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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Decorationen sür.den Knaben,'Johannes, der von der schönen, Melden
und frivolen Mutter um seiner Mißgestalt willen gepeinigt wird. Die
Scenen seiner Kindbett sind vortrefflich, gehalten; wir erlebende Zu¬
stände und werden heimisch in dieser Welt, die dem Knaben zu, seinem
eigenthümlichen. Werden den Stempel aufdrückt. .Wir stehen endlich mit
ihm, am Nande des schäumenden Baches, in dessen Wellen el" kühler
Tod für die Qual des gepeinigten Lebens Erlösung winkt., , Johannes
ist sich selbst zum Widerwillen geworden, weil ihn alle Welt als eine
Miß form verabscheut, und ein Sprung-in den Mühlbach erlöst ihn leicht
von sich selber. Nur der Gedanke, sein freiwilliger -Tod, werde als un¬
mittelbar Folge der so eben ihm widerfahrenen Mißhandlung der schö¬
nen Mutter zur Lastgelegt werden, hältihnznrück; seingutesHerz triumphirr
also über-sein Mißgeschick und, knüpft ihn wieder an'ö Menschenleben
fest.-. Inzwischen hat ein gutes.Herz-doch auch seinen Stolz; Johannes
kehrt nicht in's älterliche Haus zurück', sondern sucht beim alten Onkel
Blinzing eine Zuflucht. Der alte Sonderling Blinzing ist' ein nominel¬
ler Onkel in der,/Familie Mackel. Zu Madame Mackel, die früher in
der Residenz als ledige Person einem, vornehmen Staatsbeamten zur an¬
genehmen Ausfüllung seiner Nebenstunden behülflich gewesen, muß Blin¬
zing in einem besonders anzüglichen Verhältniß gestanden haben; denn
als er sich im Provinzialneste ansiedelte, wo sie auf Verfügung der
oberen Götter auf Erden an den jungen blonden Rechvnngsrach Mackel
verheirathet wurde, und als,er zum.ersten Male vor ihr erschien/ sehr
höflich that,, aber boshaft war, da hatte sie gezittert und einen schwar¬
zen Fleck der Erinnerung vor Augen bekommen. Bei alledem, ist Blin¬
zing für w'e Dame, Mackel.unentbehrlich geworden, ja er hat durch ein
Darlehn zur Bestreitung üppigcp, Bedürfnisse die ganze wackelige Famjlie
gleichsam iir, Händen. Wie nun der' Knabe Johannes zum Onkel Blin¬
zing kommt, an jenem stürmischen Abend, der über sein Kinderleben ent¬
schied, sitzt ein ,alter Stelzfuß bei ihm, ein Schwadroneur vom sieben-,
jährigen Kriege,'.der nunmehr über Buonaparte und die ^Franzosen lärmt.
-7- Diese Figur ist nicht neu, ist eine von denen, die das Lustspiel schon
so mannichfach abgebraucht hat, aber sie ist richtig benutzt,, fleißig ^ und
vorthel'lhast,ausgefiihrt> während , die, Figur des alten Blinzing selbst
den Anspruch auf Eigenthümlichkeit mit Glück, durchsetzen wird. So ein
alter bissiger Heimchenfänger, wie ich ihn nennen muß, ist noch nicht
dagewesen, und.es, bleibt zu bedauern, > daß die später erfolgende Ent-
hülluyg seines früheren' Lebens,/.sowieseines Verhaltens zur Dame Mackel'


Decorationen sür.den Knaben,'Johannes, der von der schönen, Melden
und frivolen Mutter um seiner Mißgestalt willen gepeinigt wird. Die
Scenen seiner Kindbett sind vortrefflich, gehalten; wir erlebende Zu¬
stände und werden heimisch in dieser Welt, die dem Knaben zu, seinem
eigenthümlichen. Werden den Stempel aufdrückt. .Wir stehen endlich mit
ihm, am Nande des schäumenden Baches, in dessen Wellen el» kühler
Tod für die Qual des gepeinigten Lebens Erlösung winkt., , Johannes
ist sich selbst zum Widerwillen geworden, weil ihn alle Welt als eine
Miß form verabscheut, und ein Sprung-in den Mühlbach erlöst ihn leicht
von sich selber. Nur der Gedanke, sein freiwilliger -Tod, werde als un¬
mittelbar Folge der so eben ihm widerfahrenen Mißhandlung der schö¬
nen Mutter zur Lastgelegt werden, hältihnznrück; seingutesHerz triumphirr
also über-sein Mißgeschick und, knüpft ihn wieder an'ö Menschenleben
fest.-. Inzwischen hat ein gutes.Herz-doch auch seinen Stolz; Johannes
kehrt nicht in's älterliche Haus zurück', sondern sucht beim alten Onkel
Blinzing eine Zuflucht. Der alte Sonderling Blinzing ist' ein nominel¬
ler Onkel in der,/Familie Mackel. Zu Madame Mackel, die früher in
der Residenz als ledige Person einem, vornehmen Staatsbeamten zur an¬
genehmen Ausfüllung seiner Nebenstunden behülflich gewesen, muß Blin¬
zing in einem besonders anzüglichen Verhältniß gestanden haben; denn
als er sich im Provinzialneste ansiedelte, wo sie auf Verfügung der
oberen Götter auf Erden an den jungen blonden Rechvnngsrach Mackel
verheirathet wurde, und als,er zum.ersten Male vor ihr erschien/ sehr
höflich that,, aber boshaft war, da hatte sie gezittert und einen schwar¬
zen Fleck der Erinnerung vor Augen bekommen. Bei alledem, ist Blin¬
zing für w'e Dame, Mackel.unentbehrlich geworden, ja er hat durch ein
Darlehn zur Bestreitung üppigcp, Bedürfnisse die ganze wackelige Famjlie
gleichsam iir, Händen. Wie nun der' Knabe Johannes zum Onkel Blin¬
zing kommt, an jenem stürmischen Abend, der über sein Kinderleben ent¬
schied, sitzt ein ,alter Stelzfuß bei ihm, ein Schwadroneur vom sieben-,
jährigen Kriege,'.der nunmehr über Buonaparte und die ^Franzosen lärmt.
