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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Das zehnte Husaren-Regiment, dessen Standquartiere in Polen
sind, macht sich mit polnischen Pferden beritten. Die Quartiere des
eilften Husaren-Regiments sind an der siebenbürgischen Grenze und
die Leute in diesem Regiments reiten fast alle ihre eigenen Pferde.
Die übrigen neunzehn Regimenter leichter Cavalerie werden fast gän-
lich mit wilden Pferden beritten gemacht, die aus der Moldau, aus
Bessarabien, aus Noth-Nußland und aus der Ukraine kommen.

Der Handel überhaupt ist in diesen verschiedenen Ländern be¬
kanntlich in den Handen der Griechen, Armenier und Juden: dem
Pferdehandel haben sich speciell vorzüglich diese letzteren ergeben.
Unglaublich sast ist die Ausdehnung, die sie diesem Geschäftszweige
verschafft haben: sie allein übernehmen gewöhnlich sämmtliche Pferde,
welche die österreichische Regierung für ihre Armee bedarf. Sie rei¬
sen, um ihre Einkäufe zu machen, bis in'S Innere von Rußland,
ja, bis mitten in die Steppen, welche in der Nähe des schwarzen
Meeres liegen. Ein wildes Pferd geht so oft durch die Hände von
zehn Kaufleuten, welche ihm einer nach dem andern Muskeln und
Nippen betasten, sein Alter untersuchen, ja ihm zuweilen sogar ihr
Wahrzeichen eindrücken. In Folge dessen ist, wenn das Pferd nach
Nadautz in der Bukowina kommt, wo sich das Hauptdep,'"t für Re-
monten befindet, seine natürliche Wildheit durch die schlechte Behand¬
lung, die eS erlitten, oft dermaßen gewachsen, daß es eine gefährliche
Sache wird, dasselbe zu berühren oder sich ihm auch nur zu nahen.

Diese jüdischen Roßtäuscher sind wegen ihrer Listen und betrü¬
gerischen Streiche allgemein berüchtigt: ein Scherzhaftes Beispiel unter
taufenden möge unseren Lesern genügen; zuvor wollen wir jedoch
noch bemerken, daß ohne großen Unterschied der Religion auch
christliche, besonders griechische Roßtäuscher ein sehr elastisches Ge¬
wissen besitzen. Ein Offizier besaß zwei sehr junge Wagenpferde;
sein Kutscher, der oft betrunken war, schlug sie zu stark, so daß sie
ganz widerspenstig und unlenkbar wurden. Trotz dem wollte der
Offizier mit denselben bis in ein ziemlich weit entferntes Stäbchen
gefahren sein. Der Weg war schwierig; die Pferde drohten jeden
Augenblick umzuwerfen oder durchzugehen. Ermüdet von diesem Kam¬
pfe war der Offizier kaum am Ziele seiner Reise angelangt, als er
auch sein unlenksames Gespann um einen Spottpreis an einen jüdi¬
schen Pferdehändler verkaufte, zugleich aber bat er den Käufer, ihm


Das zehnte Husaren-Regiment, dessen Standquartiere in Polen
sind, macht sich mit polnischen Pferden beritten. Die Quartiere des
eilften Husaren-Regiments sind an der siebenbürgischen Grenze und
die Leute in diesem Regiments reiten fast alle ihre eigenen Pferde.
Die übrigen neunzehn Regimenter leichter Cavalerie werden fast gän-
lich mit wilden Pferden beritten gemacht, die aus der Moldau, aus
Bessarabien, aus Noth-Nußland und aus der Ukraine kommen.

Der Handel überhaupt ist in diesen verschiedenen Ländern be¬
kanntlich in den Handen der Griechen, Armenier und Juden: dem
Pferdehandel haben sich speciell vorzüglich diese letzteren ergeben.
Unglaublich sast ist die Ausdehnung, die sie diesem Geschäftszweige
verschafft haben: sie allein übernehmen gewöhnlich sämmtliche Pferde,
welche die österreichische Regierung für ihre Armee bedarf. Sie rei¬
sen, um ihre Einkäufe zu machen, bis in'S Innere von Rußland,
ja, bis mitten in die Steppen, welche in der Nähe des schwarzen
Meeres liegen. Ein wildes Pferd geht so oft durch die Hände von
zehn Kaufleuten, welche ihm einer nach dem andern Muskeln und
Nippen betasten, sein Alter untersuchen, ja ihm zuweilen sogar ihr
Wahrzeichen eindrücken. In Folge dessen ist, wenn das Pferd nach
Nadautz in der Bukowina kommt, wo sich das Hauptdep,'»t für Re-
monten befindet, seine natürliche Wildheit durch die schlechte Behand¬
lung, die eS erlitten, oft dermaßen gewachsen, daß es eine gefährliche
Sache wird, dasselbe zu berühren oder sich ihm auch nur zu nahen.

