Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

stellen sich auf die Hinterfüße, ihr Haar steht borstig empor, ihre
Mähne ist in Unordnung und sie selbst mit Staub und Schweiß
bedeckt. Wenn diese Besichtigung nun vorüber ist, führt man in
den Olot ein gut abgerichtetes Pferd ein, das mit einer starken
Halfter versehen ist und von einem guten Reiter geritten wird. Die¬
ser nähert sich dem Pfahle so weit als möglich und schlingt vorsich¬
tig das äußerste Ende des Seiles um den Hals des Gefangenen.
Darauf wird dann die Schlinge gelöst und das wilde Thier läßt sich
mit mehr oder minder Widerstand bis in ein anderes Gehege fort¬
ziehen, wo es von seinen Gefährten getrennt wird.

Es ereignet sich zuweilen, daß man diese Remontepfcrde sofort
nach ihrer Ankunft einem Offizier übergiebt, der beauftragt ist, sie von
Nadautz zu seinem Regimente zu bringen, dessen Standquartiere sich
in Mailand oder in Prag oder in Brunn, kurz auf irgend einem
entfernten militärischen Punkte des ausgedehnten österreichischen Kai¬
serreichs befinden. In diesem Falle wählen die CsitV"s des jüdischen
Roßtäuschers zwei oder drei der stärksten Pferde unter der Truppe
aus: diesen binden sie eine Glocke an den Hals und die andern folgen
ihnen dann gelehrig. Ost auch schließt man in diesem Falle mit den
Csik""s der Juden den Handel dahin ab, daß sie den Convoi einige
Tage lang begleiten, um bei Bezähmung des ersten Widerstandes
behilflich zu sein. Denn es ist in der That durchaus nicht selten,
daß die Pferde ihre Bande zerreißen und zu den Weideplätzen zurück¬
kehren, denen man sie entrissen hatte.

Der Offizier, dem die Sorgfalt für einen solchen Zug Nemonte-
Pferde zu Theil geworden, hat oft eine Aufgabe voll Schwierigkeiten
und Kümmernisse zu lösen. Seine Verantwortlichkeit ist sehr groß;
denn er ist dem Staate für jedes Pferd, das er unterwegs verliert,
Rechenschaft schuldig und der Preis wird ihm an seiner Löhnung
abgezogen.

Man giebt dem Offizier für einen Zug von achtzig bis hundert
und zwanzig Pferden gewöhnlich einen Kurschmied, einen Unterosfi--
zier und höchstens acht bis nenn Soldaten bei. Der Marsch, der
von dem Nemontedepüt bis zur Kaserne zu machen ist, dauert oft
Zwei, drei, sogar vier Monate.

Um die Schwierigkeiten dieses Marsches zu begreifen, muß man
sich eine Idee von den Ländern machen, durch welche der Weg führt.


stellen sich auf die Hinterfüße, ihr Haar steht borstig empor, ihre
Mähne ist in Unordnung und sie selbst mit Staub und Schweiß
bedeckt. Wenn diese Besichtigung nun vorüber ist, führt man in
den Olot ein gut abgerichtetes Pferd ein, das mit einer starken
Halfter versehen ist und von einem guten Reiter geritten wird. Die¬
ser nähert sich dem Pfahle so weit als möglich und schlingt vorsich¬
tig das äußerste Ende des Seiles um den Hals des Gefangenen.
Darauf wird dann die Schlinge gelöst und das wilde Thier läßt sich
mit mehr oder minder Widerstand bis in ein anderes Gehege fort¬
ziehen, wo es von seinen Gefährten getrennt wird.

