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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Eisenbcihndilettantcn zu Hellen Haufen, welche mit eiserner Vcrbindungökctte den
alten burgundischen Kreis heranziehen wollen zu den stammverwandten Brüdern,
in dampfsvrühcnder Linie von dem nach Deutschland benannten Busen des Oceans
bis zu dem größten deutschen Binnensee, in dem die Alpen sich spiegeln.

Sie wollen leine politischen Berichte, und so entgehen Sie und ihre Leser denn
glücklich einer langen Relation über die langwierigen Verhandlungen unserer Kam¬
mer in Betreff der vorgelegten Strafprozeß-Ordnung, bei welcher Gelegenheit wir
Oeffentlichkeit und Ründlichkcit der..Gerichtsverhandlungen nicht bekommen haben.
Auch den Debatten über die Beschwerdcmotive des Herrn Bischofs von Rottenburg
entgehen Sie glücklich, und ich wäre der Letzte, der dem Herrn Cardinal-Erzbischof
von Mecheln sagen möchte, wie, in offener KammcrsltMg der Dekan des Domka¬
pitels und der älteste Dekan der katholischen Geistlichkeit in Würtemberg gegen ih¬
ren Bischof und für die Regierung gestimmt, gesprochen und beantragt haben, und
wie unter einigen und- dreißig Katholiken in der Abgeordnetenkammer nur fünf, be--
ziehungsweise acht sich fanden, welche auch nur entfernt der Beschwerde oder der
Motion sich angenommen. Seit die eigentliche, die systematische, liberale Opposition
sich freiwillig zurückgezogen,.seit - Uhland's, Pfitzer'S, Schott's -und Römers Stimmen
.nicht mehr in dem-Saale.-unserer Abgeordnetenkammer erschallen, ist dus Talent so
Meyyifgeytz, auf Seiten der Regierung, daß/ die Niederlagen der.ihr noch entgegen¬
stehenden Factionen nicht mehr/gezählt, sondern nur noch gewogen werden. Man
hat in den außerdeutschen Staaten in der Regel sehr falsche Begriffe von der Zu¬
sammensetzung und dem Geiste deutscher Regierungsstellen und deutscher Cabinette.
Weil unsere Institutionen auf historischer Grundlage beruhen, und der Boden des
Staats nicht von Revolutionen geebnet wurde, glauben die Ausländer meist, bei
,uns in Deutschland-herrsche überall die Aristokratie, und mit Schrecken würde man
die Not"re,sich den Zügeln des Staats nähern sehen. Die Franzosen z.B. kennen,
wie den in^Iorä nnxlui'-, so auch nur den I>"ron "Anm-incl,, und wollte man ihnen
sagen, daß bei uns in Würtemberg z. B. der ritterschaftliche Adel und die media-
tisirten,, ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen auf die StciatSregierung
-wenig oder keinen Einfluß haben, daß sie zum Theil in offenem Kampfe mit ihr
.liegen, daß die bürgerlichen Mitglieder des Staatsministeriums-die einflußreichsten
sind, die wichtigsten Portefeuilles haben, daß sie -- wie allgemein und in dcnbcst-
untcrrichtctcn Zirkeln versichert wird -- im edlen Stolze dem Bürgerstande anzu¬
gehören^ und das Vertrauen,so der Krone wie der großen Mehrheit der Wahlkam-
mcr zu besitzen, bei einer neulichen Veranlassung die Erhebung in den Baronstand,
ehrerbietig dankend, abgelehnt haben, um auch entfernt ihre Stellung nicht zu ver¬
rücken, die Franzosen, sage ich, namentlich die ftanzösischen Journalisten würden


Eisenbcihndilettantcn zu Hellen Haufen, welche mit eiserner Vcrbindungökctte den
alten burgundischen Kreis heranziehen wollen zu den stammverwandten Brüdern,
in dampfsvrühcnder Linie von dem nach Deutschland benannten Busen des Oceans
bis zu dem größten deutschen Binnensee, in dem die Alpen sich spiegeln.

