Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.Cultur und Wohnung: von allen andern Seiten schließen großartige Cultur und Wohnung: von allen andern Seiten schließen großartige <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266895"/> <p xml:id="ID_733" prev="#ID_732" next="#ID_734"> Cultur und Wohnung: von allen andern Seiten schließen großartige<lb/> Wälder voll riesenhafter Buchen und Eichen den Gesichtskreis ab:<lb/> hin und wieder, besonders nach der Seite des Dorfes zu, bieten<lb/> Korn- und Maisfelder einen bunteren Anblick. Auf dem höchsten<lb/> Punkte der kleinen, wellenförmig sich erhebenden Hügel, von denen<lb/> die Ebene durchfurcht ist, bemerkt man aufrecht und unbeweglich eine<lb/> menschliche Gestalt, deren beide Hände und Kinn sich auf einen<lb/> langen, starken Stock stützen, an dessen äußerstem Ende man das<lb/> scharfe Eisen eines Beiles, Csakany genannt, blinken sieht. Diese<lb/> Menschengestalt nun, von etwas unter mittlerem Wuchse, ist mehr<lb/> schmächtigen als kräftigen Baues. Die Füße, von bemerkenswerther<lb/> Kleinheit, werden durch Sandalen beschützt. Um das Bein ist vom<lb/> Knöchel bis zum Knie ein breiter Tuchstreifen gewunden: eine weite,<lb/> kurze Hose von grober Leinwand ist vermittelst eines Strickes, der<lb/> als Gurt um die Lenden sich dreht, festgehalten. Zwischen diesem<lb/> Kleidungsstück und dem Hemd, das nicht ganz bis zu ihm herab¬<lb/> reicht, ist etwa eine Handbreit der Körper gänzlich unbedeckt, und<lb/> diese Stelle ist von Luft und Sonne gegerbt und gebräunt worden.<lb/> Sein Hemd schmiert der ungrische Hirt tüchtig mit Schweinefett<lb/> ein; denn da er wochenlang nicht in's Dorf kommen kann, so würde<lb/> er ohne diese Maßregel zu viel vom Ungeziefer leiden. Eine Weste<lb/> ohne Aermel, nach ungarischer Mode geflochten, bedeckt seine Brust.<lb/> Um den Hals hat er ein schwarzes Tuch gewunden, weil es, wie<lb/> er sagt, am längsten weiß bleibt; über die Schultern wirft er den<lb/> Keppenyek, einen Mantel von weißem Tuche, dessen kurze Aermel,<lb/> da sie an den unteren Enden zugenäht sind, ihm zuweilen als Vor¬<lb/> rathskammer für Kleinigkeiten dienen. Außerdem trägt er an einem<lb/> Bande quer über den Oberkörper eine ArtTornister, woraus die Säbel¬<lb/> taschen derHusaren entstanden sind, und einen Schlauch, Csuttera, für<lb/> Wein oder Branntewein. Wenn er den Mantel auseinanderschlägt,<lb/> so blitzt zuweilen das Ende eines kleinen Carabiners hervor, der an<lb/> einem kurzen Bande ihm über den Rücken hängt. ^Dieses so co-<lb/> stümirte Individuum hat lange, schwarze Haare, die entweder frei in<lb/> Locken ihm um Achseln und Schultern flattern oder in einen Zopf<lb/> zusammengebunden sind: stets erglänzen sie, aus dem bei dem<lb/> Hemde obenerwähnten Grunde, stark von Schweinefett. Unter wild<lb/> blickenden Augen, tu denen jedoch etwas Melancholisches sich nicht</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
Cultur und Wohnung: von allen andern Seiten schließen großartige
Wälder voll riesenhafter Buchen und Eichen den Gesichtskreis ab:
hin und wieder, besonders nach der Seite des Dorfes zu, bieten
Korn- und Maisfelder einen bunteren Anblick. Auf dem höchsten
Punkte der kleinen, wellenförmig sich erhebenden Hügel, von denen
die Ebene durchfurcht ist, bemerkt man aufrecht und unbeweglich eine
menschliche Gestalt, deren beide Hände und Kinn sich auf einen
langen, starken Stock stützen, an dessen äußerstem Ende man das
scharfe Eisen eines Beiles, Csakany genannt, blinken sieht. Diese
Menschengestalt nun, von etwas unter mittlerem Wuchse, ist mehr
schmächtigen als kräftigen Baues. Die Füße, von bemerkenswerther
Kleinheit, werden durch Sandalen beschützt. Um das Bein ist vom
Knöchel bis zum Knie ein breiter Tuchstreifen gewunden: eine weite,
kurze Hose von grober Leinwand ist vermittelst eines Strickes, der
als Gurt um die Lenden sich dreht, festgehalten. Zwischen diesem
Kleidungsstück und dem Hemd, das nicht ganz bis zu ihm herab¬
reicht, ist etwa eine Handbreit der Körper gänzlich unbedeckt, und
diese Stelle ist von Luft und Sonne gegerbt und gebräunt worden.
Sein Hemd schmiert der ungrische Hirt tüchtig mit Schweinefett
ein; denn da er wochenlang nicht in's Dorf kommen kann, so würde
er ohne diese Maßregel zu viel vom Ungeziefer leiden. Eine Weste
ohne Aermel, nach ungarischer Mode geflochten, bedeckt seine Brust.
Um den Hals hat er ein schwarzes Tuch gewunden, weil es, wie
er sagt, am längsten weiß bleibt; über die Schultern wirft er den
Keppenyek, einen Mantel von weißem Tuche, dessen kurze Aermel,
da sie an den unteren Enden zugenäht sind, ihm zuweilen als Vor¬
rathskammer für Kleinigkeiten dienen. Außerdem trägt er an einem
Bande quer über den Oberkörper eine ArtTornister, woraus die Säbel¬
taschen derHusaren entstanden sind, und einen Schlauch, Csuttera, für
Wein oder Branntewein. Wenn er den Mantel auseinanderschlägt,
so blitzt zuweilen das Ende eines kleinen Carabiners hervor, der an
einem kurzen Bande ihm über den Rücken hängt. ^Dieses so co-
stümirte Individuum hat lange, schwarze Haare, die entweder frei in
Locken ihm um Achseln und Schultern flattern oder in einen Zopf
zusammengebunden sind: stets erglänzen sie, aus dem bei dem
Hemde obenerwähnten Grunde, stark von Schweinefett. Unter wild
blickenden Augen, tu denen jedoch etwas Melancholisches sich nicht
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