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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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nicht minder tief und bedeutsam war" Wir' gedenken jener glänzenden
Reihe von edlen Frauen dieser Stadt, deren Einwirkungen auf geistiges
Leben, von Göthe's Mutter bis auf die.neueste'Zeit, in der deutschen
Literatur einzig dastehen. Jene kräftigen Jünglinge, in denen das warme
Leben blühend und schäumend sich ergoß, würden niemals zu harmoni¬
scher Tiefe der Bildung gelangt sein, wenn nicht in ihrem Kreis Hohe
gebildete Frauen gewaltet hätten, die zu der gewaltigen Kraft mit dem
Schmucke der Anmuth hinzutraten und ein keimenden Lorbeer jener Dich¬
ter mit zarten Blüthen durchflochten. Auch hat sich ihre Theilnahme,ein
der Entfaltung des Schönen herrlich belohnt, und Göthe's Mutter, Fräu¬
lein von Klettenberg, Sophie Laroche haben von der Rubmeösonne, die
sie zuerst geahnt und erblickt, einen lieblichen Abglanz erhalten. So bil¬
dete hiehin Frankfurt ein Kreis, der die Aufmerksamkeit.von Deutsch¬
land erregte und die größten Männer der Nation 'in seinem magischen
Gebiete zu fesseln vermochte. Hier predigte Lavater seine physiognomischen
Lehren, und Zimmermann seine Einsamkeits-Theorie; ja selbst von Ber¬
lin aus wendete sich an vicsen Kreis einer jener rationalistischen Schrift¬
steller, von denen man sagt, daß sie eine Vernunftreligion aufSubscrip-
tion stiften wollten. Freilich wurde die Gemüthsrichtung jener Genos¬
senschaft späterhin etwas weichlicher, und dieselben Männer, die man
bisher spottweise mit dem Namen der frankfurter Krastgenie's bezeichnet
hatte, verfielen der wertherischen Sentimentalität in dem-Grade, da^
Göthe selbst sagte: - -'--"-'''',,-,

Die Herzen schlagen und pochen so sehr,
Man hört sein eigen Wort nicht mehr. ,

Jene Gemeinschaft löste sich zwar allmählig auf/ als Göthe nach Weimar
berufen wurde, um, wie sein Vater sich ausdrückte, dort das'Schlitt¬
schuhlaufen einzuführen. Aber die Erinnerung daran-ist reich genug,
um eine Stadt ,zu zieren, und wenn man jeden Ort, der durch jene
Männer und ihre Nachfolger klassisch geworden ist, mit einem Denkstein
-bezeichnen wollte, so könnten wir fast mit jenem prahlerischer Gascogner
sprechen, daß die ganze Gegend wie ein Kegelspiel aussähe. -Eine DeM-
tafel müßte das Haus zieren, wo Clemens Brentano von dem Buchhal¬
ter Herrn Schwab jene Mährchen hörte, die er nachher, mit so reicher
Phantasie ausgeschmückt, der Nation vorgeführt hat. Auch das Käm-
merchen in Sachsenvausm, wo Schiller auf seiner Flucht an dem Trau¬
erspiel: Louise Millerin, arbeitete, verdiente wenigstens ausfindig gemacht


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nicht minder tief und bedeutsam war» Wir' gedenken jener glänzenden
Reihe von edlen Frauen dieser Stadt, deren Einwirkungen auf geistiges
Leben, von Göthe's Mutter bis auf die.neueste'Zeit, in der deutschen
Literatur einzig dastehen. Jene kräftigen Jünglinge, in denen das warme
Leben blühend und schäumend sich ergoß, würden niemals zu harmoni¬
scher Tiefe der Bildung gelangt sein, wenn nicht in ihrem Kreis Hohe
gebildete Frauen gewaltet hätten, die zu der gewaltigen Kraft mit dem
Schmucke der Anmuth hinzutraten und ein keimenden Lorbeer jener Dich¬
ter mit zarten Blüthen durchflochten. Auch hat sich ihre Theilnahme,ein
der Entfaltung des Schönen herrlich belohnt, und Göthe's Mutter, Fräu¬
lein von Klettenberg, Sophie Laroche haben von der Rubmeösonne, die
sie zuerst geahnt und erblickt, einen lieblichen Abglanz erhalten. So bil¬
dete hiehin Frankfurt ein Kreis, der die Aufmerksamkeit.von Deutsch¬
land erregte und die größten Männer der Nation 'in seinem magischen
Gebiete zu fesseln vermochte. Hier predigte Lavater seine physiognomischen
Lehren, und Zimmermann seine Einsamkeits-Theorie; ja selbst von Ber¬
lin aus wendete sich an vicsen Kreis einer jener rationalistischen Schrift¬
steller, von denen man sagt, daß sie eine Vernunftreligion aufSubscrip-
tion stiften wollten. Freilich wurde die Gemüthsrichtung jener Genos¬
senschaft späterhin etwas weichlicher, und dieselben Männer, die man
bisher spottweise mit dem Namen der frankfurter Krastgenie's bezeichnet
hatte, verfielen der wertherischen Sentimentalität in dem-Grade, da^
Göthe selbst sagte: - -'--„-'''',,-,

Die Herzen schlagen und pochen so sehr,
Man hört sein eigen Wort nicht mehr. ,

Jene Gemeinschaft löste sich zwar allmählig auf/ als Göthe nach Weimar
berufen wurde, um, wie sein Vater sich ausdrückte, dort das'Schlitt¬
schuhlaufen einzuführen. Aber die Erinnerung daran-ist reich genug,
um eine Stadt ,zu zieren, und wenn man jeden Ort, der durch jene
Männer und ihre Nachfolger klassisch geworden ist, mit einem Denkstein
-bezeichnen wollte, so könnten wir fast mit jenem prahlerischer Gascogner
sprechen, daß die ganze Gegend wie ein Kegelspiel aussähe. -Eine DeM-
tafel müßte das Haus zieren, wo Clemens Brentano von dem Buchhal¬
ter Herrn Schwab jene Mährchen hörte, die er nachher, mit so reicher
Phantasie ausgeschmückt, der Nation vorgeführt hat. Auch das Käm-
merchen in Sachsenvausm, wo Schiller auf seiner Flucht an dem Trau¬
erspiel: Louise Millerin, arbeitete, verdiente wenigstens ausfindig gemacht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/303>, abgerufen am 22.12.2024.