vor jeder Hausthüre, wo Franzosen wohnten, standen 3 Klaeuwaerts, bereit, sich mit Hammer und Beil Eingang zu verschaffen. Keine einzige Straße war unbesetzt, die Stadt war in allen Theilen mit Patrioten erfüllt, die nur auf das Zeichen zum Anfangen warteten. , Dekonink stand mitten auf dem Freitagsmarkt; nach kurzem Bedenken sprach er den Fluch der Franzosen aus, rufend; „Flandern, der Löwe! Was wälsch ist, falsch ist! Schlagt alle todt!" , - Dieser Ruf, das Todesurtheil der Fremden, wurde durch fünftau¬ send Miamen wiederholt. Man kann sich vorstellen, welch' schreckliches Geheul, weint/ furchtbares Durcheinander von Sterb etönen entstand. In demselben Augenblicke wurden alle Thüren eingestoßen oder zertrümmert. DieKlauenfreunde liefen voll Nachsucht eines den Schlafkammern der Franzo¬ sen und ermordeten Alle, die die Worte: Schild en orient^) (Schild und Freund) nicht aussprechen konnten. Da in einigen Häusern mehr Fran¬ zosen waren, als man in so kurzer Zeit schlagen konnte, so hatten Viele Zeit gehabt, sich anzukleiden und die Waffen' zu ergreifen, und zwar vor¬ züglich in dem Quartiere, wo- Chcrtillon mit seinen zahlreichen Wachen wohnte. Trotz der Wuth Breidels und seiner Begleiter, hatten sich auf diese Weise ohngefähr 600 Franzosen zusammengcschaavt. Viele, die, obgleich verwundet, dem Schlachten entkommen waren, vermehrten die Anzahl dieser Flüchtlinge, so daß sie endlich, nahe an 1000 Mann stark, ihr Leben theuer zu verkaufen beschlossen. In, gedrängter Schaar stan¬ den sie an den Häusern und vertheidigten sich mit 'dein Muthe der Ver- Da sah in: Flämischen, wie im Plattdeutschen, wie die Laute s und gb aus!- gesprochen wird, so läßt sich einsehen, da? die Franzosen dadurch eben so «leicht als 20 Jahre vorher bei der sizilianischen Vesper am Worte „cineri" erkannt wurden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/444>, abgerufen am 23.07.2024.