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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Principien, in Schiller ans einen verwandten Geist. Das Nachdenken
über- die schöpferische Kraft fHrte mit dem abscheidenden Jahrhundert
auf den "gefährlichen Höhepunkt, wo die Poesie vom > Baume der
kenntniß brach und von wo ein für die nächste Zukunft ihr Fall unver¬
meidlich schien/,. Doch ist dieser Fall bei Schiller, der am weitesten auf
jener Bahn vorschritt, nicht eingetreten. Wenn Bewußtheit und Pro¬
duktivität sich beeinträchtigen, so ist es immer ein Mangel in der einen
oder der andern. Göthe seinerseits war auch nicht ohne Theorie, schoy
der Briefwechsel mit Schiller giebt dafür Zeugniß. Darin aber muß
man Gervinus beistimmen, wenn er hinzufügt, "die Bewußtheit sei ein
Reichthum, den keine andere Poesiegeschichte so leicht werde ausweisen,
können//. Wir brauchen dies nicht aus einer vorwaltend wissenschaftli¬
chen Anlage des deutschen Volks herzuleiten; die poetische Anlage hat
wenigstens keinen geringern Antheil an seiner Bildung, und es scheint
der deutsche Geist für alle freien Werken den gleichen Beruf zusahen.
In den Abtheilungen "gemeinsame Thätigkeit" Und "Schauspiel" wird
der für deutsche Poesie so fruchtbare Bund zwischen Schiller und Göthe
besprochen, ein Verhältniß zweier gleichstehenden Männer, gegründet,
wie Schiller sagte, "auf wechselseitige Perfektibilität", wie Göthe, //auf
Ergänzung//. Sie schlössen den Bund zwischen //Natur und Freiheit//,
wodurch Schiller der Erfahrung, Göthe dem Gesetze näher gebracht
wurde. //Zwischen Aristoteles und Plato", sagt Gervinus, //zwischen
Zeno und Epikur, zwischen Rousseau und Voltaire, Ariost und Tasso,
Lope und Calderon, Wolfram und Gottfried hat sich der Streit nie ge¬
schlichtet und wird sich nie schlichten; noch zwischen Herder und Lessing,
Zwischen Wieland und Klopstock liegt diese Kluft, über die diese Män¬
ner selbst nicht hinweg konnten. Daß Göthe und Schiller diesen eigen--
sinnigen Abschluß überwanden und in der Anschauung ihrer himmelweit
getrennten Naturen einen Genuß fanden, dies war das erfreuliche Zei¬
chen,, daß jene ächte Cultur und Menschheit, die sie anstrebten, jene
Versöhnung von Natur und Geist, unter uns möglich geworden ist//.
Die vereinte Thätigkeit Göthes und Schillers ist durch eine Reihe Un¬
ternehmungen bezeichnet, welche beweisen, wie sehr sie auf einander ein¬
zugehen^ verstanden. Die Hören, der Musenalmanach, die Xenien, die
Balladen und lyrischen Gedichte waren die Vorläufer zu größeren
Schöpfungen. Göthe arbeitet am Meister, am Faust, er erhebt sich in
Hermann und Dorothea aus der- Idylle ins Epos. Schiller greift,
nach mehrjähriger-Unterbrechung, aufs neue zum Drama. Der Wal-


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Principien, in Schiller ans einen verwandten Geist. Das Nachdenken
über- die schöpferische Kraft fHrte mit dem abscheidenden Jahrhundert
auf den "gefährlichen Höhepunkt, wo die Poesie vom > Baume der
kenntniß brach und von wo ein für die nächste Zukunft ihr Fall unver¬
meidlich schien/,. Doch ist dieser Fall bei Schiller, der am weitesten auf
jener Bahn vorschritt, nicht eingetreten. Wenn Bewußtheit und Pro¬
duktivität sich beeinträchtigen, so ist es immer ein Mangel in der einen
oder der andern. Göthe seinerseits war auch nicht ohne Theorie, schoy
der Briefwechsel mit Schiller giebt dafür Zeugniß. Darin aber muß
man Gervinus beistimmen, wenn er hinzufügt, "die Bewußtheit sei ein
Reichthum, den keine andere Poesiegeschichte so leicht werde ausweisen,
können//. Wir brauchen dies nicht aus einer vorwaltend wissenschaftli¬
chen Anlage des deutschen Volks herzuleiten; die poetische Anlage hat
wenigstens keinen geringern Antheil an seiner Bildung, und es scheint
der deutsche Geist für alle freien Werken den gleichen Beruf zusahen.
In den Abtheilungen „gemeinsame Thätigkeit" Und „Schauspiel" wird
der für deutsche Poesie so fruchtbare Bund zwischen Schiller und Göthe
besprochen, ein Verhältniß zweier gleichstehenden Männer, gegründet,
wie Schiller sagte, „auf wechselseitige Perfektibilität", wie Göthe, //auf
Ergänzung//. Sie schlössen den Bund zwischen //Natur und Freiheit//,
wodurch Schiller der Erfahrung, Göthe dem Gesetze näher gebracht
wurde. //Zwischen Aristoteles und Plato", sagt Gervinus, //zwischen
Zeno und Epikur, zwischen Rousseau und Voltaire, Ariost und Tasso,
Lope und Calderon, Wolfram und Gottfried hat sich der Streit nie ge¬
schlichtet und wird sich nie schlichten; noch zwischen Herder und Lessing,
Zwischen Wieland und Klopstock liegt diese Kluft, über die diese Män¬
ner selbst nicht hinweg konnten. Daß Göthe und Schiller diesen eigen--
sinnigen Abschluß überwanden und in der Anschauung ihrer himmelweit
getrennten Naturen einen Genuß fanden, dies war das erfreuliche Zei¬
chen,, daß jene ächte Cultur und Menschheit, die sie anstrebten, jene
Versöhnung von Natur und Geist, unter uns möglich geworden ist//.
Die vereinte Thätigkeit Göthes und Schillers ist durch eine Reihe Un¬
ternehmungen bezeichnet, welche beweisen, wie sehr sie auf einander ein¬
zugehen^ verstanden. Die Hören, der Musenalmanach, die Xenien, die
Balladen und lyrischen Gedichte waren die Vorläufer zu größeren
Schöpfungen. Göthe arbeitet am Meister, am Faust, er erhebt sich in
Hermann und Dorothea aus der- Idylle ins Epos. Schiller greift,
nach mehrjähriger-Unterbrechung, aufs neue zum Drama. Der Wal-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/101>, abgerufen am 22.12.2024.