Es ereignet sich zuweilen, daß man diese Remontepfcrde sofort
nach ihrer Ankunft einem Offizier übergiebt, der beauftragt ist, sie von
Nadautz zu seinem Regimente zu bringen, dessen Standquartiere sich
in Mailand oder in Prag oder in Brunn, kurz auf irgend einem
entfernten militärischen Punkte des ausgedehnten österreichischen Kai¬
serreichs befinden. In diesem Falle wählen die CsitV»s des jüdischen
Roßtäuschers zwei oder drei der stärksten Pferde unter der Truppe
aus: diesen binden sie eine Glocke an den Hals und die andern folgen
ihnen dann gelehrig. Ost auch schließt man in diesem Falle mit den
Csik«»s der Juden den Handel dahin ab, daß sie den Convoi einige
Tage lang begleiten, um bei Bezähmung des ersten Widerstandes
behilflich zu sein. Denn es ist in der That durchaus nicht selten,
daß die Pferde ihre Bande zerreißen und zu den Weideplätzen zurück¬
kehren, denen man sie entrissen hatte.

Der Offizier, dem die Sorgfalt für einen solchen Zug Nemonte-
Pferde zu Theil geworden, hat oft eine Aufgabe voll Schwierigkeiten
und Kümmernisse zu lösen. Seine Verantwortlichkeit ist sehr groß;
denn er ist dem Staate für jedes Pferd, das er unterwegs verliert,
Rechenschaft schuldig und der Preis wird ihm an seiner Löhnung
abgezogen.

Man giebt dem Offizier für einen Zug von achtzig bis hundert
und zwanzig Pferden gewöhnlich einen Kurschmied, einen Unterosfi--
zier und höchstens acht bis nenn Soldaten bei. Der Marsch, der
von dem Nemontedepüt bis zur Kaserne zu machen ist, dauert oft
Zwei, drei, sogar vier Monate.

