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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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hatte, sein Venedig zu retten, was für seine schwachen Schultern eine
zu schwere Last gewesen wäre> vor Schnurz ohnmächtig wurde in Ge¬
genwart deö Commissärs, der mit einem Federstreich den ältesten Staat
Europa's ausgelöscht hatte. Ich habe den Palast dieses armen Dogen
gesehen; er befindet sich auf dem großen Canal in der Nähe des Ri-
alto; es ist ein-modernes Gebäude, und auf mehreren Stellen des' Frie¬
ses steht man die Dogeumütze ausgehauen und glänzend vergoldet; das
ist eine bittere Ironie, welche zu verwischen die Bilderstürmer wohlweis¬
lich unterlassen haben., - / ^ .. ' - , ^.....

Es ist fast unmöglich, die Pracht der Säle dieses herrlichen Pa¬
lasts zu schildern; daher ich es auch nicht erst versuchen werde. San-
sorino, der Bildhauer, Titian, Tintoretto, und Paul Veronese haben
diese glorreichen Mauern mit den farbenbrennenden Werken ihres Gei¬
stes bedeckt.. Die Entführung der Europa von dem letzten Meister
ist, unstreitig ,die frischeste mythologische Idylle, die ein Pinsel i> gezeich¬
net; und die, schönen Gemälde, die sie umgeben, heben ihren Glanz nur
noch mehr.hervor., Ach, in unsern Tagen malt man Nichts mehr der
Art. Ich Mbe mit , Vergnügen, gesehen, daß die österreichischeRegierung
das , ganze Innere dieses Gebäudes restauriren läßt und mit Ausnahme,
des Saals des großen Palasts und, der damit zusammenhängenden Säle,
welche, , ,wie alle .übrigen,, jetzt zur öffentlichen Bibliothek dienen,
hat die Regierung,,so viel als möglich, in früheren Zeiten
zu , schonen gesucht. . So hat dieselbe z. ,B. ihre. Verwaltungöhe--,
hörten in andere Locale verlegt, und wahrlich es war.Zeit, daß. diese
Maßregel getroffen warv; ,die ,.in den.Zimmern, des Dogen insiallirt ge¬
wesenen , Gerichtshöfe hatten die wenigen nackten Mauern, die' sie darbo¬
ten, schön ockergelb, marmorirt malew lassen, um einen anmuthigerer An¬
blick zu,genießen, ohne dabei für. .die wunderbaren Deckengemälde, die
aus dem 10ten. Jahrhundert herrühren, noch für ihre von der Zeit dun¬
kel, gefärbten.Holzarbeiten einige Ehrfurcht zu bezeugen. - , '




hatte, sein Venedig zu retten, was für seine schwachen Schultern eine
zu schwere Last gewesen wäre> vor Schnurz ohnmächtig wurde in Ge¬
genwart deö Commissärs, der mit einem Federstreich den ältesten Staat
Europa's ausgelöscht hatte. Ich habe den Palast dieses armen Dogen
gesehen; er befindet sich auf dem großen Canal in der Nähe des Ri-
alto; es ist ein-modernes Gebäude, und auf mehreren Stellen des' Frie¬
ses steht man die Dogeumütze ausgehauen und glänzend vergoldet; das
ist eine bittere Ironie, welche zu verwischen die Bilderstürmer wohlweis¬
lich unterlassen haben., - / ^ .. ' - , ^.....

