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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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"In Belgien freie oder doch sehr wenig beschränkte Einfuhr der Roh¬
stoffe fast aller Länder; in Frankreich ungeheure Eingangszölle für fast
sämmtliche Rohstoffe. (Der Verfasser beweist dieß durch eine tabellarische
Uebersicht.) In Belgien freie Schiffahrt für fremde Fahrzeuge, auf dem¬
selben Fuße wie die nationalen Schiffe; in Frankreich ungeheure Differential¬
zölle zur Abwehr der fremden Schifffahrt; in Belgien mäßige Gebühren für
fremde Manufakturproducte; in Frankreich entweder Verbot oder doch unge¬
heure Zölle auf alle fremde Fabrikation, die sich auch in Frankreich findet,
(ebenfalls durch eine tabellarische Uebersicht veranschaulicht); in Belgien be¬
steht Tranksteuer entweder bei der Fabrikation oder wenn die Waare in die
Hand des Consumenten kommt, aber immer nur durch die Vermittelung des
Fabrikanten oder Verkäufers en gros; in Frankreich directe Erhebung der
Trankaccise, sowohl bei dem Groß- als bei dem Kleinhändler, und sowohl
bei der Fabrikation als bei dem Verkauf an den Consumenten; in Belgien
freier Handel mit allen accisepflichtigen Gegenständen, wie Salz und Zucker,
sowie einmal der Fabrikant oder Verkäufer in Anspruch genommen ist; in
Frankreich Überwachung des Verkäufers zu jeder Zeit und an jedem Orte,
vom Augenblicke der Fabrikation bis zum geringfügigsten Verbrauche.

"Bei so sehr verschiedenen Verhältnissen ist offenbar Belgien dazu
gemacht, eine sparsame Manufakturnation für alle in- und ausländische
Stoffe zu sein, mit der Absicht, seine Manufacturprodukte zu verkaufen, die
Ein- und Durchfuhr fremdländischer Waaren nicht zu hemmen, jeder Ver¬
kehrsbranche die größtmögliche Freiheit zu lassen, und soviel fremde Industrien
und Capitalien wie möglich an sich zu ziehen. Die commerciellen und Finanz¬
gesetze Frankreichs haben dagegen zum Resultate, wenn auch nicht zum
directen Zwecke, es in sich selbst zu concentriren, die Nation unter der Vor¬
mundschaft und beständigen Aufsicht einer engherzigen und drückenden Beamten-
controle zu halten, sie zu einem von den benachbarten Nationen mehr oder
minder isolirten Ganzen zu machen, da es sich doch einmal daran gewöhnt
hat, mit denselben in ewigem, wenn auch stummem, Kriegszustande zu leben.
Belgien hat nöthig, überall frei athmen und mit allen seine Nachbarn in
Friede und Freundschaft leben zu können; Frankreich thut sich darauf zu
Gute, in Europa vereinzelt da zu stehen, alle seine Geschäfte will es mit
sich selbst machen. Es ist kaum denkbar, daß die Stellungen zweier Länder
mehr von einander verschieden sein können. Die Frage ist nur: Soll
Belgien seine gegenwärtige Lage und Stellung behaupten, und mit deren
Hülfe darnach streben, sich zu entwickeln, und nach und nach die Zeiten der
Blüthe von Brügge, Gent, Apres und Antwerpen herbeizuführen, oder
soll es dieses Alles unterlassen und die Isolirung Frankreichs theilen?"

„In Belgien freie oder doch sehr wenig beschränkte Einfuhr der Roh¬
stoffe fast aller Länder; in Frankreich ungeheure Eingangszölle für fast
sämmtliche Rohstoffe. (Der Verfasser beweist dieß durch eine tabellarische
Uebersicht.) In Belgien freie Schiffahrt für fremde Fahrzeuge, auf dem¬
selben Fuße wie die nationalen Schiffe; in Frankreich ungeheure Differential¬
zölle zur Abwehr der fremden Schifffahrt; in Belgien mäßige Gebühren für
fremde Manufakturproducte; in Frankreich entweder Verbot oder doch unge¬
heure Zölle auf alle fremde Fabrikation, die sich auch in Frankreich findet,
(ebenfalls durch eine tabellarische Uebersicht veranschaulicht); in Belgien be¬
steht Tranksteuer entweder bei der Fabrikation oder wenn die Waare in die
Hand des Consumenten kommt, aber immer nur durch die Vermittelung des
Fabrikanten oder Verkäufers en gros; in Frankreich directe Erhebung der
Trankaccise, sowohl bei dem Groß- als bei dem Kleinhändler, und sowohl
bei der Fabrikation als bei dem Verkauf an den Consumenten; in Belgien
freier Handel mit allen accisepflichtigen Gegenständen, wie Salz und Zucker,
sowie einmal der Fabrikant oder Verkäufer in Anspruch genommen ist; in
Frankreich Überwachung des Verkäufers zu jeder Zeit und an jedem Orte,
vom Augenblicke der Fabrikation bis zum geringfügigsten Verbrauche.