Um die Schwierigkeiten dieses Marsches zu begreifen, muß man
sich eine Idee von den Ländern machen, durch welche der Weg führt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0285" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266902"/>
            <p xml:id="ID_749" prev="#ID_748"> stellen sich auf die Hinterfüße, ihr Haar steht borstig empor, ihre<lb/>
Mähne ist in Unordnung und sie selbst mit Staub und Schweiß<lb/>
bedeckt. Wenn diese Besichtigung nun vorüber ist, führt man in<lb/>
den Olot ein gut abgerichtetes Pferd ein, das mit einer starken<lb/>
Halfter versehen ist und von einem guten Reiter geritten wird. Die¬<lb/>
ser nähert sich dem Pfahle so weit als möglich und schlingt vorsich¬<lb/>
tig das äußerste Ende des Seiles um den Hals des Gefangenen.<lb/>
Darauf wird dann die Schlinge gelöst und das wilde Thier läßt sich<lb/>
mit mehr oder minder Widerstand bis in ein anderes Gehege fort¬<lb/>
ziehen, wo es von seinen Gefährten getrennt wird.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_750"> Es ereignet sich zuweilen, daß man diese Remontepfcrde sofort<lb/>
nach ihrer Ankunft einem Offizier übergiebt, der beauftragt ist, sie von<lb/>
Nadautz zu seinem Regimente zu bringen, dessen Standquartiere sich<lb/>
in Mailand oder in Prag oder in Brunn, kurz auf irgend einem<lb/>
entfernten militärischen Punkte des ausgedehnten österreichischen Kai¬<lb/>
serreichs befinden. In diesem Falle wählen die CsitV»s des jüdischen<lb/>
Roßtäuschers zwei oder drei der stärksten Pferde unter der Truppe<lb/>
aus: diesen binden sie eine Glocke an den Hals und die andern folgen<lb/>
ihnen dann gelehrig. Ost auch schließt man in diesem Falle mit den<lb/>
Csik«»s der Juden den Handel dahin ab, daß sie den Convoi einige<lb/>
Tage lang begleiten, um bei Bezähmung des ersten Widerstandes<lb/>
behilflich zu sein. Denn es ist in der That durchaus nicht selten,<lb/>
daß die Pferde ihre Bande zerreißen und zu den Weideplätzen zurück¬<lb/>
kehren, denen man sie entrissen hatte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_751"> Der Offizier, dem die Sorgfalt für einen solchen Zug Nemonte-<lb/>
Pferde zu Theil geworden, hat oft eine Aufgabe voll Schwierigkeiten<lb/>
und Kümmernisse zu lösen. Seine Verantwortlichkeit ist sehr groß;<lb/>
denn er ist dem Staate für jedes Pferd, das er unterwegs verliert,<lb/>
Rechenschaft schuldig und der Preis wird ihm an seiner Löhnung<lb/>
abgezogen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_752"> Man giebt dem Offizier für einen Zug von achtzig bis hundert<lb/>
und zwanzig Pferden gewöhnlich einen Kurschmied, einen Unterosfi--<lb/>
zier und höchstens acht bis nenn Soldaten bei. Der Marsch, der<lb/>
von dem Nemontedepüt bis zur Kaserne zu machen ist, dauert oft<lb/>
Zwei, drei, sogar vier Monate.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_753" next="#ID_754"> Um die Schwierigkeiten dieses Marsches zu begreifen, muß man<lb/>
sich eine Idee von den Ländern machen, durch welche der Weg führt.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0285] stellen sich auf die Hinterfüße, ihr Haar steht borstig empor, ihre Mähne ist in Unordnung und sie selbst mit Staub und Schweiß bedeckt. Wenn diese Besichtigung nun vorüber ist, führt man in den Olot ein gut abgerichtetes Pferd ein, das mit einer starken Halfter versehen ist und von einem guten Reiter geritten wird. Die¬ ser nähert sich dem Pfahle so weit als möglich und schlingt vorsich¬ tig das äußerste Ende des Seiles um den Hals des Gefangenen. Darauf wird dann die Schlinge gelöst und das wilde Thier läßt sich mit mehr oder minder Widerstand bis in ein anderes Gehege fort¬ ziehen, wo es von seinen Gefährten getrennt wird. Es ereignet sich zuweilen, daß man diese Remontepfcrde sofort nach ihrer Ankunft einem Offizier übergiebt, der beauftragt ist, sie von Nadautz zu seinem Regimente zu bringen, dessen Standquartiere sich in Mailand oder in Prag oder in Brunn, kurz auf irgend einem entfernten militärischen Punkte des ausgedehnten österreichischen Kai¬ serreichs befinden. In diesem Falle wählen die CsitV»s des jüdischen Roßtäuschers zwei oder drei der stärksten Pferde unter der Truppe aus: diesen binden sie eine Glocke an den Hals und die andern folgen ihnen dann gelehrig. Ost auch schließt man in diesem Falle mit den Csik«»s der Juden den Handel dahin ab, daß sie den Convoi einige Tage lang begleiten, um bei Bezähmung des ersten Widerstandes behilflich zu sein. Denn es ist in der That durchaus nicht selten, daß die Pferde ihre Bande zerreißen und zu den Weideplätzen zurück¬ kehren, denen man sie entrissen hatte. Der Offizier, dem die Sorgfalt für einen solchen Zug Nemonte- Pferde zu Theil geworden, hat oft eine Aufgabe voll Schwierigkeiten und Kümmernisse zu lösen. Seine Verantwortlichkeit ist sehr groß; denn er ist dem Staate für jedes Pferd, das er unterwegs verliert, Rechenschaft schuldig und der Preis wird ihm an seiner Löhnung abgezogen. Man giebt dem Offizier für einen Zug von achtzig bis hundert und zwanzig Pferden gewöhnlich einen Kurschmied, einen Unterosfi-- zier und höchstens acht bis nenn Soldaten bei. Der Marsch, der von dem Nemontedepüt bis zur Kaserne zu machen ist, dauert oft Zwei, drei, sogar vier Monate. Um die Schwierigkeiten dieses Marsches zu begreifen, muß man sich eine Idee von den Ländern machen, durch welche der Weg führt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/285
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/285>, abgerufen am 26.08.2024.