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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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beritten, einer Provinz, wo die Pferdezucht besonders stark be¬
trieben wird.

Pagel in' seinem sonst so trefflichen Werk über Siebenbürgen
und Ungarn macht über diesen Punkt der österreichischen Negierung
einen ungerechten Vorwurf, wenn er sie anklagt, diese beiden Provin¬
zen ihrer Pferdezucht beraubt zu haben. Die einfache Darlegung der
hierauf Bezug habenden Thatsachen macht dies deutlich. Einer der
Mheren österreichischen Kaiser ließ eine gewisse Anzahl Beschäler
aus Andalusien kommen, um eine Mischung der beiden Racen zu
bewerkstelligen. In der That findet man auch die vorzüglichsten
Eigenschaften, wodurch das spanische Pferd sich auszeichnet, majestä¬
tische Haltung und eine fast verständig zu nennende Gelehrsamkeit,
in hohem Grade beim ungarischen und siebenbürgischen Pferdeschlag
vor. Es sind die schönsten und gesuchtesten Thiere des Kaiserreichs,
mit Ausnahme freilich der polnischen Pferde, und die drei Regimen¬
ter, die sich aus diesen beiden Provinzen beritten machen, gelten mit
Recht für die am Besten berittenen der Armee.

Eine andere Thatsache aber, die auch durchaus keinem Zweifel
unterliegt, ist die in Folge der Mischung mit englischem Blute ein¬
getretene Verschlechterung der siebenbürgischen Race seit einigen
Jahren. Diese nicht allzuvernünstige Mischung hat in diesem Lande,
wie in Irland, ein Bastardgeschlecht hervorgebracht, das, beiden
Racen angehörend, doch weder die eine, noch die andre ist. Diese
Erscheinung hat übrigens noch eine zweite Ursache. Da nämlich
die Schafwolle bedeutend im Preise gestiegen ist, so haben die großen
Eigenthümer, welche natürlich stets die schönsten Producte erzielen
können, sich der Schafzucht eifrig ergeben, so daß die ungeheuren
Flächen, auf denen vor wenigen Jahren noch zahllose Pferde weide¬
ten, meist in Pächtereien verwandelt worden sind. Die Negierung
thut für Ermunterung der Pferdezucht in Siebenbürgen möglichst
viel: so kauft sie z. B. die Erzeugnisse dieser Zucht bedeutend
theurer, als die andrer Länder. Sie nimmt dieselben ein Jahr,
ehe sie das reglement-mäßige Alter erreicht haben, d. h. zu drei
Jahren anstatt zu vieren und bezahlt ein Dragonerpferd in Sieben¬
bürgen mit 150 Gulden, ein Husaren- und Chevaulegers-Pferd
mit 120 Gulden, während sie anderswo derartige Pferde mit 120 und
112 Gulden haben kann.


beritten, einer Provinz, wo die Pferdezucht besonders stark be¬
trieben wird.

Pagel in' seinem sonst so trefflichen Werk über Siebenbürgen
und Ungarn macht über diesen Punkt der österreichischen Negierung
einen ungerechten Vorwurf, wenn er sie anklagt, diese beiden Provin¬
zen ihrer Pferdezucht beraubt zu haben. Die einfache Darlegung der
hierauf Bezug habenden Thatsachen macht dies deutlich. Einer der
Mheren österreichischen Kaiser ließ eine gewisse Anzahl Beschäler
aus Andalusien kommen, um eine Mischung der beiden Racen zu
bewerkstelligen. In der That findet man auch die vorzüglichsten
Eigenschaften, wodurch das spanische Pferd sich auszeichnet, majestä¬
tische Haltung und eine fast verständig zu nennende Gelehrsamkeit,
in hohem Grade beim ungarischen und siebenbürgischen Pferdeschlag
vor. Es sind die schönsten und gesuchtesten Thiere des Kaiserreichs,
mit Ausnahme freilich der polnischen Pferde, und die drei Regimen¬
ter, die sich aus diesen beiden Provinzen beritten machen, gelten mit
Recht für die am Besten berittenen der Armee.

