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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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doch beide in ihrer ursprünglichen Geschichte, eine gewisse ÄchNlichkeit-
und'manche wichtige Beziehungen stellen sich in ihren Anfängen'gleich¬
mäßig heraus."--' ' ' '' ' ^ ^ ^ ' ^
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Beginnen M mit dem Französischen. " ^ ^

Bekanntlich theilten sich bis in die Mitte des dreizehnten Jahrhun¬
derts zwei Hauptmundarten in die Herrschaft von Frankreich. Die eine
nannte man 1a lanFn" et'oc, die andere 1a ItmAne ä'oui oder 1"
Isuz-'ne et'oil.-- Die IsvFue ä'o<: war die-Sprache des Südens; die
I-mAue ä'on! oder ü'oil die des. Nordens. .Die. südliche On-Sprache
trug ganz den süßen Charakter des Bodens auf welchen: sie blü-
hete, ihre Laute waren eben so weich als wie der blaue Himmel der
Provence. Die Assonanzen sanden sich überall von selbst ein, die'Reime',
sprangen und klangen von- selbst,ins Ohr. Wie 'sollte 'die Poesie, da lan-'
ge auf.sich warten lassen?'^. .Inder That, bereits,im eilften und zwölf-'
ten Jahrhundert, während'in ganz Europa, die Poesie. .noch im tiefsten
Schlafe lag, da toute es ,und regte es sich in der lMHu<- Ä'vo gar lustig,
und hell. Da klangen die Lieder der Troubadours, jene Morgenge¬
sänge der romantischen Poesie, jener fröhliche, Hahnmruf, welcher das'
schnarchende Mittelalter zu einem schönern, freudigen. Tag erweckte.,
Welch, ein Zauber liegt über jene Sprache wie über jene Zeit auöge-'
gössen, wo. Dichtung, Liebe, Tapferkeit und Wohlklang des. Worts die
Aufgabe des Lebens, waren.

-.Die ü'ani oder ä'oll hatte.zwar auch ihre Poesie, doch'
diese war viel rauher, kälter und schroffer. Es war die Sprache jener
Helden der Normandie, die mehr auf Thaten als auf Empfindungen,
mehr auf den Klang der Waffen als auf den Klang der Worte hielten.
'Welch Wunder, daß die einschmeichelnde langte ä'vo überall den Vor¬
zug erhielt. Und nicht nur in Frankreich allein.

Wenn man. in unsren Zeiten die ftanzösische Sprache als Hof-/
spräche fast in ganz Europa.findet, so ist dieses durchaus keine moderne
Erscheinung; schon im zwölften und dreizehnten Jahrhundert finden wir
dieselbe an den meisten Hoflagem, .an dem Hofe des Königs Richard
Löwenherz in England wie an dem Hofe des Kaisers Friedrich der Noth-^
have in Deutschland, nur war es die proper?alische Mundart welche
gesprochen wurde, die I-in^no ä've.

Allein, mit den schrecklichen Kriegen der Albigenser änderte sich
bekanntlich Alles. Die schöne Provence wurde verheert, der Glanz der


doch beide in ihrer ursprünglichen Geschichte, eine gewisse ÄchNlichkeit-
und'manche wichtige Beziehungen stellen sich in ihren Anfängen'gleich¬
mäßig heraus."—' ' ' '' ' ^ ^ ^ ' ^
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Beginnen M mit dem Französischen. " ^ ^

Bekanntlich theilten sich bis in die Mitte des dreizehnten Jahrhun¬
derts zwei Hauptmundarten in die Herrschaft von Frankreich. Die eine
nannte man 1a lanFn« et'oc, die andere 1a ItmAne ä'oui oder 1»
Isuz-'ne et'oil.— Die IsvFue ä'o<: war die-Sprache des Südens; die
I-mAue ä'on! oder ü'oil die des. Nordens. .Die. südliche On-Sprache
trug ganz den süßen Charakter des Bodens auf welchen: sie blü-
hete, ihre Laute waren eben so weich als wie der blaue Himmel der
Provence. Die Assonanzen sanden sich überall von selbst ein, die'Reime',
sprangen und klangen von- selbst,ins Ohr. Wie 'sollte 'die Poesie, da lan-'
ge auf.sich warten lassen?'^. .Inder That, bereits,im eilften und zwölf-'
ten Jahrhundert, während'in ganz Europa, die Poesie. .noch im tiefsten
Schlafe lag, da toute es ,und regte es sich in der lMHu<- Ä'vo gar lustig,
und hell. Da klangen die Lieder der Troubadours, jene Morgenge¬
sänge der romantischen Poesie, jener fröhliche, Hahnmruf, welcher das'
schnarchende Mittelalter zu einem schönern, freudigen. Tag erweckte.,
Welch, ein Zauber liegt über jene Sprache wie über jene Zeit auöge-'
gössen, wo. Dichtung, Liebe, Tapferkeit und Wohlklang des. Worts die
Aufgabe des Lebens, waren.

