Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.Reisebriefe. Von A. Weil. 1. Paris -- vor der Abreise.Fort, fort, aus dem Getümmel der berauschenden Partheileidenschaften; Nach Deutschland, heißt es jetzt allenthalben, nach dem Rhein! Dort Reisebriefe. Von A. Weil. 1. Paris — vor der Abreise.Fort, fort, aus dem Getümmel der berauschenden Partheileidenschaften; Nach Deutschland, heißt es jetzt allenthalben, nach dem Rhein! Dort <TEI> <text> <body> <pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179447" facs="#f0064" n="56"/> <div n="1"> <head>Reisebriefe.<lb/><bibl>Von<lb/><author>A. Weil</author>.</bibl></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>1.</head><lb/> <dateline rendition="#right">Paris — vor der Abreise.</dateline><lb/> <p>Fort, fort, aus dem Getümmel der berauschenden Partheileidenschaften;<lb/> fort aus dem Ahasverusleben, fort aus der freien Stadt, wo man keinen<lb/> freien Vogel antrifft. Alle Wasser gehen ins Meer, sagt Salamon und<lb/> das Meer wird nicht voll, alle Wege gehen bis heute noch nach Paris<lb/> und Paris wird nicht voll — leider wird es sich einst doch übergeben<lb/> müssen!</p><lb/> <p>Nach Deutschland, heißt es jetzt allenthalben, nach dem Rhein! Dort<lb/> soll Ruhe und Poesie, dort soll der Niebelungenhort noch zu finden sein —<lb/> Ruhe, wenn alles um mich her strebt und ringt, jauchzt und singt; wenn<lb/> die Fahne der Bewegung, von dem Geistessturm des Jahrhunderts gepeitscht,<lb/> laut aufflackert und den Weg der Zukunft bahnt, —nein, ich suche nicht<lb/> Ruhe, nur eine Bewegung suche ich, ich suche nicht Poesie, denn wer die<lb/> nicht, wie die Schnecke ihr Haus, mit sich führt, der wird sie nirgend finden.<lb/> Nach Deutschland, ruft es aber dennoch in meinem Herzen. Dort soll die<lb/> Zukunft der Welt begraben liegen, wenn Frankreich seine Sendung ver¬<lb/> kennt, und ich fürchte, es verkennt sie. Mein Geist, wird in Deutsch¬<lb/> land oft daran zweifeln müssen, mein Herz aber glaubt daran, und ich<lb/> glaube meinem Herzen. Es giebt Menschen — sieben Achttheil der Mensch¬<lb/> heit — die von dem Beruf eines Schriftstellers keine Ahnung haben, die wenn<lb/> wir ihnen von der Zukunft reden, mitleidig die Achsel zucken, und all<lb/> ihren Geist anwenden, um ein dummes Lächeln hervorzubringen und die<lb/> von uns sagen, der Mensch ist verrückt, toll, es ist jammerschade, ich<lb/> gäbe ihm tausend Gulden jährlich, wenn er mir meine Correspondenz<lb/> führte. Ich bin fest überzeugt, daß zu Sokrates Zeiten, ihm so mancher<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0064]
Reisebriefe.
Von
A. Weil.
1.
Paris — vor der Abreise.
Fort, fort, aus dem Getümmel der berauschenden Partheileidenschaften;
fort aus dem Ahasverusleben, fort aus der freien Stadt, wo man keinen
freien Vogel antrifft. Alle Wasser gehen ins Meer, sagt Salamon und
das Meer wird nicht voll, alle Wege gehen bis heute noch nach Paris
und Paris wird nicht voll — leider wird es sich einst doch übergeben
müssen!
Nach Deutschland, heißt es jetzt allenthalben, nach dem Rhein! Dort
soll Ruhe und Poesie, dort soll der Niebelungenhort noch zu finden sein —
Ruhe, wenn alles um mich her strebt und ringt, jauchzt und singt; wenn
die Fahne der Bewegung, von dem Geistessturm des Jahrhunderts gepeitscht,
laut aufflackert und den Weg der Zukunft bahnt, —nein, ich suche nicht
Ruhe, nur eine Bewegung suche ich, ich suche nicht Poesie, denn wer die
nicht, wie die Schnecke ihr Haus, mit sich führt, der wird sie nirgend finden.
Nach Deutschland, ruft es aber dennoch in meinem Herzen. Dort soll die
Zukunft der Welt begraben liegen, wenn Frankreich seine Sendung ver¬
kennt, und ich fürchte, es verkennt sie. Mein Geist, wird in Deutsch¬
land oft daran zweifeln müssen, mein Herz aber glaubt daran, und ich
glaube meinem Herzen. Es giebt Menschen — sieben Achttheil der Mensch¬
heit — die von dem Beruf eines Schriftstellers keine Ahnung haben, die wenn
wir ihnen von der Zukunft reden, mitleidig die Achsel zucken, und all
ihren Geist anwenden, um ein dummes Lächeln hervorzubringen und die
von uns sagen, der Mensch ist verrückt, toll, es ist jammerschade, ich
gäbe ihm tausend Gulden jährlich, wenn er mir meine Correspondenz
führte. Ich bin fest überzeugt, daß zu Sokrates Zeiten, ihm so mancher
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