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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wer>kam, wissen) ob>dies absichtlich oder durch Unachtsamkeit geschah-'
weit mehr, als ihm gebührte. ,'

^' ^ Seit der Erfindung der Buchdruckerei, die bald in den Niederlan¬
den aufblühte, erhielt die Bibliothek immer einen, wenn auch kleinen
Zuwachs. Der Erzherzog Ernst nämlich hatte eine Ordonnanz erlassen,
wodurch für die Zukunft Niemanden: ein Privilegium zur Veröffentli¬
chung neuer Bücher gegeben wurde, wenn er sich nicht der Bedingung
unterwerfen wollte, dem Erzherzoglichen Kronkleinodizn - Bewahre?' ein
wohl in Leder eingebundenes Exemplar zu übergeben.

Später dann unter der Regierung des Erzherzogs Albert und seiner
Gemahlin Jsabella ward die Aufsicht, über die Burgundische Bibliothek
dem gelehrten Andere Leinvie anvertraut; er nahm ein Verzeichnis dieser
Sammlung auf, aber zu seinem Leidwesen erhielt sie nur schwachen Zu¬
wachs.

Trauriger als alle Unglücksfälle, denen bisher die Burgundisch c
Bibliothek ausgesetzt gewesen, war derjenige, der sie im Jahr 1731 traf.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Februar ließen die Nachtwächter die
Lärmzeichen hören; ein dicker Rauch erhob sich in der Richtung des
Parks; das Feuer hatte eines der Viertel des königlichen Palastes er¬
griffen. In einem Augenblick war die ganze Bevölkerung auf den Fü¬
ßen; als man aber auf dem Brandplatz ankam, war es zu spät, um
die Fortschritte des Feuers zu hemmen. In weniger als 12 Stunden
war dieses merkwürdige Gebäude, das im Jahr 1300 unter der Negie¬
rung Johanns des Zweiten, Herzogs von Brabant, begonnen und von
Philipp den: Guten 1462 bedeutend verschönert worden, gänzlich ein
Raub des vernichtenden Elements geworden. ' Einer Vermuthung zu
Folge war das Feuer durch eine Nachlässigkeit der Zuckerbäcker entstan¬
den. Durch diese traurige Feuersbrunst erlitten Kunst und Wissenschaft
unersetzliche Verluste. Mehrere Gemälde von Rubens, welche eine Zierde
der großen Gallerie ausmachten, wurden eine Beute der Flammen, eben
so auch die Burgundischcn Archive, ein großer Theil der Burgundischen
Bibliothek und mehrere andere eher so kostbare Kunstgegenstände. Was
man an Manuscripten und gedruckten Büchern retten konnte, wurde in
die unterirdischen Gewölbe der Palastkapelle geworfen, die zum Glück
das Feuer nicht angegriffen hatte. Hier nun blieben diese Trümmer ei¬
ner so unglücklicher Meise zerstörten überaus herrlichen und kostbaren
Sammlung 15 Jahre hindurch 'in die tiefste Vergessenheit begraben.
Niemand ahnte ihre Existenz und der Bibliothekar, der früher die Auf-


wer>kam, wissen) ob>dies absichtlich oder durch Unachtsamkeit geschah-'
weit mehr, als ihm gebührte. ,'

^' ^ Seit der Erfindung der Buchdruckerei, die bald in den Niederlan¬
den aufblühte, erhielt die Bibliothek immer einen, wenn auch kleinen
Zuwachs. Der Erzherzog Ernst nämlich hatte eine Ordonnanz erlassen,
wodurch für die Zukunft Niemanden: ein Privilegium zur Veröffentli¬
chung neuer Bücher gegeben wurde, wenn er sich nicht der Bedingung
unterwerfen wollte, dem Erzherzoglichen Kronkleinodizn - Bewahre?' ein
wohl in Leder eingebundenes Exemplar zu übergeben.

Später dann unter der Regierung des Erzherzogs Albert und seiner
Gemahlin Jsabella ward die Aufsicht, über die Burgundische Bibliothek
dem gelehrten Andere Leinvie anvertraut; er nahm ein Verzeichnis dieser
Sammlung auf, aber zu seinem Leidwesen erhielt sie nur schwachen Zu¬
wachs.

