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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Hier übte sie, namentlich des Sommers über, dis zuvorkommendste
und liebenswürdigste Gastfreundschaft aus. Familienfreunde, Künst¬
ler und ausgezeichnete Fremde bildeten da eine ewige Caravane.
Juditha Pasta ist als Weib eben so liebenswürdig, wie als Künst¬
lerin bewundernswerth; "ö ist eine einfache Frau, gutmüthig, nach¬
sichtsvoll und doch geistreich. Welcher Reisende, der nach Mailand
kommt, wird nicht den Como-See besuchen? Ich konnte es um so
weniger unterlassen, da ich unter meinen Empfehlungsbriefen auch
einen an die berühmte Sängerin mit mir führte. Von Mailand
nach der kleinen Stadt Como sind nur wenige Stunden. Der Co¬
mo-See bildet eine Reihe von Wasserbecken, welche durch kleine
Borgebirge von einander abgetheilt sind, wodurch die Manig-
falligkeit der Gegend ganz eigenthümlich erhöht wird. Die Villa
der Pasta befindet sich am ersten Bassin. Wenn man vom Como-
See aus hinkommt, so erblickt man zuerst die Nebengebäude; die
Hauptwohnung ist weiter zurückgedrängt, hinter einer Terrasse, die
mit großen Bäumen bepflanzt ist. Wenn man der Villa gegen¬
über steht, so hat man ein allerliebstes Panorama; fünf oder sechs
Gebäude von verschiedener Form und Größe werden von Gärten,
Alleen und Terrassen durchzogen und umschlungen. Das Hauptge¬
bäude mit seiner Säulenfa^abe ist im schönen architektonischen Style
und gleicht der Außenseite eines kleinen Theaters. Hier empfängt
die Dame des Hauses und zugleich befinden sich hier die Gastzim¬
mer für die Fremden, die für mehrere Tage von der liebenswürdigen
Wirthin zurückgehalten werden. Am Ende des ersten Gartens be¬
findet sich ein anderes Gebäude, welches die Pasta und ihre Fami¬
lie selbst bewohnt; seitwärts befindet sich die Hauskapelle und noch
weiter hinten ein allerliebstes Häuschen, welches zur Herbstwohnung
dient. Badegewölbe, Treppen, kleine Basteien, Terrassen und Bo¬
gengänge zieren diese reizende Villa noch ganz besonders.

Eine Barke führte mich über den See zu diesem zauberischen
Wohnorte ; die Freundlichkeit des Empfangs überstieg meine Erwar¬
tung, Nicht blos, daß ich zum Diner, womit gewöhnlich jedes Em¬
pfehlungsschreiben abgefertigt wird, geladen wurde; kaum halte ich
im Laufe des Gesprächs geäußert, daß ich gesonnen sei, an den
Ufern dieses magischen Sees einige Tage zuzubringen, so wurde
heimlich nach dem Gasthofe, wo ich abgestiegen, hingeschickt, um


Hier übte sie, namentlich des Sommers über, dis zuvorkommendste
und liebenswürdigste Gastfreundschaft aus. Familienfreunde, Künst¬
ler und ausgezeichnete Fremde bildeten da eine ewige Caravane.
Juditha Pasta ist als Weib eben so liebenswürdig, wie als Künst¬
lerin bewundernswerth; «ö ist eine einfache Frau, gutmüthig, nach¬
sichtsvoll und doch geistreich. Welcher Reisende, der nach Mailand
kommt, wird nicht den Como-See besuchen? Ich konnte es um so
weniger unterlassen, da ich unter meinen Empfehlungsbriefen auch
einen an die berühmte Sängerin mit mir führte. Von Mailand
nach der kleinen Stadt Como sind nur wenige Stunden. Der Co¬
mo-See bildet eine Reihe von Wasserbecken, welche durch kleine
Borgebirge von einander abgetheilt sind, wodurch die Manig-
falligkeit der Gegend ganz eigenthümlich erhöht wird. Die Villa
der Pasta befindet sich am ersten Bassin. Wenn man vom Como-
See aus hinkommt, so erblickt man zuerst die Nebengebäude; die
Hauptwohnung ist weiter zurückgedrängt, hinter einer Terrasse, die
mit großen Bäumen bepflanzt ist. Wenn man der Villa gegen¬
über steht, so hat man ein allerliebstes Panorama; fünf oder sechs
Gebäude von verschiedener Form und Größe werden von Gärten,
Alleen und Terrassen durchzogen und umschlungen. Das Hauptge¬
bäude mit seiner Säulenfa^abe ist im schönen architektonischen Style
und gleicht der Außenseite eines kleinen Theaters. Hier empfängt
die Dame des Hauses und zugleich befinden sich hier die Gastzim¬
mer für die Fremden, die für mehrere Tage von der liebenswürdigen
Wirthin zurückgehalten werden. Am Ende des ersten Gartens be¬
findet sich ein anderes Gebäude, welches die Pasta und ihre Fami¬
lie selbst bewohnt; seitwärts befindet sich die Hauskapelle und noch
weiter hinten ein allerliebstes Häuschen, welches zur Herbstwohnung
dient. Badegewölbe, Treppen, kleine Basteien, Terrassen und Bo¬
gengänge zieren diese reizende Villa noch ganz besonders.

