Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

auch nicht anstehen, seine Ideen hier wiederzugeben, um so mehr, da uns
seine Darstellung die möglichst erschöpfende und entscheidende scheint.

"Zunächst," sagt er, "ist der Gebrauch der Maschinen etwas, das
über allem Streite steht. Selbst wenn große Uebel aus ihrer An¬
wendung hervorgingen, könnte man sie nicht abweisen. Ein Volk,
das die neuen Entdeckungen in dem oder jenem Industriezweige
nicht annähme, während seine Nachbarn rings herum es thäten,
würde sich offenbar in einen untergeordneten Zustand versetzen. Es
könnte nicht allein auf keinem fremden Markte mehr concurriren,
sondern selbst sein eigener innerer Markt würde ihm nicht bleiben.
Ein zahlreicher Schmuggelhandel würde an den Grenzen eingerichtet
werden, sobald er gegen die hohen Schutzzölle einen bedeutenden
Gewinn darböte, so daß die Fabrikanten des Landes dadurch, daß
sie auf ihren alten Produktionsweisen beständen und nicht mit der
Zeit fortschreiten wollten, bald genöthigt sein würden, ihre Arbeiten
einzustellen."

"Wir wollen unsere Leser zum Beleg für diese Meinung nur
bitten, einen Blick auf Spanien und Portugal und die Verhältnisse
dieser Länder zu den großen Fabriknationen, besonders zu Frankreich
und England zu werfen."

"Wenn die Arbeiter durch die Einführung der Maschinen auf
einen geringern Arbeitslohn herabgekommen sind, so mögen sie beden¬
ken, daß sie ohne denselben vielleicht gar nichts zu thun hätten.
Heutzutage müssen die Völker entweder aller Industrie entsagen oder
aus der Bahn des Fortschrittes gehen. Um die Anwendung neuer
industrieller Erfindungen und ihre Folgen für den Arbeitslohn zu
verhindern, müßten alle civilisirten Nationen dahin übereinkommen,
keine Maschinen mehr anzunehmen, wodurch die Arbeit vereinfacht
würde. Diese Uebereinstimmung aber, selbst wenn sie möglich wäre,
wie sie unmöglich ist, würde eben so widersinnig als nachtheilig in
ihren Folgen sein."

"Die Folgen der Maschinen sind, wenn man die ersten, nicht
einmal allgemeinen Wirrnisse nur überstanden hat, auf die Länge
eine größere Summe-von Arbeitslohn, die freilich auch unter eine
verhältnißmäßige Anzahl von Arbeitern vertheilt wird ^). Alles


*) Einen Beleg hiefür bietet die Spitzenfabrikation in England, die vor

auch nicht anstehen, seine Ideen hier wiederzugeben, um so mehr, da uns
seine Darstellung die möglichst erschöpfende und entscheidende scheint.

„Zunächst," sagt er, „ist der Gebrauch der Maschinen etwas, das
über allem Streite steht. Selbst wenn große Uebel aus ihrer An¬
wendung hervorgingen, könnte man sie nicht abweisen. Ein Volk,
das die neuen Entdeckungen in dem oder jenem Industriezweige
nicht annähme, während seine Nachbarn rings herum es thäten,
würde sich offenbar in einen untergeordneten Zustand versetzen. Es
könnte nicht allein auf keinem fremden Markte mehr concurriren,
sondern selbst sein eigener innerer Markt würde ihm nicht bleiben.
Ein zahlreicher Schmuggelhandel würde an den Grenzen eingerichtet
werden, sobald er gegen die hohen Schutzzölle einen bedeutenden
Gewinn darböte, so daß die Fabrikanten des Landes dadurch, daß
sie auf ihren alten Produktionsweisen beständen und nicht mit der
Zeit fortschreiten wollten, bald genöthigt sein würden, ihre Arbeiten
einzustellen."

„Wir wollen unsere Leser zum Beleg für diese Meinung nur
bitten, einen Blick auf Spanien und Portugal und die Verhältnisse
dieser Länder zu den großen Fabriknationen, besonders zu Frankreich
und England zu werfen."

„Wenn die Arbeiter durch die Einführung der Maschinen auf
einen geringern Arbeitslohn herabgekommen sind, so mögen sie beden¬
ken, daß sie ohne denselben vielleicht gar nichts zu thun hätten.
Heutzutage müssen die Völker entweder aller Industrie entsagen oder
aus der Bahn des Fortschrittes gehen. Um die Anwendung neuer
industrieller Erfindungen und ihre Folgen für den Arbeitslohn zu
verhindern, müßten alle civilisirten Nationen dahin übereinkommen,
keine Maschinen mehr anzunehmen, wodurch die Arbeit vereinfacht
würde. Diese Uebereinstimmung aber, selbst wenn sie möglich wäre,
wie sie unmöglich ist, würde eben so widersinnig als nachtheilig in
ihren Folgen sein."