Es ist fast unmöglich, die Pracht der Säle dieses herrlichen Pa¬
lasts zu schildern; daher ich es auch nicht erst versuchen werde. San-
sorino, der Bildhauer, Titian, Tintoretto, und Paul Veronese haben
diese glorreichen Mauern mit den farbenbrennenden Werken ihres Gei¬
stes bedeckt.. Die Entführung der Europa von dem letzten Meister
ist, unstreitig ,die frischeste mythologische Idylle, die ein Pinsel i> gezeich¬
net; und die, schönen Gemälde, die sie umgeben, heben ihren Glanz nur
noch mehr.hervor., Ach, in unsern Tagen malt man Nichts mehr der
Art. Ich Mbe mit , Vergnügen, gesehen, daß die österreichischeRegierung
das , ganze Innere dieses Gebäudes restauriren läßt und mit Ausnahme,
des Saals des großen Palasts und, der damit zusammenhängenden Säle,
welche, , ,wie alle .übrigen,, jetzt zur öffentlichen Bibliothek dienen,
hat die Regierung,,so viel als möglich, in früheren Zeiten
zu , schonen gesucht. . So hat dieselbe z. ,B. ihre. Verwaltungöhe--,
hörten in andere Locale verlegt, und wahrlich es war.Zeit, daß. diese
Maßregel getroffen warv; ,die ,.in den.Zimmern, des Dogen insiallirt ge¬
wesenen , Gerichtshöfe hatten die wenigen nackten Mauern, die' sie darbo¬
ten, schön ockergelb, marmorirt malew lassen, um einen anmuthigerer An¬
blick zu,genießen, ohne dabei für. .die wunderbaren Deckengemälde, die
aus dem 10ten. Jahrhundert herrühren, noch für ihre von der Zeit dun¬
kel, gefärbten.Holzarbeiten einige Ehrfurcht zu bezeugen. - , '




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[0377] hatte, sein Venedig zu retten, was für seine schwachen Schultern eine zu schwere Last gewesen wäre> vor Schnurz ohnmächtig wurde in Ge¬ genwart deö Commissärs, der mit einem Federstreich den ältesten Staat Europa's ausgelöscht hatte. Ich habe den Palast dieses armen Dogen gesehen; er befindet sich auf dem großen Canal in der Nähe des Ri- alto; es ist ein-modernes Gebäude, und auf mehreren Stellen des' Frie¬ ses steht man die Dogeumütze ausgehauen und glänzend vergoldet; das ist eine bittere Ironie, welche zu verwischen die Bilderstürmer wohlweis¬ lich unterlassen haben., - / ^ .. ' - , ^..... Es ist fast unmöglich, die Pracht der Säle dieses herrlichen Pa¬ lasts zu schildern; daher ich es auch nicht erst versuchen werde. San- sorino, der Bildhauer, Titian, Tintoretto, und Paul Veronese haben diese glorreichen Mauern mit den farbenbrennenden Werken ihres Gei¬ stes bedeckt.. Die Entführung der Europa von dem letzten Meister ist, unstreitig ,die frischeste mythologische Idylle, die ein Pinsel i> gezeich¬ net; und die, schönen Gemälde, die sie umgeben, heben ihren Glanz nur noch mehr.hervor., Ach, in unsern Tagen malt man Nichts mehr der Art. Ich Mbe mit , Vergnügen, gesehen, daß die österreichischeRegierung das , ganze Innere dieses Gebäudes restauriren läßt und mit Ausnahme, des Saals des großen Palasts und, der damit zusammenhängenden Säle, welche, , ,wie alle .übrigen,, jetzt zur öffentlichen Bibliothek dienen, hat die Regierung,,so viel als möglich, in früheren Zeiten zu , schonen gesucht. . So hat dieselbe z. ,B. ihre. Verwaltungöhe--, hörten in andere Locale verlegt, und wahrlich es war.Zeit, daß. diese Maßregel getroffen warv; ,die ,.in den.Zimmern, des Dogen insiallirt ge¬ wesenen , Gerichtshöfe hatten die wenigen nackten Mauern, die' sie darbo¬ ten, schön ockergelb, marmorirt malew lassen, um einen anmuthigerer An¬ blick zu,genießen, ohne dabei für. .die wunderbaren Deckengemälde, die aus dem 10ten. Jahrhundert herrühren, noch für ihre von der Zeit dun¬ kel, gefärbten.Holzarbeiten einige Ehrfurcht zu bezeugen. - , '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/377>, abgerufen am 23.07.2024.