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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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nuseinanoer. ^ Dieser Brief, der sicherlich nicht für die Veröffentlichung
bestimmt war, wurde durch indiscrete Personen der Oeffentlichkeit über¬
geben,^ Md verursachte Gluck in der öffentlichen Meinung vielen Scha¬
den. Folgendes sind die bedeutendsten Stellen daraus: .,/Soeben, mein
Liebster, habe ich Ihren Brief vom töten Januar erhalten, in welchem
Sie mich ermuntern, an der Composition der Oper Roland weiter zu
arbeiten.^ Das ist aber fortan nicht mehr thunlich; denn da ich er¬
fahren habe, daß die Opern-Verwaltung, der es wohl bekannt war,
daß .ich am Roland arbeite, dasselbe Werk Herrn Piccini zu arbeiten
übergeben, habe ich Alles verbrannt, was ich schon davon geschrieben
hatte; es war vielleicht nicht viel werth, und'in diesem Falle muß es
das Publikum Herrn Marmontel Dank wissen, daß er ihm ersparthat,
eine schlechte Musik anzuhören. Uebrigens bin ich nicht der Mann da¬
für,, um mit Herrn Piccini in einen Wettstreit mich einzulassen. Er
würde zu viel Vortheile vor mir voraus haben; denn außer seinein
Verdienst, das sicherlich sehr bedeutend -ist, würde er auch den Vorzug
der Neuheit haben; da ich in Paris vier Werke gegeben habe, -- ob
gut oder schlecht, thut hier Nichts zur Sache, so hat dies die Phan¬
tasie abgenutzt; und dann habe ich ihm den Weg gebahnt, er braucht
nur nur zu folgen. Von der Protection spreche ich erst gar nicht; ich
bin überzeugt, daß ein gewisser Staatsmann, den ich kenne, (der . nea¬
politanische Gesandte) drei Viertel von Paris zu seinen Diner's und
Souper's einladen wird, um seiner Partei Anhänger zu verschaffen, daß
Marmontel, der so schöne Mährchen zu erzählen versteht, dein ganzen
Königreich das Verdienst des Herrn Piccini erzählen wird. Ich bedaure
wirklich Herrn Hebert (Direktor der Oper) daß. er solchen Leuten in
die Hände gefallen ist, von denen der eine ein ausschließlicher Liebhaber
der. italienischen Musik, der andre ein dramatischer Schriftsteller ist, der
komische Opern geschrieben haben will./-

Muck, wie man sieht, schonte seinen Nebenbuhler nicht; er ließ
sich so weit, gehen, daß er leidenschaftliche Ausdrücke brauchte, die seinen
Verdruß, schlecht verbargen, indem er dabei zu schnell vergaß, daß auch
er der Protection bedurft hatte, und daß ohne die Vermittlung hoher
Personen er nicht auf die Bühne der Oper gekommen wäre. Aber das
ist.nun einmal eine überall sich kund gebende menschliche Schwäche; so
lang man sie zu seinem Vortheile glaubt, verlangt man selbst die Con-
currenz; später, will .man Privilegien zu seinem Besten. Nachdem Gluck
seiner bösen Laune gegen Piccini freien Lauf gegeben, spricht er mit


nuseinanoer. ^ Dieser Brief, der sicherlich nicht für die Veröffentlichung
bestimmt war, wurde durch indiscrete Personen der Oeffentlichkeit über¬
geben,^ Md verursachte Gluck in der öffentlichen Meinung vielen Scha¬
den. Folgendes sind die bedeutendsten Stellen daraus: .,/Soeben, mein
Liebster, habe ich Ihren Brief vom töten Januar erhalten, in welchem
Sie mich ermuntern, an der Composition der Oper Roland weiter zu
arbeiten.^ Das ist aber fortan nicht mehr thunlich; denn da ich er¬
fahren habe, daß die Opern-Verwaltung, der es wohl bekannt war,
daß .ich am Roland arbeite, dasselbe Werk Herrn Piccini zu arbeiten
übergeben, habe ich Alles verbrannt, was ich schon davon geschrieben
hatte; es war vielleicht nicht viel werth, und'in diesem Falle muß es
das Publikum Herrn Marmontel Dank wissen, daß er ihm ersparthat,
eine schlechte Musik anzuhören. Uebrigens bin ich nicht der Mann da¬
für,, um mit Herrn Piccini in einen Wettstreit mich einzulassen. Er
würde zu viel Vortheile vor mir voraus haben; denn außer seinein
Verdienst, das sicherlich sehr bedeutend -ist, würde er auch den Vorzug
der Neuheit haben; da ich in Paris vier Werke gegeben habe, — ob
gut oder schlecht, thut hier Nichts zur Sache, so hat dies die Phan¬
tasie abgenutzt; und dann habe ich ihm den Weg gebahnt, er braucht
nur nur zu folgen. Von der Protection spreche ich erst gar nicht; ich
bin überzeugt, daß ein gewisser Staatsmann, den ich kenne, (der . nea¬
politanische Gesandte) drei Viertel von Paris zu seinen Diner's und
Souper's einladen wird, um seiner Partei Anhänger zu verschaffen, daß
Marmontel, der so schöne Mährchen zu erzählen versteht, dein ganzen
Königreich das Verdienst des Herrn Piccini erzählen wird. Ich bedaure
wirklich Herrn Hebert (Direktor der Oper) daß. er solchen Leuten in
die Hände gefallen ist, von denen der eine ein ausschließlicher Liebhaber
der. italienischen Musik, der andre ein dramatischer Schriftsteller ist, der
komische Opern geschrieben haben will./-