-7- Diese Figur ist nicht neu, ist eine von denen, die das Lustspiel schon
so mannichfach abgebraucht hat, aber sie ist richtig benutzt,, fleißig ^ und
vorthel'lhast,ausgefiihrt> während , die, Figur des alten Blinzing selbst
den Anspruch auf Eigenthümlichkeit mit Glück, durchsetzen wird. So ein
alter bissiger Heimchenfänger, wie ich ihn nennen muß, ist noch nicht
dagewesen, und.es, bleibt zu bedauern, > daß die später erfolgende Ent-
hülluyg seines früheren' Lebens,/.sowieseines Verhaltens zur Dame Mackel'


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[0177] Decorationen sür.den Knaben,'Johannes, der von der schönen, Melden und frivolen Mutter um seiner Mißgestalt willen gepeinigt wird. Die Scenen seiner Kindbett sind vortrefflich, gehalten; wir erlebende Zu¬ stände und werden heimisch in dieser Welt, die dem Knaben zu, seinem eigenthümlichen. Werden den Stempel aufdrückt. .Wir stehen endlich mit ihm, am Nande des schäumenden Baches, in dessen Wellen el» kühler Tod für die Qual des gepeinigten Lebens Erlösung winkt., , Johannes ist sich selbst zum Widerwillen geworden, weil ihn alle Welt als eine Miß form verabscheut, und ein Sprung-in den Mühlbach erlöst ihn leicht von sich selber. Nur der Gedanke, sein freiwilliger -Tod, werde als un¬ mittelbar Folge der so eben ihm widerfahrenen Mißhandlung der schö¬ nen Mutter zur Lastgelegt werden, hältihnznrück; seingutesHerz triumphirr also über-sein Mißgeschick und, knüpft ihn wieder an'ö Menschenleben fest.-. Inzwischen hat ein gutes.Herz-doch auch seinen Stolz; Johannes kehrt nicht in's älterliche Haus zurück', sondern sucht beim alten Onkel Blinzing eine Zuflucht. Der alte Sonderling Blinzing ist' ein nominel¬ ler Onkel in der,/Familie Mackel. Zu Madame Mackel, die früher in der Residenz als ledige Person einem, vornehmen Staatsbeamten zur an¬ genehmen Ausfüllung seiner Nebenstunden behülflich gewesen, muß Blin¬ zing in einem besonders anzüglichen Verhältniß gestanden haben; denn als er sich im Provinzialneste ansiedelte, wo sie auf Verfügung der oberen Götter auf Erden an den jungen blonden Rechvnngsrach Mackel verheirathet wurde, und als,er zum.ersten Male vor ihr erschien/ sehr höflich that,, aber boshaft war, da hatte sie gezittert und einen schwar¬ zen Fleck der Erinnerung vor Augen bekommen. Bei alledem, ist Blin¬ zing für w'e Dame, Mackel.unentbehrlich geworden, ja er hat durch ein Darlehn zur Bestreitung üppigcp, Bedürfnisse die ganze wackelige Famjlie gleichsam iir, Händen. Wie nun der' Knabe Johannes zum Onkel Blin¬ zing kommt, an jenem stürmischen Abend, der über sein Kinderleben ent¬ schied, sitzt ein ,alter Stelzfuß bei ihm, ein Schwadroneur vom sieben-, jährigen Kriege,'.der nunmehr über Buonaparte und die ^Franzosen lärmt. -7- Diese Figur ist nicht neu, ist eine von denen, die das Lustspiel schon so mannichfach abgebraucht hat, aber sie ist richtig benutzt,, fleißig ^ und vorthel'lhast,ausgefiihrt> während , die, Figur des alten Blinzing selbst den Anspruch auf Eigenthümlichkeit mit Glück, durchsetzen wird. So ein alter bissiger Heimchenfänger, wie ich ihn nennen muß, ist noch nicht dagewesen, und.es, bleibt zu bedauern, > daß die später erfolgende Ent- hülluyg seines früheren' Lebens,/.sowieseines Verhaltens zur Dame Mackel'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/177>, abgerufen am 24.07.2024.