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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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pfchlen. Er muß häufig Halt machen und muß den Pferden wah¬
rend des Marsches erlauben, das Gras, das an den Seiten der
Landstraße wächst, abzuweiden; nie darf er sie dagegen abmüden
und muß sie stets sanft behandeln, damit sie nach und nach die Schlage
vergessen, die sie von ihren ersten Herrn, den Pferdehändlern, erhal¬
ten haben. Wenn die Reise nur einigermaßen lange dauert, so
werden dadurch mehrere anfangen, sich an den Anblick deö Menschen
zu gewöhnen, der ihrer wartet, und ihn als einen Freund und Wohl¬
thäter zu betrachten. Einige werden es sogar geduldig ertragen,
wenn man ihnen eine Halfter auflegte. Diejenigen, die krank gewesen
sind und eine sorgfältige Pflege und gute Behandlung gefunden
haben, werden die gelehrigsten und zeigen die meiste Zuneigung,
gleichsam, als wollten sie ihre Erkenntlichkeit für die Sorgfalt an
den Tag legen, die man ihnen hat zu Theil werden lassen. Denn
in der That ist das Roß ein edles, hochsinniges Thier und die
Fehler, die es annimmt, sind in den meisten Fällen der Erfolg einer
schlechten Erziehung.

Der Offizier, dem der Auftrag zu Theil geworden, ein Convoi
wilder Pferde herbeizuholen und der das Glück hat, sie in gutem
Zustande seinem Regimente zuzuführen, kann darauf, als auf einen
Erfolg, stolz sein. Bei seiner Ankunft wird ein Tagesbefehl bekannt
gemacht und die lobenswerthe Art darin erwähnt, auf die er seiner
Sendung sich entledigt hat. Dieß ist zwar die einzige Belohnung
unzähliger Mühen; für einen Mann von Ehrgefühl aber ist sie
eben so schmeichelhaft, als ehrenvoll.

Wir wollen nun zum Schlüsse noch einen kurzen Ueberblick
und eine relative Schätzung der verschiedenen Pferderacen geben, von
denen bisher in diesem Artikel die Rede gewesen.

Die schönsten Thiere kommen unstreitig aus den kaiserlichen
Stutereien; sie sind alle mehr oder minder von arabischer Abstam¬
mung und voll Feuer. Da sie aber oft von Beschälern erzeugt
werden, die schon sehr alt sind, so sind mehrere unter ihnen leicht
dem Unglück ausgesetzt, auf einem oder gar auf beiden Augen blind
zu werden. Die übrigen sind im Allgemeinen prachtvolle Thiere
und von einer außerordentlichen Stärke: man hat deren gesehen,
die zwanzig Jahre lang den Strapazen des Dienstes widerstanden


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pfchlen. Er muß häufig Halt machen und muß den Pferden wah¬
rend des Marsches erlauben, das Gras, das an den Seiten der
Landstraße wächst, abzuweiden; nie darf er sie dagegen abmüden
und muß sie stets sanft behandeln, damit sie nach und nach die Schlage
vergessen, die sie von ihren ersten Herrn, den Pferdehändlern, erhal¬
ten haben. Wenn die Reise nur einigermaßen lange dauert, so
werden dadurch mehrere anfangen, sich an den Anblick deö Menschen
zu gewöhnen, der ihrer wartet, und ihn als einen Freund und Wohl¬
thäter zu betrachten. Einige werden es sogar geduldig ertragen,
wenn man ihnen eine Halfter auflegte. Diejenigen, die krank gewesen
sind und eine sorgfältige Pflege und gute Behandlung gefunden
haben, werden die gelehrigsten und zeigen die meiste Zuneigung,
gleichsam, als wollten sie ihre Erkenntlichkeit für die Sorgfalt an
den Tag legen, die man ihnen hat zu Theil werden lassen. Denn
in der That ist das Roß ein edles, hochsinniges Thier und die
Fehler, die es annimmt, sind in den meisten Fällen der Erfolg einer
schlechten Erziehung.

