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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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"Meine Herren von Cöln! Es begiebt sich Großes unter Ihnen."
Die Straßen sind hier so krumm, als wären es lauter Fragezeichen.
In der That, wenn man die engen, dunkeln Gassen der alten bischöf¬
lichen Stadt durchzieht, so glaubt man eher, daß sie der Ver¬
gangenheit als der Zukunft angehören. Erst draußen am Rhein-
damm liest man in den grünen Fluthen des Stromes die ganze
Mission ihrer kommenden Tage. Ja die Geschichte ist göttlichen
Ursprunges, und mit goldenen Fäden knüpft sie das Verflossene
an das Werdende. Die französische Episode dieser Stadt ist heil¬
bringend für ganz Deutschland geworden: die neue Herrschaft muß
die Zeiten der alten zu überbieten suchen. Darum wird Rheinpreußcn
mit glänzenderen Gaben beschenkt, als alle übrigen Provinzen dessel¬
ben Staates. Aber darf ein kluger Vater eins seiner Kinder auf
Kosten der andern bevorzugen? Gewiß nicht; und darin liegt die
Zukunft Preußens, daß alle seine Provinzen allmälig dieselben Rechte
erlangen müssen, die man Benjamin, dem Lieblingskind, in dessen
Kornsack man den goldenen Becher gefunden, zugestanden hat. Und
mit Preußen rückt Deutschland vor. Wer will noch läugnen, daß
die französische Revolution auch sür Deutschland wohlthätig ge¬
wesen? Indem ich die großen Rheinschiffe und die hundert kleinen
Nachen sah, welche ihre Waarenballen geschäftig bei Seite schafften,
um Platz zu der glänzenden Illumination zu machen, welche diese
Nacht den Weg des Königs erhellen sollte, da sah ich zugleich die
Zukunft der großen deutschen Handelswege vor mir geöffnet. Die
Rheinlands nöthigen früher, als alle andern, zur Eroberung deutscher
Häfen, zur Eroberung eines deutschen Meeres, zur direkten Verbindung
mit überseeischen Colonien und so ist es doch wahr, "meine Herren
von Cöln! Es begtebt sich Großes unter Ihnen!" --

Herkömmlicher Weise ging ich, das Handwerk zu begrüßen:
vor Allem nach dem Bureau der Rheinischen Zeitung, das meines
Erachtens zu den ersten Merkwürdigkeiten Cölns zählt. Die Rhei¬
nische Zeitung kann für die deutsche Presse das werden, was der
Kölnische Hasen für den deutschen Handel werden muß: die
Presse und der Rheinstrom müssen frei werden, ^us^u'-t I", mer.
Die Zusagen, welche auf dem Wiener Congresse der deutschen Nation
gemacht worden, müssen ihre wahre Erfüllung erhalten, nicht bis
an's Meer, sondern bis in'S Meer muß die Strömung des denk-


„Meine Herren von Cöln! Es begiebt sich Großes unter Ihnen."
Die Straßen sind hier so krumm, als wären es lauter Fragezeichen.
In der That, wenn man die engen, dunkeln Gassen der alten bischöf¬
lichen Stadt durchzieht, so glaubt man eher, daß sie der Ver¬
gangenheit als der Zukunft angehören. Erst draußen am Rhein-
damm liest man in den grünen Fluthen des Stromes die ganze
Mission ihrer kommenden Tage. Ja die Geschichte ist göttlichen
Ursprunges, und mit goldenen Fäden knüpft sie das Verflossene
an das Werdende. Die französische Episode dieser Stadt ist heil¬
bringend für ganz Deutschland geworden: die neue Herrschaft muß
die Zeiten der alten zu überbieten suchen. Darum wird Rheinpreußcn
mit glänzenderen Gaben beschenkt, als alle übrigen Provinzen dessel¬
ben Staates. Aber darf ein kluger Vater eins seiner Kinder auf
Kosten der andern bevorzugen? Gewiß nicht; und darin liegt die
Zukunft Preußens, daß alle seine Provinzen allmälig dieselben Rechte
erlangen müssen, die man Benjamin, dem Lieblingskind, in dessen
Kornsack man den goldenen Becher gefunden, zugestanden hat. Und
mit Preußen rückt Deutschland vor. Wer will noch läugnen, daß
die französische Revolution auch sür Deutschland wohlthätig ge¬
wesen? Indem ich die großen Rheinschiffe und die hundert kleinen
Nachen sah, welche ihre Waarenballen geschäftig bei Seite schafften,
um Platz zu der glänzenden Illumination zu machen, welche diese
Nacht den Weg des Königs erhellen sollte, da sah ich zugleich die
Zukunft der großen deutschen Handelswege vor mir geöffnet. Die
Rheinlands nöthigen früher, als alle andern, zur Eroberung deutscher
Häfen, zur Eroberung eines deutschen Meeres, zur direkten Verbindung
mit überseeischen Colonien und so ist es doch wahr, „meine Herren
von Cöln! Es begtebt sich Großes unter Ihnen!" —

