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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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gie, und Wir fügen hinzu, auf praktische Philosophie/ in denen die Unzu¬
länglichkeit ihrer Denkweise ein -grellsten hervorsticht. -- In der Auf¬
gabe, > die. Herr Fichte verfolgt, liegt ferner' die relative- Anerkennung
aller der philosophischen Richtungen, in denen ein wesentliches Moment
des Geistes vertreten ist, und das Bestreben eine Vermittlung un--
ter ihnen zu bewerkstelligen. - Der Geist der Versöhnung, aus dem der
Verfasser urtheilt, ist nicht jene prineiplose- Eelectik, wie man' sie jetzt
noch in Frankreich, zum Erstaunen aller Philosophirenden, in ihrer gan¬
zen Breite cultivirt; sein Philosophiren ist ein freies Forschen, das auf
eine tiefere Ergründung der Wahrheit dringt, das auf einereignen Sy-
stenigrunölage die streitenden Lehren zum gegenseitigen Verständniß füh¬
ren, und ihre Läuterung in einem vollständigem Ganzen der Erkennt¬
niß vorbereiten will, ohne jedoch dieses selbst als fertiges Lehrsystem
vorauszusetzen. "Indem", sagte Herr Fichte schon bei dein ersten Er¬
scheinen seiner-Schrift, /Hier versucht werden soll, ein höchstes Ge-
sammtresultat des bisherigen Philosophirens nachzuweisen; also zu
Zeigen, wie die einzelnen Elemente und Seiten desselben als Glieder
eines lebendigen Ganzen sich vereinigen; so wird darin zugleich ein
neues philosophisches Princip geltend gemacht, eine neue Ansicht her¬
vorgerufen, welche wiederum andere Probleme und Aufgaben mit sich
führen wird." - ' .,' ,

Es leitet uns diese Bemerkung des Verfassers zu einer kurzen An¬
gabe der Grundideen, welche er als Maßstab an die- Systeme legt/
und die ihn: in seinen seit etwas länger- als zehn Jahren veröffentlich¬
ten Schriften als Leitsterne gedient haben. Da hier-nicht der Ort ist^!
auf die metaphysischen Untersuchungen näher einzugehen, sonmßichnncl/
begnügen, das Grundprincip der Fichteschen Forschung'zu bezeichnen.-
Es ist dies die Idee der Persönlichkeit, der freien, sittlichen Intelli¬
genz des göttlichen, über alles Endliche erhabenen Geistes, womit die
Idee der Individualität, der Freiheit und Unsterblichkeit des end¬
lichen Geistes, nothwendig gegeben ist. Beide Wahrheiten stehen dann,
und Hierauf müssen wir mit Herrn Fichte besonderes Gewicht legen/
mit dem von Spinoza, Schelling u. A. noch unklar und einseitig
aufgefaßten Gedanken, daß alles endliche Sein durch das göttliche-und
in demselben seinen Grund habe, in völligem Einklange. Alle diese
Ideen, deren Bedeutung bei dem jetzigen Stande - der philosophischen
Bildung keines Commentares bedarf, sind in der Philosophie, wie Herr
Fichte selber sagt, ihrem Inhalte nach keineswegs neu. Abgesehen'von


gie, und Wir fügen hinzu, auf praktische Philosophie/ in denen die Unzu¬
länglichkeit ihrer Denkweise ein -grellsten hervorsticht. — In der Auf¬
gabe, > die. Herr Fichte verfolgt, liegt ferner' die relative- Anerkennung
aller der philosophischen Richtungen, in denen ein wesentliches Moment
des Geistes vertreten ist, und das Bestreben eine Vermittlung un--
ter ihnen zu bewerkstelligen. - Der Geist der Versöhnung, aus dem der
Verfasser urtheilt, ist nicht jene prineiplose- Eelectik, wie man' sie jetzt
noch in Frankreich, zum Erstaunen aller Philosophirenden, in ihrer gan¬
zen Breite cultivirt; sein Philosophiren ist ein freies Forschen, das auf
eine tiefere Ergründung der Wahrheit dringt, das auf einereignen Sy-
stenigrunölage die streitenden Lehren zum gegenseitigen Verständniß füh¬
ren, und ihre Läuterung in einem vollständigem Ganzen der Erkennt¬
niß vorbereiten will, ohne jedoch dieses selbst als fertiges Lehrsystem
vorauszusetzen. "Indem", sagte Herr Fichte schon bei dein ersten Er¬
scheinen seiner-Schrift, /Hier versucht werden soll, ein höchstes Ge-
sammtresultat des bisherigen Philosophirens nachzuweisen; also zu
Zeigen, wie die einzelnen Elemente und Seiten desselben als Glieder
eines lebendigen Ganzen sich vereinigen; so wird darin zugleich ein
neues philosophisches Princip geltend gemacht, eine neue Ansicht her¬
vorgerufen, welche wiederum andere Probleme und Aufgaben mit sich
führen wird." - ' .,' ,