„Bei so sehr verschiedenen Verhältnissen ist offenbar Belgien dazu
gemacht, eine sparsame Manufakturnation für alle in- und ausländische
Stoffe zu sein, mit der Absicht, seine Manufacturprodukte zu verkaufen, die
Ein- und Durchfuhr fremdländischer Waaren nicht zu hemmen, jeder Ver¬
kehrsbranche die größtmögliche Freiheit zu lassen, und soviel fremde Industrien
und Capitalien wie möglich an sich zu ziehen. Die commerciellen und Finanz¬
gesetze Frankreichs haben dagegen zum Resultate, wenn auch nicht zum
directen Zwecke, es in sich selbst zu concentriren, die Nation unter der Vor¬
mundschaft und beständigen Aufsicht einer engherzigen und drückenden Beamten-
controle zu halten, sie zu einem von den benachbarten Nationen mehr oder
minder isolirten Ganzen zu machen, da es sich doch einmal daran gewöhnt
hat, mit denselben in ewigem, wenn auch stummem, Kriegszustande zu leben.
Belgien hat nöthig, überall frei athmen und mit allen seine Nachbarn in
Friede und Freundschaft leben zu können; Frankreich thut sich darauf zu
Gute, in Europa vereinzelt da zu stehen, alle seine Geschäfte will es mit
sich selbst machen. Es ist kaum denkbar, daß die Stellungen zweier Länder
mehr von einander verschieden sein können. Die Frage ist nur: Soll
Belgien seine gegenwärtige Lage und Stellung behaupten, und mit deren
Hülfe darnach streben, sich zu entwickeln, und nach und nach die Zeiten der
Blüthe von Brügge, Gent, Apres und Antwerpen herbeizuführen, oder
soll es dieses Alles unterlassen und die Isolirung Frankreichs theilen?"

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[258/0266] „In Belgien freie oder doch sehr wenig beschränkte Einfuhr der Roh¬ stoffe fast aller Länder; in Frankreich ungeheure Eingangszölle für fast sämmtliche Rohstoffe. (Der Verfasser beweist dieß durch eine tabellarische Uebersicht.) In Belgien freie Schiffahrt für fremde Fahrzeuge, auf dem¬ selben Fuße wie die nationalen Schiffe; in Frankreich ungeheure Differential¬ zölle zur Abwehr der fremden Schifffahrt; in Belgien mäßige Gebühren für fremde Manufakturproducte; in Frankreich entweder Verbot oder doch unge¬ heure Zölle auf alle fremde Fabrikation, die sich auch in Frankreich findet, (ebenfalls durch eine tabellarische Uebersicht veranschaulicht); in Belgien be¬ steht Tranksteuer entweder bei der Fabrikation oder wenn die Waare in die Hand des Consumenten kommt, aber immer nur durch die Vermittelung des Fabrikanten oder Verkäufers en gros; in Frankreich directe Erhebung der Trankaccise, sowohl bei dem Groß- als bei dem Kleinhändler, und sowohl bei der Fabrikation als bei dem Verkauf an den Consumenten; in Belgien freier Handel mit allen accisepflichtigen Gegenständen, wie Salz und Zucker, sowie einmal der Fabrikant oder Verkäufer in Anspruch genommen ist; in Frankreich Überwachung des Verkäufers zu jeder Zeit und an jedem Orte, vom Augenblicke der Fabrikation bis zum geringfügigsten Verbrauche. „Bei so sehr verschiedenen Verhältnissen ist offenbar Belgien dazu gemacht, eine sparsame Manufakturnation für alle in- und ausländische Stoffe zu sein, mit der Absicht, seine Manufacturprodukte zu verkaufen, die Ein- und Durchfuhr fremdländischer Waaren nicht zu hemmen, jeder Ver¬ kehrsbranche die größtmögliche Freiheit zu lassen, und soviel fremde Industrien und Capitalien wie möglich an sich zu ziehen. Die commerciellen und Finanz¬ gesetze Frankreichs haben dagegen zum Resultate, wenn auch nicht zum directen Zwecke, es in sich selbst zu concentriren, die Nation unter der Vor¬ mundschaft und beständigen Aufsicht einer engherzigen und drückenden Beamten- controle zu halten, sie zu einem von den benachbarten Nationen mehr oder minder isolirten Ganzen zu machen, da es sich doch einmal daran gewöhnt hat, mit denselben in ewigem, wenn auch stummem, Kriegszustande zu leben. Belgien hat nöthig, überall frei athmen und mit allen seine Nachbarn in Friede und Freundschaft leben zu können; Frankreich thut sich darauf zu Gute, in Europa vereinzelt da zu stehen, alle seine Geschäfte will es mit sich selbst machen. Es ist kaum denkbar, daß die Stellungen zweier Länder mehr von einander verschieden sein können. Die Frage ist nur: Soll Belgien seine gegenwärtige Lage und Stellung behaupten, und mit deren Hülfe darnach streben, sich zu entwickeln, und nach und nach die Zeiten der Blüthe von Brügge, Gent, Apres und Antwerpen herbeizuführen, oder soll es dieses Alles unterlassen und die Isolirung Frankreichs theilen?"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/266>, abgerufen am 22.11.2024.