Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.Zerrbild eines ihrer edelsten Kämpen, des Pariser Advokaten Cremieux Wenn es die allgemeine Aufgabe des Künstlers sein soll, den, Prosai¬ Läßt man der Phantasie einigermaßen die Zügel schießen, und denkt man Zerrbild eines ihrer edelsten Kämpen, des Pariser Advokaten Cremieux Wenn es die allgemeine Aufgabe des Künstlers sein soll, den, Prosai¬ Läßt man der Phantasie einigermaßen die Zügel schießen, und denkt man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179623" n="232" facs="#f0240"/> <p>Zerrbild eines ihrer edelsten Kämpen, des Pariser Advokaten Cremieux<lb/> mit andern Illustrationen des Barreau und der parlamentarischen Red-<lb/> nerbühne.</p><lb/> <p>Wenn es die allgemeine Aufgabe des Künstlers sein soll, den, Prosai¬<lb/> schen und Gewöhnlichen die höhere ideale Seite abzugewinnen, und den<lb/> göttlichen Funken, der darin verborgen ist, zum Lichte zu entzünden, so hat<lb/> Dantan gerade die Kehrseite dieses allgemeinen künstlerischen Berufs zum<lb/> Vorwurfe seiner Schöpfungen genommen. Ein wahrer Mephistopheles der<lb/> Lächerlichkeit, lauert er hinter Allem, was die Zeit an erhabenen und gro߬<lb/> artigen Persönlichkeiten besitzt, hinter der ernsten Falte aus der Stirne des<lb/> Weisen, dem begeisterten Blicke aus dem Auge des Künstlers, den kräftig-<lb/> kühnen herausfordernden Zügen des Mannes der That und des Wortes<lb/> entdeckt er schnell den Pedanten, den Musikaffen, den anmaßend-phantasti¬<lb/> schen Kunstjünger, den Bramarbas, den Rabulisten und Sykophanten.</p><lb/> <p>Läßt man der Phantasie einigermaßen die Zügel schießen, und denkt man<lb/> sich das tolle Durcheinander belebt, so wird man unwillkührlich an die<lb/> Blocksbergscene im Göthe'schen Faust erinnert. Man frägt sich, welch' dä¬<lb/> monische Laune alle Celebritäten des Jahrhunderts ergriffen hat, daß sie<lb/> mit convulsivischen Sprüngen und Verrenkungen einen höllischen Sabbath<lb/> feiern. Spotten sie etwa ihrer selbst und wollen sie in verzweifelnder<lb/> Selbstironsirung die Nichtigkeit unserer Epigonenzeit darstellen? Doch still!<lb/> Hier brechen wir ab, denn für solche Phantasien und Reflexionen ist Dan-<lb/> tan's Atelier der Ort nicht.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [232/0240]
Zerrbild eines ihrer edelsten Kämpen, des Pariser Advokaten Cremieux
mit andern Illustrationen des Barreau und der parlamentarischen Red-
nerbühne.
Wenn es die allgemeine Aufgabe des Künstlers sein soll, den, Prosai¬
schen und Gewöhnlichen die höhere ideale Seite abzugewinnen, und den
göttlichen Funken, der darin verborgen ist, zum Lichte zu entzünden, so hat
Dantan gerade die Kehrseite dieses allgemeinen künstlerischen Berufs zum
Vorwurfe seiner Schöpfungen genommen. Ein wahrer Mephistopheles der
Lächerlichkeit, lauert er hinter Allem, was die Zeit an erhabenen und gro߬
artigen Persönlichkeiten besitzt, hinter der ernsten Falte aus der Stirne des
Weisen, dem begeisterten Blicke aus dem Auge des Künstlers, den kräftig-
kühnen herausfordernden Zügen des Mannes der That und des Wortes
entdeckt er schnell den Pedanten, den Musikaffen, den anmaßend-phantasti¬
schen Kunstjünger, den Bramarbas, den Rabulisten und Sykophanten.
Läßt man der Phantasie einigermaßen die Zügel schießen, und denkt man
sich das tolle Durcheinander belebt, so wird man unwillkührlich an die
Blocksbergscene im Göthe'schen Faust erinnert. Man frägt sich, welch' dä¬
monische Laune alle Celebritäten des Jahrhunderts ergriffen hat, daß sie
mit convulsivischen Sprüngen und Verrenkungen einen höllischen Sabbath
feiern. Spotten sie etwa ihrer selbst und wollen sie in verzweifelnder
Selbstironsirung die Nichtigkeit unserer Epigonenzeit darstellen? Doch still!
Hier brechen wir ab, denn für solche Phantasien und Reflexionen ist Dan-
tan's Atelier der Ort nicht.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-19T17:23:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1).
(2013-11-19T17:23:38Z)
Weitere Informationen:Art der Texterfassung: OCR.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |