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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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melodische; die dritte endlich, deren Namen nicht ganz bezeichnend
war, -- sie hieß.die dynamische, -- behandelte die Töne in den
verschiedenen Graden ihrer Intensität und in den Zeichen, welche die
Modificationen dieser Intensität darstellen. In einer vierten Abthei¬
lung fanden sich die drei ersten zusammen unter dem Namen Wis¬
senschaft der Notation; die Schüler wurden darin geübt, die
Zeichen der Töne zugleich in ihrer Dauer, ihrer Intonation und
ihrer Intensität zu erfassen. Es waren hier die Uebungen im No¬
tenlesen und im Solfeggiren vereinigt. Eine fünfte Abtheilung
endlich hatte die Bestimmung, die Schüler darin zu üben, die Melo¬
dien mit untergelegten Worten zu singen.

Im Jahre 1810 wurden die Elemente von Pfeiffer's Arbeit zu¬
sammengestellt und geordnet durch Naegeli ans Zürich, einen
durch seine Kenntnisse, so wie durch seinen originellen Geist ausge¬
zeichneten Musiker. Er bildete daraus einen starken Quartband,
der jedoch nicht etwa ein Handbuch für Schüler, sondern ein Leit¬
faden für Lehrer ist. Dieses Werk entsprach jedoch der Erwartung
des Publikums nicht und schien auch Pestalozzi'ö Ansichten nicht zu
realisiren; denn, wenn man auch der von Pfeiffer und Naegeli ein¬
geführten Trennung der verschiedenen Theile des Musikunterrichts
Lob und Beifall nicht versagen kann, so muß man doch auch einge-
stehen, daß die Richtung, die sie in den einzelnen Theilen eingeschla¬
gen haben, für einen Elementarunterricht nicht praktisch genug ist
und daß sie bei Auseinandersetzung der Principien zu sehr in's Ein¬
zelne eingegangen sind.

Zu derselben Zeit, da Naegeli'ö Musik- und Gesangs-Methode
erschien, veröffentlichte der Preußische Ober-Schulrath Zeller in
Königsberg eine Elementarmethode für Musik unter dem Titel
"Ein Versuch zur Beförderung der Nationalerziehung in Preußen."
Dieses Werk, das einen geringeren Erfolg gehabt zu haben scheint,
als es verdient, enthält gute Ideen über den Unterricht in dieser
Kunst in Bezug auf Volksmassen; man kann aber nicht ohne Grund
dem Verfasser vorwerfen, daß er seine", Buche eine für volksthüm-
liche Anwendung, wozu es doch bestimmt war, allzu philosophische
Form gegeben hat.

Im Jahre 1813 erschien von Natorp, Preußischem Ober-Con-
sistorialrath, einem der gelehrtesten Männer Deutschlands in Betreff


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melodische; die dritte endlich, deren Namen nicht ganz bezeichnend
war, — sie hieß.die dynamische, — behandelte die Töne in den
verschiedenen Graden ihrer Intensität und in den Zeichen, welche die
Modificationen dieser Intensität darstellen. In einer vierten Abthei¬
lung fanden sich die drei ersten zusammen unter dem Namen Wis¬
senschaft der Notation; die Schüler wurden darin geübt, die
Zeichen der Töne zugleich in ihrer Dauer, ihrer Intonation und
ihrer Intensität zu erfassen. Es waren hier die Uebungen im No¬
tenlesen und im Solfeggiren vereinigt. Eine fünfte Abtheilung
endlich hatte die Bestimmung, die Schüler darin zu üben, die Melo¬
dien mit untergelegten Worten zu singen.

Im Jahre 1810 wurden die Elemente von Pfeiffer's Arbeit zu¬
sammengestellt und geordnet durch Naegeli ans Zürich, einen
durch seine Kenntnisse, so wie durch seinen originellen Geist ausge¬
zeichneten Musiker. Er bildete daraus einen starken Quartband,
der jedoch nicht etwa ein Handbuch für Schüler, sondern ein Leit¬
faden für Lehrer ist. Dieses Werk entsprach jedoch der Erwartung
des Publikums nicht und schien auch Pestalozzi'ö Ansichten nicht zu
realisiren; denn, wenn man auch der von Pfeiffer und Naegeli ein¬
geführten Trennung der verschiedenen Theile des Musikunterrichts
Lob und Beifall nicht versagen kann, so muß man doch auch einge-
stehen, daß die Richtung, die sie in den einzelnen Theilen eingeschla¬
gen haben, für einen Elementarunterricht nicht praktisch genug ist
und daß sie bei Auseinandersetzung der Principien zu sehr in's Ein¬
zelne eingegangen sind.

