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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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ihnen mit seinen Leuten und sucht mehr ihren Lauf zu lenken, als
ihn anzuhalten, bis sie, wenn das Unwetter endlich aufgehört hat,
erschöpft und ermüdet sich wieder ruhig in's Gehege zurückführen
lassen.

Jedoch gelingt dieses Mittel nicht immer. Zuweilen zerstreut
sich das Convoi nach allen Ecken und Enden des Horizonts hin und
es ist eine Sache der Unmöglichkeit, sie wieder zusammenzubringen.
Es bleibt dann nichts weiter übrig, als das Land zu durchstreifen,
um sie aufzufinden und den benachbarten Civil- und Militärbehör¬
den die genaue Beschreibung der einzelnen Pferde zu senden, damit
durch den Beistand derselben es den Bauern unmöglich gemacht
werde, sich des kaiserlichen Eigenthums zu bemächtigen. Dem Ver¬
fasser dieses Artikels ist wahrend seiner Dienstzeit ein seltsamer Fall
zugestoßen, den wegen seiner komischen Seite er seinen Lesern nicht
vorenthalten will. Er hatte ein ziemlich beträchtliches Convoi von
Pferden zu begleiten und begegnete auf der Landstraße einer Heerde
fetter Schweine. Ein junger Dachshund, der einem Soldaten des
Zuges angehörte, lief bellend diesen Thieren nach. Diese wurden
dadurch wüthend gemacht, wandten sich gegen den Hund um und
verfolgten ihn bis mitten in den Zug, wo er einen Zufluchtsort ge¬
sucht. Dadurch geriethen nun die Pferde in Unordnung, und es
entstand eine Scene der seltsamsten Verwirrung. Die beiden Heer-
den waren plötzlich unter einander gemischt; ein halb Dutzend Pferde
galoppirte mitten durch die Säue hindurch und trat diese mit
Füßen. Die Hirten schössen mit ihren Carabinern, die Husaren mit
ihren Pistolen. Das Schreien und Fluchen der Menschen, das
Knattern deö Kleingewehrfeuers, das Grunzen der Schweine, das
Wiehern der Pferde -- dies Alls zusammen bildete einen Lärm,
von dem man sich kaum einen Begriff machen kann.

Bei Pferden der Art, von denen hier die Rede ist, braucht
man den Huf und die anderen Körpertheile, welche von den Stra-
patzen des°Marsches etwa Schaden leiden könnten, keiner übersorg-
fältigen und kleinlichen Untersuchung zu unterwerfen. Jedoch sino
sie eben so sehr als zahme Pferde der Gefahr des Lahmwerdens
ausgesetzt. Außerdem sind sie, was bei jungen Pferden ganz natür¬
lich ist/sehr häufig von Drüscnkrankheiten heimgesucht. In diesem


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ihnen mit seinen Leuten und sucht mehr ihren Lauf zu lenken, als
ihn anzuhalten, bis sie, wenn das Unwetter endlich aufgehört hat,
erschöpft und ermüdet sich wieder ruhig in's Gehege zurückführen
lassen.

Jedoch gelingt dieses Mittel nicht immer. Zuweilen zerstreut
sich das Convoi nach allen Ecken und Enden des Horizonts hin und
es ist eine Sache der Unmöglichkeit, sie wieder zusammenzubringen.
Es bleibt dann nichts weiter übrig, als das Land zu durchstreifen,
um sie aufzufinden und den benachbarten Civil- und Militärbehör¬
den die genaue Beschreibung der einzelnen Pferde zu senden, damit
durch den Beistand derselben es den Bauern unmöglich gemacht
werde, sich des kaiserlichen Eigenthums zu bemächtigen. Dem Ver¬
fasser dieses Artikels ist wahrend seiner Dienstzeit ein seltsamer Fall
zugestoßen, den wegen seiner komischen Seite er seinen Lesern nicht
vorenthalten will. Er hatte ein ziemlich beträchtliches Convoi von
Pferden zu begleiten und begegnete auf der Landstraße einer Heerde
fetter Schweine. Ein junger Dachshund, der einem Soldaten des
Zuges angehörte, lief bellend diesen Thieren nach. Diese wurden
dadurch wüthend gemacht, wandten sich gegen den Hund um und
verfolgten ihn bis mitten in den Zug, wo er einen Zufluchtsort ge¬
sucht. Dadurch geriethen nun die Pferde in Unordnung, und es
entstand eine Scene der seltsamsten Verwirrung. Die beiden Heer-
den waren plötzlich unter einander gemischt; ein halb Dutzend Pferde
galoppirte mitten durch die Säue hindurch und trat diese mit
Füßen. Die Hirten schössen mit ihren Carabinern, die Husaren mit
ihren Pistolen. Das Schreien und Fluchen der Menschen, das
Knattern deö Kleingewehrfeuers, das Grunzen der Schweine, das
Wiehern der Pferde — dies Alls zusammen bildete einen Lärm,
von dem man sich kaum einen Begriff machen kann.

