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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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tuten! (Alles geht schlecht.) Marmontel allein mußte also die Leitung
dieser schwerfälligen Maschine übernehmen, und das war kein geringes,,
Stück Arbeit. Er ward dabei von den Schauspielern und Schauspiele¬
rinnen, die zum Theil zur Gluck'schen Partei gehörten, in'ehe selten arg
mitgenommen. Jedoch man gab sich so viele Mühe, und hatte so viel
Geduld und Ausdauer, daß man das Werk endlich gehörig aufführen
konnte. Die Musik wurde mit Enthusiasmus aufgenommen. Selten
hatte man in der Oper so holde, so anmuthsvolle Mclydieen gehört;
und wenn es ihr manchmal an Kraft und Energie zu fehlen schien, so,
schrieb- man dies eher auf Rechnung der Mangelhaftigkeit des Gedichts,
als der Ohnmacht des Eomponisten.

Nach dem Erfolge des Roland hatte Piccini die Composition einer
Partitur für den Text einer Iphigenie in Tauris begonnen, wozu
ihm die Opern-Verwaltung den Auftrag gegeben; und er arbeitete im
Geheimen fleißig daran, als er erfuhr, daß man bei Gluck eine Oper
über dasselbe Sujet bestellt habe. Dies verdroß ihn natürlich sehr und
er machte dein Director der Oper lebhafte Vorwürfe, indem er drohte,
seine Arbeit einzustellen; da man ihm aber versprach, daß man sein Stück
vor dem seines Nebenbuhlers geben werde, so entschloß er sich, seine Ar¬
beit fortzusetzen. Trotz dieses Versprechens kündigte man einige Zeit spä¬
ter die Ankunft Gluck's in Paris und die nah bevorstehende Aufführung
einer von ihn: mitgebrachten Iphigenie in Tauris an. Piccini lief zum
Director der Oper und erinnerte ihn an die von ihm.eingegangenen
Verpflichtungen; aber dieser antwortete, er habe gezwungen, auf Befehl
der Königin so gehandelt. Darauf beschloß Piccini, seine schon weit vor¬
geschrittene Composition -- denn er hatte schon die 3 ersten Acte been¬
digt -- zu unterbrechen und eine gewisse Zeit zwischen der Gluck'schen
Oper und der seinigen verfließen zu lassen. Sein Libretto bedürfte
übrigens auch einer Durchsicht; und er übergab es zu, diesem Zwecke
dem ihm befreundeten Schriftsteller Ginguene; er selbst nahm eine Ar¬
beit wieder auf, mit der er sich schon vor der Iphigenie beschäftigt hatte,
über das Sujet des Atys, eines von Marmontel umgearbeiteten Qui-
nault'schen Stückes.

So ward also Gluck's Iphigenie in Tauris den> 16ten September
-177V, zwei Jahre nach der Erscheinung der Armida zum ersten Male
aufgeführt, und hatte von vorn herein nicht gegen den Widerstand zu
kämpfen, - den diese letzte Oper Anfangs erfahren. Ihr Erfolg war
so unermeßlich, daß ihn selbst die dem Verfasser am Wenigsten wohlge-


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tuten! (Alles geht schlecht.) Marmontel allein mußte also die Leitung
dieser schwerfälligen Maschine übernehmen, und das war kein geringes,,
Stück Arbeit. Er ward dabei von den Schauspielern und Schauspiele¬
rinnen, die zum Theil zur Gluck'schen Partei gehörten, in'ehe selten arg
mitgenommen. Jedoch man gab sich so viele Mühe, und hatte so viel
Geduld und Ausdauer, daß man das Werk endlich gehörig aufführen
konnte. Die Musik wurde mit Enthusiasmus aufgenommen. Selten
hatte man in der Oper so holde, so anmuthsvolle Mclydieen gehört;
und wenn es ihr manchmal an Kraft und Energie zu fehlen schien, so,
schrieb- man dies eher auf Rechnung der Mangelhaftigkeit des Gedichts,
als der Ohnmacht des Eomponisten.

Nach dem Erfolge des Roland hatte Piccini die Composition einer
Partitur für den Text einer Iphigenie in Tauris begonnen, wozu
ihm die Opern-Verwaltung den Auftrag gegeben; und er arbeitete im
Geheimen fleißig daran, als er erfuhr, daß man bei Gluck eine Oper
über dasselbe Sujet bestellt habe. Dies verdroß ihn natürlich sehr und
er machte dein Director der Oper lebhafte Vorwürfe, indem er drohte,
seine Arbeit einzustellen; da man ihm aber versprach, daß man sein Stück
vor dem seines Nebenbuhlers geben werde, so entschloß er sich, seine Ar¬
beit fortzusetzen. Trotz dieses Versprechens kündigte man einige Zeit spä¬
ter die Ankunft Gluck's in Paris und die nah bevorstehende Aufführung
einer von ihn: mitgebrachten Iphigenie in Tauris an. Piccini lief zum
Director der Oper und erinnerte ihn an die von ihm.eingegangenen
Verpflichtungen; aber dieser antwortete, er habe gezwungen, auf Befehl
der Königin so gehandelt. Darauf beschloß Piccini, seine schon weit vor¬
geschrittene Composition — denn er hatte schon die 3 ersten Acte been¬
digt — zu unterbrechen und eine gewisse Zeit zwischen der Gluck'schen
Oper und der seinigen verfließen zu lassen. Sein Libretto bedürfte
übrigens auch einer Durchsicht; und er übergab es zu, diesem Zwecke
dem ihm befreundeten Schriftsteller Ginguene; er selbst nahm eine Ar¬
beit wieder auf, mit der er sich schon vor der Iphigenie beschäftigt hatte,
über das Sujet des Atys, eines von Marmontel umgearbeiteten Qui-
nault'schen Stückes.

So ward also Gluck's Iphigenie in Tauris den> 16ten September
-177V, zwei Jahre nach der Erscheinung der Armida zum ersten Male
aufgeführt, und hatte von vorn herein nicht gegen den Widerstand zu
kämpfen, - den diese letzte Oper Anfangs erfahren. Ihr Erfolg war
so unermeßlich, daß ihn selbst die dem Verfasser am Wenigsten wohlge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/280>, abgerufen am 22.12.2024.