Frankreich wie es jetzt ist, pünktliche Gerechtigkeit in Vertheilung der öffent¬ lichen Aemter zu erwarten und ob wir in dieser Beziehung nicht abermals wehrhafte Parias sein würden, wie zu den Zeiten der Republik und des Kaiserthums, die uns, wie jederman weiß, unbarmherzig mit einer Legion von Präfecten, Unterpräfecten, Generaleinnehmern, Directoren, Justiz- und Verwaltungsbeamten und Bediensteten jeder Art überschwemmten, die alle unglücklicherweise im Lande nicht gerade den Ruf unbestechlicher Redlichkeit zurückgelassen haben. *) Und wie soll es nun gerade jetzt gehen, wo jedes neue Ministerium eine Masse von Personen für ihre "loyale" Beihülfe belohnen muß. Ich will nicht besonders von dem belgischen Clerus reden, der der Vereinigung mit Frankreich abhold zu sein scheint, noch von den flamändischen Provinzen, die mehr als die Hälfte des Königreichs bilden und im Allgemeinen derselben immer entgegen waren; denn ich glaube, daß auch der übrige Theil der Bevölkerung dieser Vereinigung ebenso abgeneigt ist.
Der Verfasser resümirt zum Schlüsse seine wichtige Untersuchung mit dem Satze: Große Staaten sind für die kleineren im Falle eines Krieges immer gefährliche Nachbarn; die ihnen auf dem Papier garantirte Neutralität ist gegen solche Gefahren ein schlechtes Schutzmittel. Sie müssen also suchen, sich mit demjenigen ihrer mächtigeren Nachbarn zu verbünden, der ihre Selbständigkeit am wenigsten bedroht, und das ist beim Eintritte trauriger Eventualitäten Frankreich, Belgien gegenüber, wahrlich nicht. In Norden oder Osten ist ein solcher Verbündeter zu suchen.
Wir wollen den Verfasser nicht in Allem, was er sagt, streng beim Worte fassen, denn gerade weil wir fest auf dem Standpunkte deutscher Interessen beharren, welche zugleich die des europäischen Friedens sind, stim¬ men wir freudig in den Ruf des Verfassers ein: Belgiens Unabhän¬ gigkeit für immer.
*) Es ist doch merkwürdig. Alles accurat wie bei uns! (Ein Setzer aus den Rheinlanden.)
Frankreich wie es jetzt ist, pünktliche Gerechtigkeit in Vertheilung der öffent¬ lichen Aemter zu erwarten und ob wir in dieser Beziehung nicht abermals wehrhafte Parias sein würden, wie zu den Zeiten der Republik und des Kaiserthums, die uns, wie jederman weiß, unbarmherzig mit einer Legion von Präfecten, Unterpräfecten, Generaleinnehmern, Directoren, Justiz- und Verwaltungsbeamten und Bediensteten jeder Art überschwemmten, die alle unglücklicherweise im Lande nicht gerade den Ruf unbestechlicher Redlichkeit zurückgelassen haben. *) Und wie soll es nun gerade jetzt gehen, wo jedes neue Ministerium eine Masse von Personen für ihre „loyale“ Beihülfe belohnen muß. Ich will nicht besonders von dem belgischen Clerus reden, der der Vereinigung mit Frankreich abhold zu sein scheint, noch von den flamändischen Provinzen, die mehr als die Hälfte des Königreichs bilden und im Allgemeinen derselben immer entgegen waren; denn ich glaube, daß auch der übrige Theil der Bevölkerung dieser Vereinigung ebenso abgeneigt ist.
Der Verfasser resümirt zum Schlüsse seine wichtige Untersuchung mit dem Satze: Große Staaten sind für die kleineren im Falle eines Krieges immer gefährliche Nachbarn; die ihnen auf dem Papier garantirte Neutralität ist gegen solche Gefahren ein schlechtes Schutzmittel. Sie müssen also suchen, sich mit demjenigen ihrer mächtigeren Nachbarn zu verbünden, der ihre Selbständigkeit am wenigsten bedroht, und das ist beim Eintritte trauriger Eventualitäten Frankreich, Belgien gegenüber, wahrlich nicht. In Norden oder Osten ist ein solcher Verbündeter zu suchen.
Wir wollen den Verfasser nicht in Allem, was er sagt, streng beim Worte fassen, denn gerade weil wir fest auf dem Standpunkte deutscher Interessen beharren, welche zugleich die des europäischen Friedens sind, stim¬ men wir freudig in den Ruf des Verfassers ein: Belgiens Unabhän¬ gigkeit für immer.
*) Es ist doch merkwürdig. Alles accurat wie bei uns! (Ein Setzer aus den Rheinlanden.)
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Kaiserthums, die uns, wie jederman weiß, unbarmherzig mit einer Legion
von Präfecten, Unterpräfecten, Generaleinnehmern, Directoren, Justiz- und
Verwaltungsbeamten und Bediensteten jeder Art überschwemmten, die alle
unglücklicherweise im Lande nicht gerade den Ruf unbestechlicher Redlichkeit
zurückgelassen haben. *) Und wie soll es nun gerade jetzt gehen, wo jedes
neue Ministerium eine Masse von Personen für ihre „loyale“ Beihülfe
belohnen muß. Ich will nicht besonders von dem belgischen Clerus
reden, der der Vereinigung mit Frankreich abhold zu sein scheint, noch von
den flamändischen Provinzen, die mehr als die Hälfte des Königreichs bilden
und im Allgemeinen derselben immer entgegen waren; denn ich glaube, daß
auch der übrige Theil der Bevölkerung dieser Vereinigung ebenso abgeneigt ist.
Der Verfasser resümirt zum Schlüsse seine wichtige Untersuchung mit
dem Satze: Große Staaten sind für die kleineren im Falle eines Krieges immer
gefährliche Nachbarn; die ihnen auf dem Papier garantirte Neutralität ist
gegen solche Gefahren ein schlechtes Schutzmittel. Sie müssen also suchen,
sich mit demjenigen ihrer mächtigeren Nachbarn zu verbünden, der ihre
Selbständigkeit am wenigsten bedroht, und das ist beim Eintritte trauriger
Eventualitäten Frankreich, Belgien gegenüber, wahrlich nicht. In Norden
oder Osten ist ein solcher Verbündeter zu suchen.
Wir wollen den Verfasser nicht in Allem, was er sagt, streng beim
Worte fassen, denn gerade weil wir fest auf dem Standpunkte deutscher
Interessen beharren, welche zugleich die des europäischen Friedens sind, stim¬
men wir freudig in den Ruf des Verfassers ein: Belgiens Unabhän¬
gigkeit für immer.
*) Es ist doch merkwürdig. Alles accurat wie bei uns!
(Ein Setzer aus den Rheinlanden.)
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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