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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wir haben alle Wurzeln an, den Füßen, und der kühnste Reisende denkt
daran/ was, seine Amme sagen wird, wenn,er ihr Muscheln überreichen
wird, die er für sie an einem öden Meeresstande gesammelt. Ich habe
in Byrons ehemaliger, Wohnnngunwillkührlich an unsere deutschen Dich¬
ter gedacht. Wie sie sich in dem Staub der Kleinstädterei ^niederhocken/
umgeben, von dem täglichen Geklatsche der Tagesblätter und Gevatter¬
schaften, die jede höhere Freiheit des Blicks ihnen abschneiden. Und dabei
müssen sie, um das theure Straßenpflaster ihre Seele verkaufen, müssen,
ihre poetische Kraft statt in. großartigen, Jahre lang gereiften Schöpfun¬
gen,/wie Tasso und Milton sie geboren,, in kleinen raschverfertigten und
raschvergessenen Productionen zersplittern, die zur Ostermesse geboren und
zur Michaelismesse wieder gestorben sind -- während sie in Mitte schö¬
ner Natur und erhabener Kunst so ,wenig für ihre materiellen Bedürf¬
nisse brauchend -- frei wie ein König,, frei wie,>ein. Dichter.den abso¬
luten Regungen ihrer, Phantasie folgen könnten. Man braucht kein. Lord
zu sein,, um, in Venedig und überhaupt in Italien ein Jahr,oder meh¬
rere ^ zu,,verleben.,. Der Ertrag eines nur halb bedeutenden.Werkes.--
so mäßig auch die Hand eines deutschen Verlegers ist -- reicht hin, um
einen solchen Aufenthalt selbst, mit , einer gewissen Behaglichkeit möglich
zu machen. Die, franzöWen Schriftsteller klüger, praktischer, und, offen
gestanden, auch großartiger gesinnt als unsere, deutschen, haben diese Idee
lebhafter ergriffen, und man begegnet ihnen fast in allen Städten Ita¬
liens. Dumas bringt hier, den.größten Theil des Jahres, zu; drei Win-
termonate-reichen hin für seinen Aufenthalt in. Paris, .MdieMerbindung
mit dem Geist, und der- Bewegung in seinem Vaterlande.,! Wer ter
deutsche .kleinstädtisch'erzogene Schriftsteller ist trostlos, wenn er Nicht'tag¬
täglich die 5 Dutzend kleine Blätter zu verschlingen hat, die ihm ^Be¬
dürfniß sind, wie dem Watrosen der Branntwein, und die Luft, .welche
von den hallischen Jahrbüchern und den Menzel'schen Litemtürblättern
gewürzt 'wird, ist .ihm unerläßliche -' - .


' IV.

... Der "historische, Fatalismus hat seine Gegner. , Auch ich bin
des ,Glaubens, daß-man nicht den Beschlüssen, eines, unversöhnlichen Ge¬
schicks alle , menschlichen Handlungen zurechnen muß. Und doch wie soll
man-nicht.an eine ^geheimnißvolle,Kraft glauben, gegen welche die Ha--
livrer^vergebens ankämpfen,, wie/man ficht,-'daß,- sobald'.'sie ein Mal.auf


wir haben alle Wurzeln an, den Füßen, und der kühnste Reisende denkt
daran/ was, seine Amme sagen wird, wenn,er ihr Muscheln überreichen
wird, die er für sie an einem öden Meeresstande gesammelt. Ich habe
in Byrons ehemaliger, Wohnnngunwillkührlich an unsere deutschen Dich¬
ter gedacht. Wie sie sich in dem Staub der Kleinstädterei ^niederhocken/
umgeben, von dem täglichen Geklatsche der Tagesblätter und Gevatter¬
schaften, die jede höhere Freiheit des Blicks ihnen abschneiden. Und dabei
müssen sie, um das theure Straßenpflaster ihre Seele verkaufen, müssen,
ihre poetische Kraft statt in. großartigen, Jahre lang gereiften Schöpfun¬
gen,/wie Tasso und Milton sie geboren,, in kleinen raschverfertigten und
raschvergessenen Productionen zersplittern, die zur Ostermesse geboren und
zur Michaelismesse wieder gestorben sind — während sie in Mitte schö¬
ner Natur und erhabener Kunst so ,wenig für ihre materiellen Bedürf¬
nisse brauchend — frei wie ein König,, frei wie,>ein. Dichter.den abso¬
luten Regungen ihrer, Phantasie folgen könnten. Man braucht kein. Lord
zu sein,, um, in Venedig und überhaupt in Italien ein Jahr,oder meh¬
rere ^ zu,,verleben.,. Der Ertrag eines nur halb bedeutenden.Werkes.—
so mäßig auch die Hand eines deutschen Verlegers ist — reicht hin, um
einen solchen Aufenthalt selbst, mit , einer gewissen Behaglichkeit möglich
zu machen. Die, franzöWen Schriftsteller klüger, praktischer, und, offen
gestanden, auch großartiger gesinnt als unsere, deutschen, haben diese Idee
lebhafter ergriffen, und man begegnet ihnen fast in allen Städten Ita¬
liens. Dumas bringt hier, den.größten Theil des Jahres, zu; drei Win-
termonate-reichen hin für seinen Aufenthalt in. Paris, .MdieMerbindung
mit dem Geist, und der- Bewegung in seinem Vaterlande.,! Wer ter
deutsche .kleinstädtisch'erzogene Schriftsteller ist trostlos, wenn er Nicht'tag¬
täglich die 5 Dutzend kleine Blätter zu verschlingen hat, die ihm ^Be¬
dürfniß sind, wie dem Watrosen der Branntwein, und die Luft, .welche
von den hallischen Jahrbüchern und den Menzel'schen Litemtürblättern
gewürzt 'wird, ist .ihm unerläßliche -' - .


