Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Mao, ruft der Nichtkenner aus/ die Menge Lesekabinette, die fortwäh¬ Die glücklichsten unter meinen Confmters sind noch die¬ Mao, ruft der Nichtkenner aus/ die Menge Lesekabinette, die fortwäh¬ Die glücklichsten unter meinen Confmters sind noch die¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267331"/> <p xml:id="ID_682" prev="#ID_681"> Mao, ruft der Nichtkenner aus/ die Menge Lesekabinette, die fortwäh¬<lb/> rend mit Lesern vollgepsrost sind, und deren Fensterscheiben so mit Bü-<lb/> cheranzcigen überdeckt sind, daß das Tagslicht beinahe nicht hinein¬<lb/> bringen kann! Freilich I Aber die französischen Lesekabinette sind nicht<lb/> um ein Haar besser als die deutschen Leihbibliotheken; solche Anstalten<lb/> sind in allen Ländern das Paradies der schlechten Bücher, und die<lb/> Hölle der guten Werke. Man schafft sich darin nur Bücher<lb/> von vorübergehendem Werthe an, schofeleö Zeug, >' das die Mode<lb/> auf kurze Augenblicke in ihren Schutz genommen; und überdies<lb/> werden dahin gar so viele neue Bücher zu - Markte getragen,<lb/> daß nur diejenigen gekauft werden, welche man zu einem beträchtlichen<lb/> Rabatt haben kann, wozu sich kein nur einigermaßen rechtschaffener Ver¬<lb/> leger entschließen wird, zumal so lange das Buch noch neu ist. — Wie<lb/> kommen sie denn aber dazu? — Da ist eben der Stein des Anstoßes.<lb/> Der Buchhandel ist unter allen Industriezweigen der einzige,<lb/> dessen Erzeugnisse in ihrer Fabrik theurer verkauft werden, als in<lb/> den Laden oder Magazinen, und dies kann auch nicht anders kommen.<lb/> Die //Schleuderer" die im deutschen Buchhandel so verrufen sind, haben<lb/> hier weit leichteres Spiel, da die Bedingungen der Verlagshändler nicht<lb/> für alle Svrtlmentshandlungm gleich gestellt werden, so daß einer wirk¬<lb/> lich wohlfeiler als der andere zu verkaufen im Stande ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_683" next="#ID_684"> Die glücklichsten unter meinen Confmters sind noch die¬<lb/> jenigen, welche Bücher von technischem oder wissenschaftlichem Werthe<lb/> verlegen, welche für eine gewisse Klasse von Lesern bestimmt sind, was<lb/> man eine Specialität nennt; die Wörterbücher haben gewöhnlich gleich¬<lb/> falls einen guten Abzug; auch giebt es Wiederaufkamen solcher Werke,<lb/> deren Debit sich bewährt hat, welche demnach viel Wahrscheinlichkeit für<lb/> einen guten Gewinn darbieten; ich will Ihnen, ohne den Namen zu<lb/> nennen, das Beispiel eines Verlegers anführen, welcher die Früchte sei¬<lb/> ner ausgemacht guten Ueberlegung einerndtet. Er hat seine Sache ohne<lb/> Zweifel sehr gut berechnet. Er kauft nie Handschriften neuer Werke,<lb/> immer blos das Recht des neuen Verlags solcher Werke, deren guter<lb/> Succeß sich ausgewiesen hat, wie z. B. die Werke Walter Scotts. Je<lb/> mehr man deren abgesetzt hat, mag er gedacht haben, je mehr Wahr¬<lb/> scheinlichkeit habe ich dann wieder zu verkaufen. In der That, wenn<lb/> von jedem der Walter Scott'schen Romane 6000 Exemplare zu 10 Fr.<lb/> verkauft worden sind, so müssen deren wohl viermal so viele abgesetzt'<lb/> werden, wenn man den Preis auf 25 Procent von dem frühern herab-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
Mao, ruft der Nichtkenner aus/ die Menge Lesekabinette, die fortwäh¬
rend mit Lesern vollgepsrost sind, und deren Fensterscheiben so mit Bü-
cheranzcigen überdeckt sind, daß das Tagslicht beinahe nicht hinein¬
bringen kann! Freilich I Aber die französischen Lesekabinette sind nicht
um ein Haar besser als die deutschen Leihbibliotheken; solche Anstalten
sind in allen Ländern das Paradies der schlechten Bücher, und die
Hölle der guten Werke. Man schafft sich darin nur Bücher
von vorübergehendem Werthe an, schofeleö Zeug, >' das die Mode
auf kurze Augenblicke in ihren Schutz genommen; und überdies
werden dahin gar so viele neue Bücher zu - Markte getragen,
daß nur diejenigen gekauft werden, welche man zu einem beträchtlichen
Rabatt haben kann, wozu sich kein nur einigermaßen rechtschaffener Ver¬
leger entschließen wird, zumal so lange das Buch noch neu ist. — Wie
kommen sie denn aber dazu? — Da ist eben der Stein des Anstoßes.
Der Buchhandel ist unter allen Industriezweigen der einzige,
dessen Erzeugnisse in ihrer Fabrik theurer verkauft werden, als in
den Laden oder Magazinen, und dies kann auch nicht anders kommen.
Die //Schleuderer" die im deutschen Buchhandel so verrufen sind, haben
hier weit leichteres Spiel, da die Bedingungen der Verlagshändler nicht
für alle Svrtlmentshandlungm gleich gestellt werden, so daß einer wirk¬
lich wohlfeiler als der andere zu verkaufen im Stande ist.
Die glücklichsten unter meinen Confmters sind noch die¬
jenigen, welche Bücher von technischem oder wissenschaftlichem Werthe
verlegen, welche für eine gewisse Klasse von Lesern bestimmt sind, was
man eine Specialität nennt; die Wörterbücher haben gewöhnlich gleich¬
falls einen guten Abzug; auch giebt es Wiederaufkamen solcher Werke,
deren Debit sich bewährt hat, welche demnach viel Wahrscheinlichkeit für
einen guten Gewinn darbieten; ich will Ihnen, ohne den Namen zu
nennen, das Beispiel eines Verlegers anführen, welcher die Früchte sei¬
ner ausgemacht guten Ueberlegung einerndtet. Er hat seine Sache ohne
Zweifel sehr gut berechnet. Er kauft nie Handschriften neuer Werke,
immer blos das Recht des neuen Verlags solcher Werke, deren guter
Succeß sich ausgewiesen hat, wie z. B. die Werke Walter Scotts. Je
mehr man deren abgesetzt hat, mag er gedacht haben, je mehr Wahr¬
scheinlichkeit habe ich dann wieder zu verkaufen. In der That, wenn
von jedem der Walter Scott'schen Romane 6000 Exemplare zu 10 Fr.
verkauft worden sind, so müssen deren wohl viermal so viele abgesetzt'
werden, wenn man den Preis auf 25 Procent von dem frühern herab-
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