Sie wollen leine politischen Berichte, und so entgehen Sie und ihre Leser denn
glücklich einer langen Relation über die langwierigen Verhandlungen unserer Kam¬
mer in Betreff der vorgelegten Strafprozeß-Ordnung, bei welcher Gelegenheit wir
Oeffentlichkeit und Ründlichkcit der..Gerichtsverhandlungen nicht bekommen haben.
Auch den Debatten über die Beschwerdcmotive des Herrn Bischofs von Rottenburg
entgehen Sie glücklich, und ich wäre der Letzte, der dem Herrn Cardinal-Erzbischof
von Mecheln sagen möchte, wie, in offener KammcrsltMg der Dekan des Domka¬
pitels und der älteste Dekan der katholischen Geistlichkeit in Würtemberg gegen ih¬
ren Bischof und für die Regierung gestimmt, gesprochen und beantragt haben, und
wie unter einigen und- dreißig Katholiken in der Abgeordnetenkammer nur fünf, be--
ziehungsweise acht sich fanden, welche auch nur entfernt der Beschwerde oder der
Motion sich angenommen. Seit die eigentliche, die systematische, liberale Opposition
sich freiwillig zurückgezogen,.seit - Uhland's, Pfitzer'S, Schott's -und Römers Stimmen
.nicht mehr in dem-Saale.-unserer Abgeordnetenkammer erschallen, ist dus Talent so
Meyyifgeytz, auf Seiten der Regierung, daß/ die Niederlagen der.ihr noch entgegen¬
stehenden Factionen nicht mehr/gezählt, sondern nur noch gewogen werden. Man
hat in den außerdeutschen Staaten in der Regel sehr falsche Begriffe von der Zu¬
sammensetzung und dem Geiste deutscher Regierungsstellen und deutscher Cabinette.
Weil unsere Institutionen auf historischer Grundlage beruhen, und der Boden des
Staats nicht von Revolutionen geebnet wurde, glauben die Ausländer meist, bei
,uns in Deutschland-herrsche überall die Aristokratie, und mit Schrecken würde man
die Not»re,sich den Zügeln des Staats nähern sehen. Die Franzosen z.B. kennen,
wie den in^Iorä nnxlui'-, so auch nur den I>»ron »Anm-incl,, und wollte man ihnen
sagen, daß bei uns in Würtemberg z. B. der ritterschaftliche Adel und die media-
tisirten,, ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen auf die StciatSregierung
-wenig oder keinen Einfluß haben, daß sie zum Theil in offenem Kampfe mit ihr
.liegen, daß die bürgerlichen Mitglieder des Staatsministeriums-die einflußreichsten
sind, die wichtigsten Portefeuilles haben, daß sie — wie allgemein und in dcnbcst-
untcrrichtctcn Zirkeln versichert wird — im edlen Stolze dem Bürgerstande anzu¬
gehören^ und das Vertrauen,so der Krone wie der großen Mehrheit der Wahlkam-
mcr zu besitzen, bei einer neulichen Veranlassung die Erhebung in den Baronstand,
ehrerbietig dankend, abgelehnt haben, um auch entfernt ihre Stellung nicht zu ver¬
rücken, die Franzosen, sage ich, namentlich die ftanzösischen Journalisten würden


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[0388] Eisenbcihndilettantcn zu Hellen Haufen, welche mit eiserner Vcrbindungökctte den alten burgundischen Kreis heranziehen wollen zu den stammverwandten Brüdern, in dampfsvrühcnder Linie von dem nach Deutschland benannten Busen des Oceans bis zu dem größten deutschen Binnensee, in dem die Alpen sich spiegeln. Sie wollen leine politischen Berichte, und so entgehen Sie und ihre Leser denn glücklich einer langen Relation über die langwierigen Verhandlungen unserer Kam¬ mer in Betreff der vorgelegten Strafprozeß-Ordnung, bei welcher Gelegenheit wir Oeffentlichkeit und Ründlichkcit der..Gerichtsverhandlungen nicht bekommen haben. Auch den Debatten über die Beschwerdcmotive des Herrn Bischofs von Rottenburg entgehen Sie glücklich, und ich wäre der Letzte, der dem Herrn Cardinal-Erzbischof von Mecheln sagen möchte, wie, in offener KammcrsltMg der Dekan des Domka¬ pitels und der älteste Dekan der katholischen Geistlichkeit in Würtemberg gegen ih¬ ren Bischof und für die Regierung gestimmt, gesprochen und beantragt haben, und wie unter einigen und- dreißig Katholiken in der Abgeordnetenkammer nur fünf, be-- ziehungsweise acht sich fanden, welche auch nur entfernt der Beschwerde oder der Motion sich angenommen. Seit die eigentliche, die systematische, liberale Opposition sich freiwillig zurückgezogen,.seit - Uhland's, Pfitzer'S, Schott's -und Römers Stimmen .nicht mehr in dem-Saale.-unserer Abgeordnetenkammer erschallen, ist dus Talent so Meyyifgeytz, auf Seiten der Regierung, daß/ die Niederlagen der.ihr noch entgegen¬ stehenden Factionen nicht mehr/gezählt, sondern nur noch gewogen werden. Man hat in den außerdeutschen Staaten in der Regel sehr falsche Begriffe von der Zu¬ sammensetzung und dem Geiste deutscher Regierungsstellen und deutscher Cabinette. Weil unsere Institutionen auf historischer Grundlage beruhen, und der Boden des Staats nicht von Revolutionen geebnet wurde, glauben die Ausländer meist, bei ,uns in Deutschland-herrsche überall die Aristokratie, und mit Schrecken würde man die Not»re,sich den Zügeln des Staats nähern sehen. Die Franzosen z.B. kennen, wie den in^Iorä nnxlui'-, so auch nur den I>»ron »Anm-incl,, und wollte man ihnen sagen, daß bei uns in Würtemberg z. B. der ritterschaftliche Adel und die media- tisirten,, ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen auf die StciatSregierung -wenig oder keinen Einfluß haben, daß sie zum Theil in offenem Kampfe mit ihr .liegen, daß die bürgerlichen Mitglieder des Staatsministeriums-die einflußreichsten sind, die wichtigsten Portefeuilles haben, daß sie — wie allgemein und in dcnbcst- untcrrichtctcn Zirkeln versichert wird — im edlen Stolze dem Bürgerstande anzu¬ gehören^ und das Vertrauen,so der Krone wie der großen Mehrheit der Wahlkam- mcr zu besitzen, bei einer neulichen Veranlassung die Erhebung in den Baronstand, ehrerbietig dankend, abgelehnt haben, um auch entfernt ihre Stellung nicht zu ver¬ rücken, die Franzosen, sage ich, namentlich die ftanzösischen Journalisten würden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/388>, abgerufen am 25.08.2024.