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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Der Kampf der Menschen mit der Materie wird schnell sein
Ende erreicht, er wird sie bald bezwungen und seinen Bedürfnissen
unterworfen haben, wie er schon so viele Gegenstände sich angeeig¬
net hat, sobald nur erst die Regierungen werden allgemeiner begrif¬
fen haben, wie es eine Forderung der Gerechtigkeit ist, daß sie das
geistige Eigenthum gleich dem Grund- und Geldbesitz unter ihren
Schutz und Schirm nehmen. Wir glauben und bekennen uns frei
zu diesem Glauben, daß dasjenige Land, das zuerst in seinen Ge¬
setzen dem in Maschinen zur Materie gewordenen Gedanken gleiche
Rechte mit dem in Druckwerken veröffentlichten Gedanken verleihen
und das den Erfindern dieselben Begünstigungen, wie den Schrift¬
stellern angedeihen lassen wird, -- dieses Land, glauben wir, wird
unstreitig in kurzer Zeit einen sicherern Sieg, als Waffen erfechten
können, über alle Nachbarstaaten davontragen.

Wenn ein ErsindungSpatent als ein werthvolles, sicheres Be-
sitzthum sich zeigen wird, dann werden eine Menge genialer Men¬
schen sich auf die Carriere werfen, in der noch so viele Cntdck-
kungen zu machen sind, in die Carriere der praktischen Naturwissen-
schaft. Die Kapitalisten werden alsdann nicht mehr anstehen, Geld
für dergleichen Privilegien herzuschießen, sobald ihre Dauer ihnen
hinreichend dünken wird, um sie später für die Opfer zu entschädi¬
gen, welche erste Versuche stets erfordern; dagegen haben sie jetzi
vollkommen Recht, wenn sie auf Brevets für fünf, zehn, fünfzehn Jahre
Nichts wagen wollen, da diese ein wahrer Spott sind, indem man
fast für jede neue Entdeckung so viel Zeit braucht, um ihr nur eine
Bahn in's Publikum zu brechen, so daß der eigentliche Nutzen der
Erfindungen selten oder fast nie den Urhebern derselben zukommt,
sondern meist denen, welche mit frischen Mitteln auf die Bahn tre¬
ten, nachdem der Erfinder die groben Steine des Anstoßes daraus
hinweggeräumt und dabei seine Kräfte in jeder Beziehung erschöpft
hat. Der beste Beweis sür die Nichtigkeit meiner Ansicht ist mir,
daß der berühmte Gelehrte und Deputate Arago, der früher die
völlige Aufhebung der Patente verlangte, weil sie eine Schranke
und Hemmung für die freie Entwicklung der Industrie seien, das
Irrige dieser Ansichten eingesehen hat und von ihnen gänzlich zurück¬
gekommen ist; ein Verdienst, das Schreiber dieser Zeilen zum Theil
seinen Ansichten, die er diesem berühmten Manne auseinanderzusetzen


Der Kampf der Menschen mit der Materie wird schnell sein
Ende erreicht, er wird sie bald bezwungen und seinen Bedürfnissen
unterworfen haben, wie er schon so viele Gegenstände sich angeeig¬
net hat, sobald nur erst die Regierungen werden allgemeiner begrif¬
fen haben, wie es eine Forderung der Gerechtigkeit ist, daß sie das
geistige Eigenthum gleich dem Grund- und Geldbesitz unter ihren
Schutz und Schirm nehmen. Wir glauben und bekennen uns frei
zu diesem Glauben, daß dasjenige Land, das zuerst in seinen Ge¬
setzen dem in Maschinen zur Materie gewordenen Gedanken gleiche
Rechte mit dem in Druckwerken veröffentlichten Gedanken verleihen
und das den Erfindern dieselben Begünstigungen, wie den Schrift¬
stellern angedeihen lassen wird, — dieses Land, glauben wir, wird
unstreitig in kurzer Zeit einen sicherern Sieg, als Waffen erfechten
können, über alle Nachbarstaaten davontragen.

