Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Aristokratie verschloßen sind,- dem bleiben auch, die- Sitten, derselben oj> Wir. behaupten es . frei -- und eine mehrjährige Erfahrung.^be¬ 22-
Aristokratie verschloßen sind,- dem bleiben auch, die- Sitten, derselben oj> Wir. behaupten es . frei — und eine mehrjährige Erfahrung.^be¬ 22-
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0151" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267366"/> <p xml:id="ID_782" prev="#ID_781"> Aristokratie verschloßen sind,- dem bleiben auch, die- Sitten, derselben oj><lb/> mals sein ganzes Leben hindurch ein uncntdccktes Land; nicht selten,sehev<lb/> wir^ Schauspieler, welche einen Diplomaten, Hofmann oder Fürsten zu<lb/> spielen haben, mit Schritten und Geberden, die in jedem Rockzipfel eine<lb/> Parodie ihrer.Rolle sind. In alle derlei Künste der aristokratischen<lb/> Welt, in alle die kleinen Geheimniße und fast unsichtbaren Zeichen, durch<lb/> welche sich die „Li-ü-ne^ gegenseitig, wie ein Freimaurer den andern<lb/> erkennt, in all' die Caprizen, Minaudcnen, Convenicnzen und Traditionen<lb/> und wie alle die gesellschaftlichen Thorheiten, für welche^wir keine deutH<lb/> Ausdrücke haben, noch heißen mögen, in diese ganze schwer Zugang«<lb/> liebe Schule wurde Moriz durch seine Gattin eingeweiht. Wirklich be¬<lb/> sitzt die deutsche.Bühne keinen Künstler, der- Charaktere dieser Art.mit<lb/> größerer Meisterschaft zu zeichnen weiß. Moriz ist ^der wahre Darstel¬<lb/> ler der Gesellschaft, in ihren feinsten Zügen, in ihrem raffinirtesten Aus¬<lb/> drucke. Diese Richtung wurde durch seine Uebersiedlung nach Stuttgart<lb/> .wohin er als Hofschauspieler berufen ward, vollständig ausgeprägt. Der<lb/> .tägliche Verkehr mit Menzel, Münch, Gutzkow, Lewald, :c., die<lb/> damals noch in traulichem Zirkel vereiM waren, brachte stete Discussio-<lb/> nen und Anregungen. Und vergessen wir auch Scidelmcmn nicht'.. Wie<lb/> betrübend auch der Zwist war, der später die beiden Männer ent¬<lb/> zweiete, so darf Moriz doch nicht läugnen/ daß die Zeit, in wel¬<lb/> cher sie zusammenwirkten, einen befruchtenden und unverlöschlichem Ein¬<lb/> fluß auf. seine Kunstansichten zurückließ.. Die großen Reisen > nach<lb/> Frankreich, England, Italien/ trugen nicht'minder bei, jene Gesichts¬<lb/> punkte zu erweitern, und so gestaltete sich allmähli'g ein Künstlercha¬<lb/> rakter, der auf'der, Höhe- der Weltbildung .steht, . einer, jener v.sehr<lb/> .kleinen Zahl deutscher Schauspieler, der unsere . Nation den Frcmzo-'<lb/> sen gegenüber., zu vertreten im Stande ist. Moriz ist Künstler und<lb/> -Weltmann zugleich,, d. h. er steht auf dem nationalen Standpunkte,<lb/> wo es sich nicht mehr um. locale, Wirkungen allein handelt, nicht<lb/> mehr.um den Triumph eines einzigen Abends, sondern um die För¬<lb/> derung der. dramatischen Gesammtheit. , , ... -</p><lb/> <p xml:id="ID_783" next="#ID_784"> Wir. behaupten es . frei — und eine mehrjährige Erfahrung.^be¬<lb/> rechtigt uns zu, dieser Behauptung — die deutsche Bühne hat keinen<lb/> Zweiten Schauspieler, der. inniger mit den Bedürfnissen der Gegen¬<lb/> wart mit jedem Entwickelungskeime, der in der, dramatischen Literatur<lb/> sich zeigt, so vertraut ist als Moriz.- Es giebt kaum, einen be¬<lb/> deutenden Schriftsteller auf dem Gebiete, unserer schönen, namentlich der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 22-</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0151]
Aristokratie verschloßen sind,- dem bleiben auch, die- Sitten, derselben oj>
mals sein ganzes Leben hindurch ein uncntdccktes Land; nicht selten,sehev
wir^ Schauspieler, welche einen Diplomaten, Hofmann oder Fürsten zu
spielen haben, mit Schritten und Geberden, die in jedem Rockzipfel eine
Parodie ihrer.Rolle sind. In alle derlei Künste der aristokratischen
Welt, in alle die kleinen Geheimniße und fast unsichtbaren Zeichen, durch
welche sich die „Li-ü-ne^ gegenseitig, wie ein Freimaurer den andern
erkennt, in all' die Caprizen, Minaudcnen, Convenicnzen und Traditionen
und wie alle die gesellschaftlichen Thorheiten, für welche^wir keine deutH
Ausdrücke haben, noch heißen mögen, in diese ganze schwer Zugang«
liebe Schule wurde Moriz durch seine Gattin eingeweiht. Wirklich be¬
sitzt die deutsche.Bühne keinen Künstler, der- Charaktere dieser Art.mit
größerer Meisterschaft zu zeichnen weiß. Moriz ist ^der wahre Darstel¬
ler der Gesellschaft, in ihren feinsten Zügen, in ihrem raffinirtesten Aus¬
drucke. Diese Richtung wurde durch seine Uebersiedlung nach Stuttgart
.wohin er als Hofschauspieler berufen ward, vollständig ausgeprägt. Der
.tägliche Verkehr mit Menzel, Münch, Gutzkow, Lewald, :c., die
damals noch in traulichem Zirkel vereiM waren, brachte stete Discussio-
nen und Anregungen. Und vergessen wir auch Scidelmcmn nicht'.. Wie
betrübend auch der Zwist war, der später die beiden Männer ent¬
zweiete, so darf Moriz doch nicht läugnen/ daß die Zeit, in wel¬
cher sie zusammenwirkten, einen befruchtenden und unverlöschlichem Ein¬
fluß auf. seine Kunstansichten zurückließ.. Die großen Reisen > nach
Frankreich, England, Italien/ trugen nicht'minder bei, jene Gesichts¬
punkte zu erweitern, und so gestaltete sich allmähli'g ein Künstlercha¬
rakter, der auf'der, Höhe- der Weltbildung .steht, . einer, jener v.sehr
.kleinen Zahl deutscher Schauspieler, der unsere . Nation den Frcmzo-'
sen gegenüber., zu vertreten im Stande ist. Moriz ist Künstler und
-Weltmann zugleich,, d. h. er steht auf dem nationalen Standpunkte,
wo es sich nicht mehr um. locale, Wirkungen allein handelt, nicht
mehr.um den Triumph eines einzigen Abends, sondern um die För¬
derung der. dramatischen Gesammtheit. , , ... -
Wir. behaupten es . frei — und eine mehrjährige Erfahrung.^be¬
rechtigt uns zu, dieser Behauptung — die deutsche Bühne hat keinen
Zweiten Schauspieler, der. inniger mit den Bedürfnissen der Gegen¬
wart mit jedem Entwickelungskeime, der in der, dramatischen Literatur
sich zeigt, so vertraut ist als Moriz.- Es giebt kaum, einen be¬
deutenden Schriftsteller auf dem Gebiete, unserer schönen, namentlich der
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