Es leitet uns diese Bemerkung des Verfassers zu einer kurzen An¬
gabe der Grundideen, welche er als Maßstab an die- Systeme legt/
und die ihn: in seinen seit etwas länger- als zehn Jahren veröffentlich¬
ten Schriften als Leitsterne gedient haben. Da hier-nicht der Ort ist^!
auf die metaphysischen Untersuchungen näher einzugehen, sonmßichnncl/
begnügen, das Grundprincip der Fichteschen Forschung'zu bezeichnen.-
Es ist dies die Idee der Persönlichkeit, der freien, sittlichen Intelli¬
genz des göttlichen, über alles Endliche erhabenen Geistes, womit die
Idee der Individualität, der Freiheit und Unsterblichkeit des end¬
lichen Geistes, nothwendig gegeben ist. Beide Wahrheiten stehen dann,
und Hierauf müssen wir mit Herrn Fichte besonderes Gewicht legen/
mit dem von Spinoza, Schelling u. A. noch unklar und einseitig
aufgefaßten Gedanken, daß alles endliche Sein durch das göttliche-und
in demselben seinen Grund habe, in völligem Einklange. Alle diese
Ideen, deren Bedeutung bei dem jetzigen Stande - der philosophischen
Bildung keines Commentares bedarf, sind in der Philosophie, wie Herr
Fichte selber sagt, ihrem Inhalte nach keineswegs neu. Abgesehen'von


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[0383] gie, und Wir fügen hinzu, auf praktische Philosophie/ in denen die Unzu¬ länglichkeit ihrer Denkweise ein -grellsten hervorsticht. — In der Auf¬ gabe, > die. Herr Fichte verfolgt, liegt ferner' die relative- Anerkennung aller der philosophischen Richtungen, in denen ein wesentliches Moment des Geistes vertreten ist, und das Bestreben eine Vermittlung un-- ter ihnen zu bewerkstelligen. - Der Geist der Versöhnung, aus dem der Verfasser urtheilt, ist nicht jene prineiplose- Eelectik, wie man' sie jetzt noch in Frankreich, zum Erstaunen aller Philosophirenden, in ihrer gan¬ zen Breite cultivirt; sein Philosophiren ist ein freies Forschen, das auf eine tiefere Ergründung der Wahrheit dringt, das auf einereignen Sy- stenigrunölage die streitenden Lehren zum gegenseitigen Verständniß füh¬ ren, und ihre Läuterung in einem vollständigem Ganzen der Erkennt¬ niß vorbereiten will, ohne jedoch dieses selbst als fertiges Lehrsystem vorauszusetzen. "Indem", sagte Herr Fichte schon bei dein ersten Er¬ scheinen seiner-Schrift, /Hier versucht werden soll, ein höchstes Ge- sammtresultat des bisherigen Philosophirens nachzuweisen; also zu Zeigen, wie die einzelnen Elemente und Seiten desselben als Glieder eines lebendigen Ganzen sich vereinigen; so wird darin zugleich ein neues philosophisches Princip geltend gemacht, eine neue Ansicht her¬ vorgerufen, welche wiederum andere Probleme und Aufgaben mit sich führen wird." - ' .,' , Es leitet uns diese Bemerkung des Verfassers zu einer kurzen An¬ gabe der Grundideen, welche er als Maßstab an die- Systeme legt/ und die ihn: in seinen seit etwas länger- als zehn Jahren veröffentlich¬ ten Schriften als Leitsterne gedient haben. Da hier-nicht der Ort ist^! auf die metaphysischen Untersuchungen näher einzugehen, sonmßichnncl/ begnügen, das Grundprincip der Fichteschen Forschung'zu bezeichnen.- Es ist dies die Idee der Persönlichkeit, der freien, sittlichen Intelli¬ genz des göttlichen, über alles Endliche erhabenen Geistes, womit die Idee der Individualität, der Freiheit und Unsterblichkeit des end¬ lichen Geistes, nothwendig gegeben ist. Beide Wahrheiten stehen dann, und Hierauf müssen wir mit Herrn Fichte besonderes Gewicht legen/ mit dem von Spinoza, Schelling u. A. noch unklar und einseitig aufgefaßten Gedanken, daß alles endliche Sein durch das göttliche-und in demselben seinen Grund habe, in völligem Einklange. Alle diese Ideen, deren Bedeutung bei dem jetzigen Stande - der philosophischen Bildung keines Commentares bedarf, sind in der Philosophie, wie Herr Fichte selber sagt, ihrem Inhalte nach keineswegs neu. Abgesehen'von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/383>, abgerufen am 23.07.2024.