Wenn ein ErsindungSpatent als ein werthvolles, sicheres Be-
sitzthum sich zeigen wird, dann werden eine Menge genialer Men¬
schen sich auf die Carriere werfen, in der noch so viele Cntdck-
kungen zu machen sind, in die Carriere der praktischen Naturwissen-
schaft. Die Kapitalisten werden alsdann nicht mehr anstehen, Geld
für dergleichen Privilegien herzuschießen, sobald ihre Dauer ihnen
hinreichend dünken wird, um sie später für die Opfer zu entschädi¬
gen, welche erste Versuche stets erfordern; dagegen haben sie jetzi
vollkommen Recht, wenn sie auf Brevets für fünf, zehn, fünfzehn Jahre
Nichts wagen wollen, da diese ein wahrer Spott sind, indem man
fast für jede neue Entdeckung so viel Zeit braucht, um ihr nur eine
Bahn in's Publikum zu brechen, so daß der eigentliche Nutzen der
Erfindungen selten oder fast nie den Urhebern derselben zukommt,
sondern meist denen, welche mit frischen Mitteln auf die Bahn tre¬
ten, nachdem der Erfinder die groben Steine des Anstoßes daraus
hinweggeräumt und dabei seine Kräfte in jeder Beziehung erschöpft
hat. Der beste Beweis sür die Nichtigkeit meiner Ansicht ist mir,
daß der berühmte Gelehrte und Deputate Arago, der früher die
völlige Aufhebung der Patente verlangte, weil sie eine Schranke
und Hemmung für die freie Entwicklung der Industrie seien, das
Irrige dieser Ansichten eingesehen hat und von ihnen gänzlich zurück¬
gekommen ist; ein Verdienst, das Schreiber dieser Zeilen zum Theil
seinen Ansichten, die er diesem berühmten Manne auseinanderzusetzen


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[0324] Der Kampf der Menschen mit der Materie wird schnell sein Ende erreicht, er wird sie bald bezwungen und seinen Bedürfnissen unterworfen haben, wie er schon so viele Gegenstände sich angeeig¬ net hat, sobald nur erst die Regierungen werden allgemeiner begrif¬ fen haben, wie es eine Forderung der Gerechtigkeit ist, daß sie das geistige Eigenthum gleich dem Grund- und Geldbesitz unter ihren Schutz und Schirm nehmen. Wir glauben und bekennen uns frei zu diesem Glauben, daß dasjenige Land, das zuerst in seinen Ge¬ setzen dem in Maschinen zur Materie gewordenen Gedanken gleiche Rechte mit dem in Druckwerken veröffentlichten Gedanken verleihen und das den Erfindern dieselben Begünstigungen, wie den Schrift¬ stellern angedeihen lassen wird, — dieses Land, glauben wir, wird unstreitig in kurzer Zeit einen sicherern Sieg, als Waffen erfechten können, über alle Nachbarstaaten davontragen. Wenn ein ErsindungSpatent als ein werthvolles, sicheres Be- sitzthum sich zeigen wird, dann werden eine Menge genialer Men¬ schen sich auf die Carriere werfen, in der noch so viele Cntdck- kungen zu machen sind, in die Carriere der praktischen Naturwissen- schaft. Die Kapitalisten werden alsdann nicht mehr anstehen, Geld für dergleichen Privilegien herzuschießen, sobald ihre Dauer ihnen hinreichend dünken wird, um sie später für die Opfer zu entschädi¬ gen, welche erste Versuche stets erfordern; dagegen haben sie jetzi vollkommen Recht, wenn sie auf Brevets für fünf, zehn, fünfzehn Jahre Nichts wagen wollen, da diese ein wahrer Spott sind, indem man fast für jede neue Entdeckung so viel Zeit braucht, um ihr nur eine Bahn in's Publikum zu brechen, so daß der eigentliche Nutzen der Erfindungen selten oder fast nie den Urhebern derselben zukommt, sondern meist denen, welche mit frischen Mitteln auf die Bahn tre¬ ten, nachdem der Erfinder die groben Steine des Anstoßes daraus hinweggeräumt und dabei seine Kräfte in jeder Beziehung erschöpft hat. Der beste Beweis sür die Nichtigkeit meiner Ansicht ist mir, daß der berühmte Gelehrte und Deputate Arago, der früher die völlige Aufhebung der Patente verlangte, weil sie eine Schranke und Hemmung für die freie Entwicklung der Industrie seien, das Irrige dieser Ansichten eingesehen hat und von ihnen gänzlich zurück¬ gekommen ist; ein Verdienst, das Schreiber dieser Zeilen zum Theil seinen Ansichten, die er diesem berühmten Manne auseinanderzusetzen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/324>, abgerufen am 26.08.2024.