Herkömmlicher Weise ging ich, das Handwerk zu begrüßen:
vor Allem nach dem Bureau der Rheinischen Zeitung, das meines
Erachtens zu den ersten Merkwürdigkeiten Cölns zählt. Die Rhei¬
nische Zeitung kann für die deutsche Presse das werden, was der
Kölnische Hasen für den deutschen Handel werden muß: die
Presse und der Rheinstrom müssen frei werden, ^us^u'-t I», mer.
Die Zusagen, welche auf dem Wiener Congresse der deutschen Nation
gemacht worden, müssen ihre wahre Erfüllung erhalten, nicht bis
an's Meer, sondern bis in'S Meer muß die Strömung des denk-


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[0332] „Meine Herren von Cöln! Es begiebt sich Großes unter Ihnen." Die Straßen sind hier so krumm, als wären es lauter Fragezeichen. In der That, wenn man die engen, dunkeln Gassen der alten bischöf¬ lichen Stadt durchzieht, so glaubt man eher, daß sie der Ver¬ gangenheit als der Zukunft angehören. Erst draußen am Rhein- damm liest man in den grünen Fluthen des Stromes die ganze Mission ihrer kommenden Tage. Ja die Geschichte ist göttlichen Ursprunges, und mit goldenen Fäden knüpft sie das Verflossene an das Werdende. Die französische Episode dieser Stadt ist heil¬ bringend für ganz Deutschland geworden: die neue Herrschaft muß die Zeiten der alten zu überbieten suchen. Darum wird Rheinpreußcn mit glänzenderen Gaben beschenkt, als alle übrigen Provinzen dessel¬ ben Staates. Aber darf ein kluger Vater eins seiner Kinder auf Kosten der andern bevorzugen? Gewiß nicht; und darin liegt die Zukunft Preußens, daß alle seine Provinzen allmälig dieselben Rechte erlangen müssen, die man Benjamin, dem Lieblingskind, in dessen Kornsack man den goldenen Becher gefunden, zugestanden hat. Und mit Preußen rückt Deutschland vor. Wer will noch läugnen, daß die französische Revolution auch sür Deutschland wohlthätig ge¬ wesen? Indem ich die großen Rheinschiffe und die hundert kleinen Nachen sah, welche ihre Waarenballen geschäftig bei Seite schafften, um Platz zu der glänzenden Illumination zu machen, welche diese Nacht den Weg des Königs erhellen sollte, da sah ich zugleich die Zukunft der großen deutschen Handelswege vor mir geöffnet. Die Rheinlands nöthigen früher, als alle andern, zur Eroberung deutscher Häfen, zur Eroberung eines deutschen Meeres, zur direkten Verbindung mit überseeischen Colonien und so ist es doch wahr, „meine Herren von Cöln! Es begtebt sich Großes unter Ihnen!" — Herkömmlicher Weise ging ich, das Handwerk zu begrüßen: vor Allem nach dem Bureau der Rheinischen Zeitung, das meines Erachtens zu den ersten Merkwürdigkeiten Cölns zählt. Die Rhei¬ nische Zeitung kann für die deutsche Presse das werden, was der Kölnische Hasen für den deutschen Handel werden muß: die Presse und der Rheinstrom müssen frei werden, ^us^u'-t I», mer. Die Zusagen, welche auf dem Wiener Congresse der deutschen Nation gemacht worden, müssen ihre wahre Erfüllung erhalten, nicht bis an's Meer, sondern bis in'S Meer muß die Strömung des denk-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/332>, abgerufen am 23.07.2024.