Diese jüdischen Roßtäuscher sind wegen ihrer Listen und betrü¬
gerischen Streiche allgemein berüchtigt: ein Scherzhaftes Beispiel unter
taufenden möge unseren Lesern genügen; zuvor wollen wir jedoch
noch bemerken, daß ohne großen Unterschied der Religion auch
christliche, besonders griechische Roßtäuscher ein sehr elastisches Ge¬
wissen besitzen. Ein Offizier besaß zwei sehr junge Wagenpferde;
sein Kutscher, der oft betrunken war, schlug sie zu stark, so daß sie
ganz widerspenstig und unlenkbar wurden. Trotz dem wollte der
Offizier mit denselben bis in ein ziemlich weit entferntes Stäbchen
gefahren sein. Der Weg war schwierig; die Pferde drohten jeden
Augenblick umzuwerfen oder durchzugehen. Ermüdet von diesem Kam¬
pfe war der Offizier kaum am Ziele seiner Reise angelangt, als er
auch sein unlenksames Gespann um einen Spottpreis an einen jüdi¬
schen Pferdehändler verkaufte, zugleich aber bat er den Käufer, ihm


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[0282] Das zehnte Husaren-Regiment, dessen Standquartiere in Polen sind, macht sich mit polnischen Pferden beritten. Die Quartiere des eilften Husaren-Regiments sind an der siebenbürgischen Grenze und die Leute in diesem Regiments reiten fast alle ihre eigenen Pferde. Die übrigen neunzehn Regimenter leichter Cavalerie werden fast gän- lich mit wilden Pferden beritten gemacht, die aus der Moldau, aus Bessarabien, aus Noth-Nußland und aus der Ukraine kommen. Der Handel überhaupt ist in diesen verschiedenen Ländern be¬ kanntlich in den Handen der Griechen, Armenier und Juden: dem Pferdehandel haben sich speciell vorzüglich diese letzteren ergeben. Unglaublich sast ist die Ausdehnung, die sie diesem Geschäftszweige verschafft haben: sie allein übernehmen gewöhnlich sämmtliche Pferde, welche die österreichische Regierung für ihre Armee bedarf. Sie rei¬ sen, um ihre Einkäufe zu machen, bis in'S Innere von Rußland, ja, bis mitten in die Steppen, welche in der Nähe des schwarzen Meeres liegen. Ein wildes Pferd geht so oft durch die Hände von zehn Kaufleuten, welche ihm einer nach dem andern Muskeln und Nippen betasten, sein Alter untersuchen, ja ihm zuweilen sogar ihr Wahrzeichen eindrücken. In Folge dessen ist, wenn das Pferd nach Nadautz in der Bukowina kommt, wo sich das Hauptdep,'»t für Re- monten befindet, seine natürliche Wildheit durch die schlechte Behand¬ lung, die eS erlitten, oft dermaßen gewachsen, daß es eine gefährliche Sache wird, dasselbe zu berühren oder sich ihm auch nur zu nahen. Diese jüdischen Roßtäuscher sind wegen ihrer Listen und betrü¬ gerischen Streiche allgemein berüchtigt: ein Scherzhaftes Beispiel unter taufenden möge unseren Lesern genügen; zuvor wollen wir jedoch noch bemerken, daß ohne großen Unterschied der Religion auch christliche, besonders griechische Roßtäuscher ein sehr elastisches Ge¬ wissen besitzen. Ein Offizier besaß zwei sehr junge Wagenpferde; sein Kutscher, der oft betrunken war, schlug sie zu stark, so daß sie ganz widerspenstig und unlenkbar wurden. Trotz dem wollte der Offizier mit denselben bis in ein ziemlich weit entferntes Stäbchen gefahren sein. Der Weg war schwierig; die Pferde drohten jeden Augenblick umzuwerfen oder durchzugehen. Ermüdet von diesem Kam¬ pfe war der Offizier kaum am Ziele seiner Reise angelangt, als er auch sein unlenksames Gespann um einen Spottpreis an einen jüdi¬ schen Pferdehändler verkaufte, zugleich aber bat er den Käufer, ihm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/282>, abgerufen am 26.08.2024.