Zu derselben Zeit, da Naegeli'ö Musik- und Gesangs-Methode
erschien, veröffentlichte der Preußische Ober-Schulrath Zeller in
Königsberg eine Elementarmethode für Musik unter dem Titel
„Ein Versuch zur Beförderung der Nationalerziehung in Preußen."
Dieses Werk, das einen geringeren Erfolg gehabt zu haben scheint,
als es verdient, enthält gute Ideen über den Unterricht in dieser
Kunst in Bezug auf Volksmassen; man kann aber nicht ohne Grund
dem Verfasser vorwerfen, daß er seine», Buche eine für volksthüm-
liche Anwendung, wozu es doch bestimmt war, allzu philosophische
Form gegeben hat.

Im Jahre 1813 erschien von Natorp, Preußischem Ober-Con-
sistorialrath, einem der gelehrtesten Männer Deutschlands in Betreff


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[0225] melodische; die dritte endlich, deren Namen nicht ganz bezeichnend war, — sie hieß.die dynamische, — behandelte die Töne in den verschiedenen Graden ihrer Intensität und in den Zeichen, welche die Modificationen dieser Intensität darstellen. In einer vierten Abthei¬ lung fanden sich die drei ersten zusammen unter dem Namen Wis¬ senschaft der Notation; die Schüler wurden darin geübt, die Zeichen der Töne zugleich in ihrer Dauer, ihrer Intonation und ihrer Intensität zu erfassen. Es waren hier die Uebungen im No¬ tenlesen und im Solfeggiren vereinigt. Eine fünfte Abtheilung endlich hatte die Bestimmung, die Schüler darin zu üben, die Melo¬ dien mit untergelegten Worten zu singen. Im Jahre 1810 wurden die Elemente von Pfeiffer's Arbeit zu¬ sammengestellt und geordnet durch Naegeli ans Zürich, einen durch seine Kenntnisse, so wie durch seinen originellen Geist ausge¬ zeichneten Musiker. Er bildete daraus einen starken Quartband, der jedoch nicht etwa ein Handbuch für Schüler, sondern ein Leit¬ faden für Lehrer ist. Dieses Werk entsprach jedoch der Erwartung des Publikums nicht und schien auch Pestalozzi'ö Ansichten nicht zu realisiren; denn, wenn man auch der von Pfeiffer und Naegeli ein¬ geführten Trennung der verschiedenen Theile des Musikunterrichts Lob und Beifall nicht versagen kann, so muß man doch auch einge- stehen, daß die Richtung, die sie in den einzelnen Theilen eingeschla¬ gen haben, für einen Elementarunterricht nicht praktisch genug ist und daß sie bei Auseinandersetzung der Principien zu sehr in's Ein¬ zelne eingegangen sind. Zu derselben Zeit, da Naegeli'ö Musik- und Gesangs-Methode erschien, veröffentlichte der Preußische Ober-Schulrath Zeller in Königsberg eine Elementarmethode für Musik unter dem Titel „Ein Versuch zur Beförderung der Nationalerziehung in Preußen." Dieses Werk, das einen geringeren Erfolg gehabt zu haben scheint, als es verdient, enthält gute Ideen über den Unterricht in dieser Kunst in Bezug auf Volksmassen; man kann aber nicht ohne Grund dem Verfasser vorwerfen, daß er seine», Buche eine für volksthüm- liche Anwendung, wozu es doch bestimmt war, allzu philosophische Form gegeben hat. Im Jahre 1813 erschien von Natorp, Preußischem Ober-Con- sistorialrath, einem der gelehrtesten Männer Deutschlands in Betreff 15

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/225>, abgerufen am 26.08.2024.