Bei Pferden der Art, von denen hier die Rede ist, braucht
man den Huf und die anderen Körpertheile, welche von den Stra-
patzen des°Marsches etwa Schaden leiden könnten, keiner übersorg-
fältigen und kleinlichen Untersuchung zu unterwerfen. Jedoch sino
sie eben so sehr als zahme Pferde der Gefahr des Lahmwerdens
ausgesetzt. Außerdem sind sie, was bei jungen Pferden ganz natür¬
lich ist/sehr häufig von Drüscnkrankheiten heimgesucht. In diesem


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[0289] ihnen mit seinen Leuten und sucht mehr ihren Lauf zu lenken, als ihn anzuhalten, bis sie, wenn das Unwetter endlich aufgehört hat, erschöpft und ermüdet sich wieder ruhig in's Gehege zurückführen lassen. Jedoch gelingt dieses Mittel nicht immer. Zuweilen zerstreut sich das Convoi nach allen Ecken und Enden des Horizonts hin und es ist eine Sache der Unmöglichkeit, sie wieder zusammenzubringen. Es bleibt dann nichts weiter übrig, als das Land zu durchstreifen, um sie aufzufinden und den benachbarten Civil- und Militärbehör¬ den die genaue Beschreibung der einzelnen Pferde zu senden, damit durch den Beistand derselben es den Bauern unmöglich gemacht werde, sich des kaiserlichen Eigenthums zu bemächtigen. Dem Ver¬ fasser dieses Artikels ist wahrend seiner Dienstzeit ein seltsamer Fall zugestoßen, den wegen seiner komischen Seite er seinen Lesern nicht vorenthalten will. Er hatte ein ziemlich beträchtliches Convoi von Pferden zu begleiten und begegnete auf der Landstraße einer Heerde fetter Schweine. Ein junger Dachshund, der einem Soldaten des Zuges angehörte, lief bellend diesen Thieren nach. Diese wurden dadurch wüthend gemacht, wandten sich gegen den Hund um und verfolgten ihn bis mitten in den Zug, wo er einen Zufluchtsort ge¬ sucht. Dadurch geriethen nun die Pferde in Unordnung, und es entstand eine Scene der seltsamsten Verwirrung. Die beiden Heer- den waren plötzlich unter einander gemischt; ein halb Dutzend Pferde galoppirte mitten durch die Säue hindurch und trat diese mit Füßen. Die Hirten schössen mit ihren Carabinern, die Husaren mit ihren Pistolen. Das Schreien und Fluchen der Menschen, das Knattern deö Kleingewehrfeuers, das Grunzen der Schweine, das Wiehern der Pferde — dies Alls zusammen bildete einen Lärm, von dem man sich kaum einen Begriff machen kann. Bei Pferden der Art, von denen hier die Rede ist, braucht man den Huf und die anderen Körpertheile, welche von den Stra- patzen des°Marsches etwa Schaden leiden könnten, keiner übersorg- fältigen und kleinlichen Untersuchung zu unterwerfen. Jedoch sino sie eben so sehr als zahme Pferde der Gefahr des Lahmwerdens ausgesetzt. Außerdem sind sie, was bei jungen Pferden ganz natür¬ lich ist/sehr häufig von Drüscnkrankheiten heimgesucht. In diesem 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/289>, abgerufen am 26.08.2024.