Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester. Ohr' Todesgränz und Hindernuß Hätt' alle Kraft Dir ausgespült, Die Qualität hinweggewühlt. Der Himmel dann, die Erde hier, Das schönste Jenseits wär' sie Dir. Du würdest die Unsterblichkeit Gern geben hin für diese Zeit, Und aus dem leid'gen Engelöstand Dich sehnen in des Todes Land, Um wieder auf dieser Erden Ein liebender Mensch zu werden. Denn hier ist ja das schönste Land, Ein Mensch zu sein, der höchste Stand, Nur wo es Kampf und Leiden gibt, Und Schmerz der Seele Hellung trübt, Da ist mein wahres Vaterland, Schmerz ist des Geistes Unterpfand. ES mögen feige Pfaffen Jn'ö Jenseits sich vergaffen! Mir bleibe nur mein Schmerz, Mein liebend heißes Herz. Und wollten Alle himmlisch sein, Und gingen in die Himmel ein, -- Was aber ich nicht glauben kann, Es gibt noch manchen tapfern Mann Ich bliebe draußen stehen, Ich möcht hinein nicht gehen, Und bäte mir zu meinem Haus Die alten Schmerzen wieder aus, Die sollen wieder in mir brennen. Von ihnen kann ich mich nicht trennen. Schmerz ist ja nicht ein einzelner Theil, Getrennt von ihm der Seele Heil, Ganz bin ich Drang, ganz bin ich Schmerz. Ich will nicht unter, noch oberwärts. Der Schmerz eint Himmel und Hölle In seines Grundes Sonnenhelle. Ohr' Todesgränz und Hindernuß Hätt' alle Kraft Dir ausgespült, Die Qualität hinweggewühlt. Der Himmel dann, die Erde hier, Das schönste Jenseits wär' sie Dir. Du würdest die Unsterblichkeit Gern geben hin für diese Zeit, Und aus dem leid'gen Engelöstand Dich sehnen in des Todes Land, Um wieder auf dieser Erden Ein liebender Mensch zu werden. Denn hier ist ja das schönste Land, Ein Mensch zu sein, der höchste Stand, Nur wo es Kampf und Leiden gibt, Und Schmerz der Seele Hellung trübt, Da ist mein wahres Vaterland, Schmerz ist des Geistes Unterpfand. ES mögen feige Pfaffen Jn'ö Jenseits sich vergaffen! Mir bleibe nur mein Schmerz, Mein liebend heißes Herz. Und wollten Alle himmlisch sein, Und gingen in die Himmel ein, — Was aber ich nicht glauben kann, Es gibt noch manchen tapfern Mann Ich bliebe draußen stehen, Ich möcht hinein nicht gehen, Und bäte mir zu meinem Haus Die alten Schmerzen wieder aus, Die sollen wieder in mir brennen. Von ihnen kann ich mich nicht trennen. Schmerz ist ja nicht ein einzelner Theil, Getrennt von ihm der Seele Heil, Ganz bin ich Drang, ganz bin ich Schmerz. Ich will nicht unter, noch oberwärts. Der Schmerz eint Himmel und Hölle In seines Grundes Sonnenhelle. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266635"/> <lg xml:id="POEMID_2" prev="#POEMID_1" type="poem" next="#POEMID_3"> <l> Ohr' Todesgränz und Hindernuß<lb/> Hätt' alle Kraft Dir ausgespült,<lb/> Die Qualität hinweggewühlt.<lb/> Der Himmel dann, die Erde hier,<lb/> Das schönste Jenseits wär' sie Dir.<lb/> Du würdest die Unsterblichkeit<lb/> Gern geben hin für diese Zeit,<lb/> Und aus dem leid'gen Engelöstand<lb/> Dich sehnen in des Todes Land,<lb/> Um wieder auf dieser Erden<lb/> Ein liebender Mensch zu werden.<lb/> Denn hier ist ja das schönste Land,<lb/> Ein Mensch zu sein, der höchste Stand,<lb/> Nur wo es Kampf und Leiden gibt,<lb/> Und Schmerz der Seele Hellung trübt,<lb/> Da ist mein wahres Vaterland,<lb/> Schmerz ist des Geistes Unterpfand.<lb/> ES mögen feige Pfaffen<lb/> Jn'ö Jenseits sich vergaffen!<lb/> Mir bleibe nur mein Schmerz,<lb/> Mein liebend heißes Herz.<lb/> Und wollten Alle himmlisch sein,<lb/> Und gingen in die Himmel ein,<lb/> — Was aber ich nicht glauben kann,<lb/> Es gibt noch manchen tapfern Mann<lb/> Ich bliebe draußen stehen,<lb/> Ich möcht hinein nicht gehen,<lb/> Und bäte mir zu meinem Haus<lb/> Die alten Schmerzen wieder aus,<lb/> Die sollen wieder in mir brennen.<lb/> Von ihnen kann ich mich nicht trennen.<lb/> Schmerz ist ja nicht ein einzelner Theil,<lb/> Getrennt von ihm der Seele Heil,<lb/> Ganz bin ich Drang, ganz bin ich Schmerz.<lb/> Ich will nicht unter, noch oberwärts.<lb/> Der Schmerz eint Himmel und Hölle<lb/> In seines Grundes Sonnenhelle.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
Ohr' Todesgränz und Hindernuß
Hätt' alle Kraft Dir ausgespült,
Die Qualität hinweggewühlt.
Der Himmel dann, die Erde hier,
Das schönste Jenseits wär' sie Dir.
Du würdest die Unsterblichkeit
Gern geben hin für diese Zeit,
Und aus dem leid'gen Engelöstand
Dich sehnen in des Todes Land,
Um wieder auf dieser Erden
Ein liebender Mensch zu werden.
Denn hier ist ja das schönste Land,
Ein Mensch zu sein, der höchste Stand,
Nur wo es Kampf und Leiden gibt,
Und Schmerz der Seele Hellung trübt,
Da ist mein wahres Vaterland,
Schmerz ist des Geistes Unterpfand.
ES mögen feige Pfaffen
Jn'ö Jenseits sich vergaffen!
Mir bleibe nur mein Schmerz,
Mein liebend heißes Herz.
Und wollten Alle himmlisch sein,
Und gingen in die Himmel ein,
— Was aber ich nicht glauben kann,
Es gibt noch manchen tapfern Mann
Ich bliebe draußen stehen,
Ich möcht hinein nicht gehen,
Und bäte mir zu meinem Haus
Die alten Schmerzen wieder aus,
Die sollen wieder in mir brennen.
Von ihnen kann ich mich nicht trennen.
Schmerz ist ja nicht ein einzelner Theil,
Getrennt von ihm der Seele Heil,
Ganz bin ich Drang, ganz bin ich Schmerz.
Ich will nicht unter, noch oberwärts.
Der Schmerz eint Himmel und Hölle
In seines Grundes Sonnenhelle.
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