Trauriger als alle Unglücksfälle, denen bisher die Burgundisch c
Bibliothek ausgesetzt gewesen, war derjenige, der sie im Jahr 1731 traf.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Februar ließen die Nachtwächter die
Lärmzeichen hören; ein dicker Rauch erhob sich in der Richtung des
Parks; das Feuer hatte eines der Viertel des königlichen Palastes er¬
griffen. In einem Augenblick war die ganze Bevölkerung auf den Fü¬
ßen; als man aber auf dem Brandplatz ankam, war es zu spät, um
die Fortschritte des Feuers zu hemmen. In weniger als 12 Stunden
war dieses merkwürdige Gebäude, das im Jahr 1300 unter der Negie¬
rung Johanns des Zweiten, Herzogs von Brabant, begonnen und von
Philipp den: Guten 1462 bedeutend verschönert worden, gänzlich ein
Raub des vernichtenden Elements geworden. ' Einer Vermuthung zu
Folge war das Feuer durch eine Nachlässigkeit der Zuckerbäcker entstan¬
den. Durch diese traurige Feuersbrunst erlitten Kunst und Wissenschaft
unersetzliche Verluste. Mehrere Gemälde von Rubens, welche eine Zierde
der großen Gallerie ausmachten, wurden eine Beute der Flammen, eben
so auch die Burgundischcn Archive, ein großer Theil der Burgundischen
Bibliothek und mehrere andere eher so kostbare Kunstgegenstände. Was
man an Manuscripten und gedruckten Büchern retten konnte, wurde in
die unterirdischen Gewölbe der Palastkapelle geworfen, die zum Glück
das Feuer nicht angegriffen hatte. Hier nun blieben diese Trümmer ei¬
ner so unglücklicher Meise zerstörten überaus herrlichen und kostbaren
Sammlung 15 Jahre hindurch 'in die tiefste Vergessenheit begraben.
Niemand ahnte ihre Existenz und der Bibliothekar, der früher die Auf-


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[0246] wer>kam, wissen) ob>dies absichtlich oder durch Unachtsamkeit geschah-' weit mehr, als ihm gebührte. ,' ^' ^ Seit der Erfindung der Buchdruckerei, die bald in den Niederlan¬ den aufblühte, erhielt die Bibliothek immer einen, wenn auch kleinen Zuwachs. Der Erzherzog Ernst nämlich hatte eine Ordonnanz erlassen, wodurch für die Zukunft Niemanden: ein Privilegium zur Veröffentli¬ chung neuer Bücher gegeben wurde, wenn er sich nicht der Bedingung unterwerfen wollte, dem Erzherzoglichen Kronkleinodizn - Bewahre?' ein wohl in Leder eingebundenes Exemplar zu übergeben. Später dann unter der Regierung des Erzherzogs Albert und seiner Gemahlin Jsabella ward die Aufsicht, über die Burgundische Bibliothek dem gelehrten Andere Leinvie anvertraut; er nahm ein Verzeichnis dieser Sammlung auf, aber zu seinem Leidwesen erhielt sie nur schwachen Zu¬ wachs. Trauriger als alle Unglücksfälle, denen bisher die Burgundisch c Bibliothek ausgesetzt gewesen, war derjenige, der sie im Jahr 1731 traf. In der Nacht vom 3. auf den 4. Februar ließen die Nachtwächter die Lärmzeichen hören; ein dicker Rauch erhob sich in der Richtung des Parks; das Feuer hatte eines der Viertel des königlichen Palastes er¬ griffen. In einem Augenblick war die ganze Bevölkerung auf den Fü¬ ßen; als man aber auf dem Brandplatz ankam, war es zu spät, um die Fortschritte des Feuers zu hemmen. In weniger als 12 Stunden war dieses merkwürdige Gebäude, das im Jahr 1300 unter der Negie¬ rung Johanns des Zweiten, Herzogs von Brabant, begonnen und von Philipp den: Guten 1462 bedeutend verschönert worden, gänzlich ein Raub des vernichtenden Elements geworden. ' Einer Vermuthung zu Folge war das Feuer durch eine Nachlässigkeit der Zuckerbäcker entstan¬ den. Durch diese traurige Feuersbrunst erlitten Kunst und Wissenschaft unersetzliche Verluste. Mehrere Gemälde von Rubens, welche eine Zierde der großen Gallerie ausmachten, wurden eine Beute der Flammen, eben so auch die Burgundischcn Archive, ein großer Theil der Burgundischen Bibliothek und mehrere andere eher so kostbare Kunstgegenstände. Was man an Manuscripten und gedruckten Büchern retten konnte, wurde in die unterirdischen Gewölbe der Palastkapelle geworfen, die zum Glück das Feuer nicht angegriffen hatte. Hier nun blieben diese Trümmer ei¬ ner so unglücklicher Meise zerstörten überaus herrlichen und kostbaren Sammlung 15 Jahre hindurch 'in die tiefste Vergessenheit begraben. Niemand ahnte ihre Existenz und der Bibliothekar, der früher die Auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/246>, abgerufen am 04.07.2024.