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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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lands von..Lothar's Reiche angenommen wurde, so hat erstens diese
Theilung bekanntlich nicht Stand gehalten, andrer Seits aber zeigte
der Verfolg und zeigt es im Volke bis auf den heutigen Tag, daß
das deutsche Volk aus der linken Seite des Rheines sich bis zu den
oberländischen Alpen, den Vogesen, Ardennen, und weiter unten bis
zum Meere ausdehnte.

Wenn man im Jahre 1845 das von Ludwig XIV. ungerecht
eroberte Elsaß, ich weiß nicht aus welcher Politik, dem französi¬
schen Reiche einverleibt ließ, so stand es im Jahr 1830 nach allem
Völkerrecht jener echt deutschen Provinz frei, sich dem deutschen
Staatsverbande wieder anzuschließen, was auch wahrscheinlich ge¬
schehen wäre, wenn nur die deutschen Regierungsverfassungen ein
wenig lockender gewesen wären.

Dadurch aber wäre Frankreich auf seine wahren Grenzen be¬
schränkt worden, und der Vorwand wäre ihm genommen, nach wel¬
chem man sagn Frankreich geht im Elsaß bis an den Rhein, schließt
hier deutsch redende Franzosen ein, warum sollte nicht aus demselben
Grunde das ganze linke Rheinufer und Belgien mit, trotz andrer
Sprache und verschiedener Sitte, ebenfalls zu Frankreich gehören
können, da ja nach Cäsar und dem Verduner Vertrage die Grenzen
Deutschlands einmal blos bis an den Rhein gingen.

Aber derjenige, welcher die Länder nicht wie ein Stück Waare
betrachtet, das man nach Willkür in dem Ausschlag der Waffen
bald diesem, bald jenem Reiche einverleibt, wer nach dem Unterschiede
von Sprache und Sitte die Völkereintheilungen anstellt, der findet
leicht, daß Frankreich sich nirgends bis zum Rhein erstreckt, daß, wie
gesagt, die Vogesen und die Ardennen und die hohe Been seine
Grenzen gegen Deutschland zu bilden, daß aber der Rhein in seinem
ganzen Flußgebiete, vom Ursprünge bis zur Mündung, wahrhaft
deutsch ist.

Wenn auch nicht in der ganzen Ausdehnung von der Quelle
bis zum Ausfluß, finden wir doch die oben angeführte Wahrheit,
daß ein Fluß und sein Gebiet eher die Vereinigung als die Trennung
gebildeter Volksstämme constituiren, mehr oder weniger bei allen
StrömeK bestätigt.

So zeigt auch die Maas, wenn sie schon in ihrem obern Theile
französisch, in der Mitte wallonisch und gegen ihren Ausfluß hin


lands von..Lothar's Reiche angenommen wurde, so hat erstens diese
Theilung bekanntlich nicht Stand gehalten, andrer Seits aber zeigte
der Verfolg und zeigt es im Volke bis auf den heutigen Tag, daß
das deutsche Volk aus der linken Seite des Rheines sich bis zu den
oberländischen Alpen, den Vogesen, Ardennen, und weiter unten bis
zum Meere ausdehnte.

Wenn man im Jahre 1845 das von Ludwig XIV. ungerecht
eroberte Elsaß, ich weiß nicht aus welcher Politik, dem französi¬
schen Reiche einverleibt ließ, so stand es im Jahr 1830 nach allem
Völkerrecht jener echt deutschen Provinz frei, sich dem deutschen
Staatsverbande wieder anzuschließen, was auch wahrscheinlich ge¬
schehen wäre, wenn nur die deutschen Regierungsverfassungen ein
wenig lockender gewesen wären.

Dadurch aber wäre Frankreich auf seine wahren Grenzen be¬
schränkt worden, und der Vorwand wäre ihm genommen, nach wel¬
chem man sagn Frankreich geht im Elsaß bis an den Rhein, schließt
hier deutsch redende Franzosen ein, warum sollte nicht aus demselben
Grunde das ganze linke Rheinufer und Belgien mit, trotz andrer
Sprache und verschiedener Sitte, ebenfalls zu Frankreich gehören
können, da ja nach Cäsar und dem Verduner Vertrage die Grenzen
Deutschlands einmal blos bis an den Rhein gingen.