„Die Folgen der Maschinen sind, wenn man die ersten, nicht
einmal allgemeinen Wirrnisse nur überstanden hat, auf die Länge
eine größere Summe-von Arbeitslohn, die freilich auch unter eine
verhältnißmäßige Anzahl von Arbeitern vertheilt wird ^). Alles


*) Einen Beleg hiefür bietet die Spitzenfabrikation in England, die vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266937"/>
          <p xml:id="ID_859" prev="#ID_858"> auch nicht anstehen, seine Ideen hier wiederzugeben, um so mehr, da uns<lb/>
seine Darstellung die möglichst erschöpfende und entscheidende scheint.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_860"> &#x201E;Zunächst," sagt er, &#x201E;ist der Gebrauch der Maschinen etwas, das<lb/>
über allem Streite steht. Selbst wenn große Uebel aus ihrer An¬<lb/>
wendung hervorgingen, könnte man sie nicht abweisen. Ein Volk,<lb/>
das die neuen Entdeckungen in dem oder jenem Industriezweige<lb/>
nicht annähme, während seine Nachbarn rings herum es thäten,<lb/>
würde sich offenbar in einen untergeordneten Zustand versetzen. Es<lb/>
könnte nicht allein auf keinem fremden Markte mehr concurriren,<lb/>
sondern selbst sein eigener innerer Markt würde ihm nicht bleiben.<lb/>
Ein zahlreicher Schmuggelhandel würde an den Grenzen eingerichtet<lb/>
werden, sobald er gegen die hohen Schutzzölle einen bedeutenden<lb/>
Gewinn darböte, so daß die Fabrikanten des Landes dadurch, daß<lb/>
sie auf ihren alten Produktionsweisen beständen und nicht mit der<lb/>
Zeit fortschreiten wollten, bald genöthigt sein würden, ihre Arbeiten<lb/>
einzustellen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_861"> &#x201E;Wir wollen unsere Leser zum Beleg für diese Meinung nur<lb/>
bitten, einen Blick auf Spanien und Portugal und die Verhältnisse<lb/>
dieser Länder zu den großen Fabriknationen, besonders zu Frankreich<lb/>
und England zu werfen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_862"> &#x201E;Wenn die Arbeiter durch die Einführung der Maschinen auf<lb/>
einen geringern Arbeitslohn herabgekommen sind, so mögen sie beden¬<lb/>
ken, daß sie ohne denselben vielleicht gar nichts zu thun hätten.<lb/>
Heutzutage müssen die Völker entweder aller Industrie entsagen oder<lb/>
aus der Bahn des Fortschrittes gehen. Um die Anwendung neuer<lb/>
industrieller Erfindungen und ihre Folgen für den Arbeitslohn zu<lb/>
verhindern, müßten alle civilisirten Nationen dahin übereinkommen,<lb/>
keine Maschinen mehr anzunehmen, wodurch die Arbeit vereinfacht<lb/>
würde. Diese Uebereinstimmung aber, selbst wenn sie möglich wäre,<lb/>
wie sie unmöglich ist, würde eben so widersinnig als nachtheilig in<lb/>
ihren Folgen sein."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_863" next="#ID_864"> &#x201E;Die Folgen der Maschinen sind, wenn man die ersten, nicht<lb/>
einmal allgemeinen Wirrnisse nur überstanden hat, auf die Länge<lb/>
eine größere Summe-von Arbeitslohn, die freilich auch unter eine<lb/>
verhältnißmäßige Anzahl von Arbeitern vertheilt wird ^). Alles</p><lb/>
          <note xml:id="FID_25" prev="#FID_24" place="foot" next="#FID_26"> *) Einen Beleg hiefür bietet die Spitzenfabrikation in England, die vor</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0320] auch nicht anstehen, seine Ideen hier wiederzugeben, um so mehr, da uns seine Darstellung die möglichst erschöpfende und entscheidende scheint. „Zunächst," sagt er, „ist der Gebrauch der Maschinen etwas, das über allem Streite steht. Selbst wenn große Uebel aus ihrer An¬ wendung hervorgingen, könnte man sie nicht abweisen. Ein Volk, das die neuen Entdeckungen in dem oder jenem Industriezweige nicht annähme, während seine Nachbarn rings herum es thäten, würde sich offenbar in einen untergeordneten Zustand versetzen. Es könnte nicht allein auf keinem fremden Markte mehr concurriren, sondern selbst sein eigener innerer Markt würde ihm nicht bleiben. Ein zahlreicher Schmuggelhandel würde an den Grenzen eingerichtet werden, sobald er gegen die hohen Schutzzölle einen bedeutenden Gewinn darböte, so daß die Fabrikanten des Landes dadurch, daß sie auf ihren alten Produktionsweisen beständen und nicht mit der Zeit fortschreiten wollten, bald genöthigt sein würden, ihre Arbeiten einzustellen." „Wir wollen unsere Leser zum Beleg für diese Meinung nur bitten, einen Blick auf Spanien und Portugal und die Verhältnisse dieser Länder zu den großen Fabriknationen, besonders zu Frankreich und England zu werfen." „Wenn die Arbeiter durch die Einführung der Maschinen auf einen geringern Arbeitslohn herabgekommen sind, so mögen sie beden¬ ken, daß sie ohne denselben vielleicht gar nichts zu thun hätten. Heutzutage müssen die Völker entweder aller Industrie entsagen oder aus der Bahn des Fortschrittes gehen. Um die Anwendung neuer industrieller Erfindungen und ihre Folgen für den Arbeitslohn zu verhindern, müßten alle civilisirten Nationen dahin übereinkommen, keine Maschinen mehr anzunehmen, wodurch die Arbeit vereinfacht würde. Diese Uebereinstimmung aber, selbst wenn sie möglich wäre, wie sie unmöglich ist, würde eben so widersinnig als nachtheilig in ihren Folgen sein." „Die Folgen der Maschinen sind, wenn man die ersten, nicht einmal allgemeinen Wirrnisse nur überstanden hat, auf die Länge eine größere Summe-von Arbeitslohn, die freilich auch unter eine verhältnißmäßige Anzahl von Arbeitern vertheilt wird ^). Alles *) Einen Beleg hiefür bietet die Spitzenfabrikation in England, die vor

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/320
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/320>, abgerufen am 26.08.2024.