-.Die ü'ani oder ä'oll hatte.zwar auch ihre Poesie, doch'
diese war viel rauher, kälter und schroffer. Es war die Sprache jener
Helden der Normandie, die mehr auf Thaten als auf Empfindungen,
mehr auf den Klang der Waffen als auf den Klang der Worte hielten.
'Welch Wunder, daß die einschmeichelnde langte ä'vo überall den Vor¬
zug erhielt. Und nicht nur in Frankreich allein.

Wenn man. in unsren Zeiten die ftanzösische Sprache als Hof-/
spräche fast in ganz Europa.findet, so ist dieses durchaus keine moderne
Erscheinung; schon im zwölften und dreizehnten Jahrhundert finden wir
dieselbe an den meisten Hoflagem, .an dem Hofe des Königs Richard
Löwenherz in England wie an dem Hofe des Kaisers Friedrich der Noth-^
have in Deutschland, nur war es die proper?alische Mundart welche
gesprochen wurde, die I-in^no ä've.

Allein, mit den schrecklichen Kriegen der Albigenser änderte sich
bekanntlich Alles. Die schöne Provence wurde verheert, der Glanz der


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[0014] doch beide in ihrer ursprünglichen Geschichte, eine gewisse ÄchNlichkeit- und'manche wichtige Beziehungen stellen sich in ihren Anfängen'gleich¬ mäßig heraus."—' ' ' '' ' ^ ^ ^ ' ^ '"'' Beginnen M mit dem Französischen. " ^ ^ Bekanntlich theilten sich bis in die Mitte des dreizehnten Jahrhun¬ derts zwei Hauptmundarten in die Herrschaft von Frankreich. Die eine nannte man 1a lanFn« et'oc, die andere 1a ItmAne ä'oui oder 1» Isuz-'ne et'oil.— Die IsvFue ä'o<: war die-Sprache des Südens; die I-mAue ä'on! oder ü'oil die des. Nordens. .Die. südliche On-Sprache trug ganz den süßen Charakter des Bodens auf welchen: sie blü- hete, ihre Laute waren eben so weich als wie der blaue Himmel der Provence. Die Assonanzen sanden sich überall von selbst ein, die'Reime', sprangen und klangen von- selbst,ins Ohr. Wie 'sollte 'die Poesie, da lan-' ge auf.sich warten lassen?'^. .Inder That, bereits,im eilften und zwölf-' ten Jahrhundert, während'in ganz Europa, die Poesie. .noch im tiefsten Schlafe lag, da toute es ,und regte es sich in der lMHu<- Ä'vo gar lustig, und hell. Da klangen die Lieder der Troubadours, jene Morgenge¬ sänge der romantischen Poesie, jener fröhliche, Hahnmruf, welcher das' schnarchende Mittelalter zu einem schönern, freudigen. Tag erweckte., Welch, ein Zauber liegt über jene Sprache wie über jene Zeit auöge-' gössen, wo. Dichtung, Liebe, Tapferkeit und Wohlklang des. Worts die Aufgabe des Lebens, waren. -.Die ü'ani oder ä'oll hatte.zwar auch ihre Poesie, doch' diese war viel rauher, kälter und schroffer. Es war die Sprache jener Helden der Normandie, die mehr auf Thaten als auf Empfindungen, mehr auf den Klang der Waffen als auf den Klang der Worte hielten. 'Welch Wunder, daß die einschmeichelnde langte ä'vo überall den Vor¬ zug erhielt. Und nicht nur in Frankreich allein. Wenn man. in unsren Zeiten die ftanzösische Sprache als Hof-/ spräche fast in ganz Europa.findet, so ist dieses durchaus keine moderne Erscheinung; schon im zwölften und dreizehnten Jahrhundert finden wir dieselbe an den meisten Hoflagem, .an dem Hofe des Königs Richard Löwenherz in England wie an dem Hofe des Kaisers Friedrich der Noth-^ have in Deutschland, nur war es die proper?alische Mundart welche gesprochen wurde, die I-in^no ä've. Allein, mit den schrecklichen Kriegen der Albigenser änderte sich bekanntlich Alles. Die schöne Provence wurde verheert, der Glanz der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/14>, abgerufen am 04.07.2024.