Aber derjenige, welcher die Länder nicht wie ein Stück Waare
betrachtet, das man nach Willkür in dem Ausschlag der Waffen
bald diesem, bald jenem Reiche einverleibt, wer nach dem Unterschiede
von Sprache und Sitte die Völkereintheilungen anstellt, der findet
leicht, daß Frankreich sich nirgends bis zum Rhein erstreckt, daß, wie
gesagt, die Vogesen und die Ardennen und die hohe Been seine
Grenzen gegen Deutschland zu bilden, daß aber der Rhein in seinem
ganzen Flußgebiete, vom Ursprünge bis zur Mündung, wahrhaft
deutsch ist.

Wenn auch nicht in der ganzen Ausdehnung von der Quelle
bis zum Ausfluß, finden wir doch die oben angeführte Wahrheit,
daß ein Fluß und sein Gebiet eher die Vereinigung als die Trennung
gebildeter Volksstämme constituiren, mehr oder weniger bei allen
StrömeK bestätigt.

So zeigt auch die Maas, wenn sie schon in ihrem obern Theile
französisch, in der Mitte wallonisch und gegen ihren Ausfluß hin


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[0466] lands von..Lothar's Reiche angenommen wurde, so hat erstens diese Theilung bekanntlich nicht Stand gehalten, andrer Seits aber zeigte der Verfolg und zeigt es im Volke bis auf den heutigen Tag, daß das deutsche Volk aus der linken Seite des Rheines sich bis zu den oberländischen Alpen, den Vogesen, Ardennen, und weiter unten bis zum Meere ausdehnte. Wenn man im Jahre 1845 das von Ludwig XIV. ungerecht eroberte Elsaß, ich weiß nicht aus welcher Politik, dem französi¬ schen Reiche einverleibt ließ, so stand es im Jahr 1830 nach allem Völkerrecht jener echt deutschen Provinz frei, sich dem deutschen Staatsverbande wieder anzuschließen, was auch wahrscheinlich ge¬ schehen wäre, wenn nur die deutschen Regierungsverfassungen ein wenig lockender gewesen wären. Dadurch aber wäre Frankreich auf seine wahren Grenzen be¬ schränkt worden, und der Vorwand wäre ihm genommen, nach wel¬ chem man sagn Frankreich geht im Elsaß bis an den Rhein, schließt hier deutsch redende Franzosen ein, warum sollte nicht aus demselben Grunde das ganze linke Rheinufer und Belgien mit, trotz andrer Sprache und verschiedener Sitte, ebenfalls zu Frankreich gehören können, da ja nach Cäsar und dem Verduner Vertrage die Grenzen Deutschlands einmal blos bis an den Rhein gingen. Aber derjenige, welcher die Länder nicht wie ein Stück Waare betrachtet, das man nach Willkür in dem Ausschlag der Waffen bald diesem, bald jenem Reiche einverleibt, wer nach dem Unterschiede von Sprache und Sitte die Völkereintheilungen anstellt, der findet leicht, daß Frankreich sich nirgends bis zum Rhein erstreckt, daß, wie gesagt, die Vogesen und die Ardennen und die hohe Been seine Grenzen gegen Deutschland zu bilden, daß aber der Rhein in seinem ganzen Flußgebiete, vom Ursprünge bis zur Mündung, wahrhaft deutsch ist. Wenn auch nicht in der ganzen Ausdehnung von der Quelle bis zum Ausfluß, finden wir doch die oben angeführte Wahrheit, daß ein Fluß und sein Gebiet eher die Vereinigung als die Trennung gebildeter Volksstämme constituiren, mehr oder weniger bei allen StrömeK bestätigt. So zeigt auch die Maas, wenn sie schon in ihrem obern Theile französisch, in der Mitte wallonisch und gegen ihren Ausfluß hin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/466>, abgerufen am 23.07.2024.