Eine Barke führte mich über den See zu diesem zauberischen
Wohnorte ; die Freundlichkeit des Empfangs überstieg meine Erwar¬
tung, Nicht blos, daß ich zum Diner, womit gewöhnlich jedes Em¬
pfehlungsschreiben abgefertigt wird, geladen wurde; kaum halte ich
im Laufe des Gesprächs geäußert, daß ich gesonnen sei, an den
Ufern dieses magischen Sees einige Tage zuzubringen, so wurde
heimlich nach dem Gasthofe, wo ich abgestiegen, hingeschickt, um


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[0058] Hier übte sie, namentlich des Sommers über, dis zuvorkommendste und liebenswürdigste Gastfreundschaft aus. Familienfreunde, Künst¬ ler und ausgezeichnete Fremde bildeten da eine ewige Caravane. Juditha Pasta ist als Weib eben so liebenswürdig, wie als Künst¬ lerin bewundernswerth; «ö ist eine einfache Frau, gutmüthig, nach¬ sichtsvoll und doch geistreich. Welcher Reisende, der nach Mailand kommt, wird nicht den Como-See besuchen? Ich konnte es um so weniger unterlassen, da ich unter meinen Empfehlungsbriefen auch einen an die berühmte Sängerin mit mir führte. Von Mailand nach der kleinen Stadt Como sind nur wenige Stunden. Der Co¬ mo-See bildet eine Reihe von Wasserbecken, welche durch kleine Borgebirge von einander abgetheilt sind, wodurch die Manig- falligkeit der Gegend ganz eigenthümlich erhöht wird. Die Villa der Pasta befindet sich am ersten Bassin. Wenn man vom Como- See aus hinkommt, so erblickt man zuerst die Nebengebäude; die Hauptwohnung ist weiter zurückgedrängt, hinter einer Terrasse, die mit großen Bäumen bepflanzt ist. Wenn man der Villa gegen¬ über steht, so hat man ein allerliebstes Panorama; fünf oder sechs Gebäude von verschiedener Form und Größe werden von Gärten, Alleen und Terrassen durchzogen und umschlungen. Das Hauptge¬ bäude mit seiner Säulenfa^abe ist im schönen architektonischen Style und gleicht der Außenseite eines kleinen Theaters. Hier empfängt die Dame des Hauses und zugleich befinden sich hier die Gastzim¬ mer für die Fremden, die für mehrere Tage von der liebenswürdigen Wirthin zurückgehalten werden. Am Ende des ersten Gartens be¬ findet sich ein anderes Gebäude, welches die Pasta und ihre Fami¬ lie selbst bewohnt; seitwärts befindet sich die Hauskapelle und noch weiter hinten ein allerliebstes Häuschen, welches zur Herbstwohnung dient. Badegewölbe, Treppen, kleine Basteien, Terrassen und Bo¬ gengänge zieren diese reizende Villa noch ganz besonders. Eine Barke führte mich über den See zu diesem zauberischen Wohnorte ; die Freundlichkeit des Empfangs überstieg meine Erwar¬ tung, Nicht blos, daß ich zum Diner, womit gewöhnlich jedes Em¬ pfehlungsschreiben abgefertigt wird, geladen wurde; kaum halte ich im Laufe des Gesprächs geäußert, daß ich gesonnen sei, an den Ufern dieses magischen Sees einige Tage zuzubringen, so wurde heimlich nach dem Gasthofe, wo ich abgestiegen, hingeschickt, um

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/58>, abgerufen am 23.07.2024.