Muck, wie man sieht, schonte seinen Nebenbuhler nicht; er ließ
sich so weit, gehen, daß er leidenschaftliche Ausdrücke brauchte, die seinen
Verdruß, schlecht verbargen, indem er dabei zu schnell vergaß, daß auch
er der Protection bedurft hatte, und daß ohne die Vermittlung hoher
Personen er nicht auf die Bühne der Oper gekommen wäre. Aber das
ist.nun einmal eine überall sich kund gebende menschliche Schwäche; so
lang man sie zu seinem Vortheile glaubt, verlangt man selbst die Con-
currenz; später, will .man Privilegien zu seinem Besten. Nachdem Gluck
seiner bösen Laune gegen Piccini freien Lauf gegeben, spricht er mit


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[0273] nuseinanoer. ^ Dieser Brief, der sicherlich nicht für die Veröffentlichung bestimmt war, wurde durch indiscrete Personen der Oeffentlichkeit über¬ geben,^ Md verursachte Gluck in der öffentlichen Meinung vielen Scha¬ den. Folgendes sind die bedeutendsten Stellen daraus: .,/Soeben, mein Liebster, habe ich Ihren Brief vom töten Januar erhalten, in welchem Sie mich ermuntern, an der Composition der Oper Roland weiter zu arbeiten.^ Das ist aber fortan nicht mehr thunlich; denn da ich er¬ fahren habe, daß die Opern-Verwaltung, der es wohl bekannt war, daß .ich am Roland arbeite, dasselbe Werk Herrn Piccini zu arbeiten übergeben, habe ich Alles verbrannt, was ich schon davon geschrieben hatte; es war vielleicht nicht viel werth, und'in diesem Falle muß es das Publikum Herrn Marmontel Dank wissen, daß er ihm ersparthat, eine schlechte Musik anzuhören. Uebrigens bin ich nicht der Mann da¬ für,, um mit Herrn Piccini in einen Wettstreit mich einzulassen. Er würde zu viel Vortheile vor mir voraus haben; denn außer seinein Verdienst, das sicherlich sehr bedeutend -ist, würde er auch den Vorzug der Neuheit haben; da ich in Paris vier Werke gegeben habe, — ob gut oder schlecht, thut hier Nichts zur Sache, so hat dies die Phan¬ tasie abgenutzt; und dann habe ich ihm den Weg gebahnt, er braucht nur nur zu folgen. Von der Protection spreche ich erst gar nicht; ich bin überzeugt, daß ein gewisser Staatsmann, den ich kenne, (der . nea¬ politanische Gesandte) drei Viertel von Paris zu seinen Diner's und Souper's einladen wird, um seiner Partei Anhänger zu verschaffen, daß Marmontel, der so schöne Mährchen zu erzählen versteht, dein ganzen Königreich das Verdienst des Herrn Piccini erzählen wird. Ich bedaure wirklich Herrn Hebert (Direktor der Oper) daß. er solchen Leuten in die Hände gefallen ist, von denen der eine ein ausschließlicher Liebhaber der. italienischen Musik, der andre ein dramatischer Schriftsteller ist, der komische Opern geschrieben haben will./- Muck, wie man sieht, schonte seinen Nebenbuhler nicht; er ließ sich so weit, gehen, daß er leidenschaftliche Ausdrücke brauchte, die seinen Verdruß, schlecht verbargen, indem er dabei zu schnell vergaß, daß auch er der Protection bedurft hatte, und daß ohne die Vermittlung hoher Personen er nicht auf die Bühne der Oper gekommen wäre. Aber das ist.nun einmal eine überall sich kund gebende menschliche Schwäche; so lang man sie zu seinem Vortheile glaubt, verlangt man selbst die Con- currenz; später, will .man Privilegien zu seinem Besten. Nachdem Gluck seiner bösen Laune gegen Piccini freien Lauf gegeben, spricht er mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/273>, abgerufen am 22.12.2024.