' IV.

... Der „historische, Fatalismus hat seine Gegner. , Auch ich bin
des ,Glaubens, daß-man nicht den Beschlüssen, eines, unversöhnlichen Ge¬
schicks alle , menschlichen Handlungen zurechnen muß. Und doch wie soll
man-nicht.an eine ^geheimnißvolle,Kraft glauben, gegen welche die Ha--
livrer^vergebens ankämpfen,, wie/man ficht,-'daß,- sobald'.'sie ein Mal.auf


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[0371] wir haben alle Wurzeln an, den Füßen, und der kühnste Reisende denkt daran/ was, seine Amme sagen wird, wenn,er ihr Muscheln überreichen wird, die er für sie an einem öden Meeresstande gesammelt. Ich habe in Byrons ehemaliger, Wohnnngunwillkührlich an unsere deutschen Dich¬ ter gedacht. Wie sie sich in dem Staub der Kleinstädterei ^niederhocken/ umgeben, von dem täglichen Geklatsche der Tagesblätter und Gevatter¬ schaften, die jede höhere Freiheit des Blicks ihnen abschneiden. Und dabei müssen sie, um das theure Straßenpflaster ihre Seele verkaufen, müssen, ihre poetische Kraft statt in. großartigen, Jahre lang gereiften Schöpfun¬ gen,/wie Tasso und Milton sie geboren,, in kleinen raschverfertigten und raschvergessenen Productionen zersplittern, die zur Ostermesse geboren und zur Michaelismesse wieder gestorben sind — während sie in Mitte schö¬ ner Natur und erhabener Kunst so ,wenig für ihre materiellen Bedürf¬ nisse brauchend — frei wie ein König,, frei wie,>ein. Dichter.den abso¬ luten Regungen ihrer, Phantasie folgen könnten. Man braucht kein. Lord zu sein,, um, in Venedig und überhaupt in Italien ein Jahr,oder meh¬ rere ^ zu,,verleben.,. Der Ertrag eines nur halb bedeutenden.Werkes.— so mäßig auch die Hand eines deutschen Verlegers ist — reicht hin, um einen solchen Aufenthalt selbst, mit , einer gewissen Behaglichkeit möglich zu machen. Die, franzöWen Schriftsteller klüger, praktischer, und, offen gestanden, auch großartiger gesinnt als unsere, deutschen, haben diese Idee lebhafter ergriffen, und man begegnet ihnen fast in allen Städten Ita¬ liens. Dumas bringt hier, den.größten Theil des Jahres, zu; drei Win- termonate-reichen hin für seinen Aufenthalt in. Paris, .MdieMerbindung mit dem Geist, und der- Bewegung in seinem Vaterlande.,! Wer ter deutsche .kleinstädtisch'erzogene Schriftsteller ist trostlos, wenn er Nicht'tag¬ täglich die 5 Dutzend kleine Blätter zu verschlingen hat, die ihm ^Be¬ dürfniß sind, wie dem Watrosen der Branntwein, und die Luft, .welche von den hallischen Jahrbüchern und den Menzel'schen Litemtürblättern gewürzt 'wird, ist .ihm unerläßliche -' - . ' IV. ... Der „historische, Fatalismus hat seine Gegner. , Auch ich bin des ,Glaubens, daß-man nicht den Beschlüssen, eines, unversöhnlichen Ge¬ schicks alle , menschlichen Handlungen zurechnen muß. Und doch wie soll man-nicht.an eine ^geheimnißvolle,Kraft glauben, gegen welche die Ha-- livrer^vergebens ankämpfen,, wie/man ficht,-'daß,- sobald'.'sie ein Mal.auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/371>, abgerufen am 22.12.2024.