Eine andere Thatsache aber, die auch durchaus keinem Zweifel
unterliegt, ist die in Folge der Mischung mit englischem Blute ein¬
getretene Verschlechterung der siebenbürgischen Race seit einigen
Jahren. Diese nicht allzuvernünstige Mischung hat in diesem Lande,
wie in Irland, ein Bastardgeschlecht hervorgebracht, das, beiden
Racen angehörend, doch weder die eine, noch die andre ist. Diese
Erscheinung hat übrigens noch eine zweite Ursache. Da nämlich
die Schafwolle bedeutend im Preise gestiegen ist, so haben die großen
Eigenthümer, welche natürlich stets die schönsten Producte erzielen
können, sich der Schafzucht eifrig ergeben, so daß die ungeheuren
Flächen, auf denen vor wenigen Jahren noch zahllose Pferde weide¬
ten, meist in Pächtereien verwandelt worden sind. Die Negierung
thut für Ermunterung der Pferdezucht in Siebenbürgen möglichst
viel: so kauft sie z. B. die Erzeugnisse dieser Zucht bedeutend
theurer, als die andrer Länder. Sie nimmt dieselben ein Jahr,
ehe sie das reglement-mäßige Alter erreicht haben, d. h. zu drei
Jahren anstatt zu vieren und bezahlt ein Dragonerpferd in Sieben¬
bürgen mit 150 Gulden, ein Husaren- und Chevaulegers-Pferd
mit 120 Gulden, während sie anderswo derartige Pferde mit 120 und
112 Gulden haben kann.


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[0281] beritten, einer Provinz, wo die Pferdezucht besonders stark be¬ trieben wird. Pagel in' seinem sonst so trefflichen Werk über Siebenbürgen und Ungarn macht über diesen Punkt der österreichischen Negierung einen ungerechten Vorwurf, wenn er sie anklagt, diese beiden Provin¬ zen ihrer Pferdezucht beraubt zu haben. Die einfache Darlegung der hierauf Bezug habenden Thatsachen macht dies deutlich. Einer der Mheren österreichischen Kaiser ließ eine gewisse Anzahl Beschäler aus Andalusien kommen, um eine Mischung der beiden Racen zu bewerkstelligen. In der That findet man auch die vorzüglichsten Eigenschaften, wodurch das spanische Pferd sich auszeichnet, majestä¬ tische Haltung und eine fast verständig zu nennende Gelehrsamkeit, in hohem Grade beim ungarischen und siebenbürgischen Pferdeschlag vor. Es sind die schönsten und gesuchtesten Thiere des Kaiserreichs, mit Ausnahme freilich der polnischen Pferde, und die drei Regimen¬ ter, die sich aus diesen beiden Provinzen beritten machen, gelten mit Recht für die am Besten berittenen der Armee. Eine andere Thatsache aber, die auch durchaus keinem Zweifel unterliegt, ist die in Folge der Mischung mit englischem Blute ein¬ getretene Verschlechterung der siebenbürgischen Race seit einigen Jahren. Diese nicht allzuvernünstige Mischung hat in diesem Lande, wie in Irland, ein Bastardgeschlecht hervorgebracht, das, beiden Racen angehörend, doch weder die eine, noch die andre ist. Diese Erscheinung hat übrigens noch eine zweite Ursache. Da nämlich die Schafwolle bedeutend im Preise gestiegen ist, so haben die großen Eigenthümer, welche natürlich stets die schönsten Producte erzielen können, sich der Schafzucht eifrig ergeben, so daß die ungeheuren Flächen, auf denen vor wenigen Jahren noch zahllose Pferde weide¬ ten, meist in Pächtereien verwandelt worden sind. Die Negierung thut für Ermunterung der Pferdezucht in Siebenbürgen möglichst viel: so kauft sie z. B. die Erzeugnisse dieser Zucht bedeutend theurer, als die andrer Länder. Sie nimmt dieselben ein Jahr, ehe sie das reglement-mäßige Alter erreicht haben, d. h. zu drei Jahren anstatt zu vieren und bezahlt ein Dragonerpferd in Sieben¬ bürgen mit 150 Gulden, ein Husaren- und Chevaulegers-Pferd mit 120 Gulden, während sie anderswo derartige Pferde mit 120 und 112 Gulden haben kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/281>, abgerufen am 26.08.2024.