Der Offizier, dem der Auftrag zu Theil geworden, ein Convoi
wilder Pferde herbeizuholen und der das Glück hat, sie in gutem
Zustande seinem Regimente zuzuführen, kann darauf, als auf einen
Erfolg, stolz sein. Bei seiner Ankunft wird ein Tagesbefehl bekannt
gemacht und die lobenswerthe Art darin erwähnt, auf die er seiner
Sendung sich entledigt hat. Dieß ist zwar die einzige Belohnung
unzähliger Mühen; für einen Mann von Ehrgefühl aber ist sie
eben so schmeichelhaft, als ehrenvoll.

Wir wollen nun zum Schlüsse noch einen kurzen Ueberblick
und eine relative Schätzung der verschiedenen Pferderacen geben, von
denen bisher in diesem Artikel die Rede gewesen.

Die schönsten Thiere kommen unstreitig aus den kaiserlichen
Stutereien; sie sind alle mehr oder minder von arabischer Abstam¬
mung und voll Feuer. Da sie aber oft von Beschälern erzeugt
werden, die schon sehr alt sind, so sind mehrere unter ihnen leicht
dem Unglück ausgesetzt, auf einem oder gar auf beiden Augen blind
zu werden. Die übrigen sind im Allgemeinen prachtvolle Thiere
und von einer außerordentlichen Stärke: man hat deren gesehen,
die zwanzig Jahre lang den Strapazen des Dienstes widerstanden


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[0291] pfchlen. Er muß häufig Halt machen und muß den Pferden wah¬ rend des Marsches erlauben, das Gras, das an den Seiten der Landstraße wächst, abzuweiden; nie darf er sie dagegen abmüden und muß sie stets sanft behandeln, damit sie nach und nach die Schlage vergessen, die sie von ihren ersten Herrn, den Pferdehändlern, erhal¬ ten haben. Wenn die Reise nur einigermaßen lange dauert, so werden dadurch mehrere anfangen, sich an den Anblick deö Menschen zu gewöhnen, der ihrer wartet, und ihn als einen Freund und Wohl¬ thäter zu betrachten. Einige werden es sogar geduldig ertragen, wenn man ihnen eine Halfter auflegte. Diejenigen, die krank gewesen sind und eine sorgfältige Pflege und gute Behandlung gefunden haben, werden die gelehrigsten und zeigen die meiste Zuneigung, gleichsam, als wollten sie ihre Erkenntlichkeit für die Sorgfalt an den Tag legen, die man ihnen hat zu Theil werden lassen. Denn in der That ist das Roß ein edles, hochsinniges Thier und die Fehler, die es annimmt, sind in den meisten Fällen der Erfolg einer schlechten Erziehung. Der Offizier, dem der Auftrag zu Theil geworden, ein Convoi wilder Pferde herbeizuholen und der das Glück hat, sie in gutem Zustande seinem Regimente zuzuführen, kann darauf, als auf einen Erfolg, stolz sein. Bei seiner Ankunft wird ein Tagesbefehl bekannt gemacht und die lobenswerthe Art darin erwähnt, auf die er seiner Sendung sich entledigt hat. Dieß ist zwar die einzige Belohnung unzähliger Mühen; für einen Mann von Ehrgefühl aber ist sie eben so schmeichelhaft, als ehrenvoll. Wir wollen nun zum Schlüsse noch einen kurzen Ueberblick und eine relative Schätzung der verschiedenen Pferderacen geben, von denen bisher in diesem Artikel die Rede gewesen. Die schönsten Thiere kommen unstreitig aus den kaiserlichen Stutereien; sie sind alle mehr oder minder von arabischer Abstam¬ mung und voll Feuer. Da sie aber oft von Beschälern erzeugt werden, die schon sehr alt sind, so sind mehrere unter ihnen leicht dem Unglück ausgesetzt, auf einem oder gar auf beiden Augen blind zu werden. Die übrigen sind im Allgemeinen prachtvolle Thiere und von einer außerordentlichen Stärke: man hat deren gesehen, die zwanzig Jahre lang den Strapazen des Dienstes widerstanden ^-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/291>, abgerufen am 26.08.2024.