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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Deutschland zu einer Armee um und zerschmettert den Adelstolz der Offiziere, bekömmt
Deutschland eine Nationalflagge und eine Flotte, so ist Vieles, und Viel zugleich
für die Zukunft geschehen. Die Männer, die dies erwirkten, werden ermüdet sich aus¬
ruhen, aber die Söhne solcher Thaten werden schon muthig in die Fußstapfen der Vä¬
ter treten. Hier fällt alle Ironie weg. Behalten wir das Große immer im Auge,
und bespötteln wir nur das Kleine. -- Aber noch steht Deutschland nicht auf diesem Punkt,
noch ist das Vertrauen zwischen scheinbar verschiedenen Tendenzen nicht hergestellt. Noch
sind die öffentlichen Sitten Deutschlands die nicht, die eine große politische Nation kon-
stituiren. Noch hat der Mensch seinen Werth als Mensch nicht, noch schätzt man ihn
nach seinem Titel und seiner thierischen Geburt, noch ist die Heirath in Deutschland
eine Spekulation, noch fühlt das Weib nur als ein Weib, nicht als Mensch, nicht als
Deutsche zuerst, noch ist die Erziehung nicht national oder rein humanistisch, noch feinden
sich die verschiedenen Religionen an, als wären sie nicht alle sterbliche Menschen eines
Vaters, noch hat der Schriftsteller nicht das Bewußtsein seiner wahren Mission, noch
räumt ihm die Gesellschaft die Stelle nicht ein, die ihm, durch das unverjährende
Recht des Geistes gebührt, aber das Alles wird und muß sich zum Bessern gestalten,
und wir alle tragen dazu bei. Diejenigen, die die Gegenwart verdammen, so wie die,
die sich mit der Zukunft trösten. Es ist genug, wenn man an die Sendung einer Na¬
tion glaubt, um ihrer Wahrheit sicher zu sein. Die Dinge, die da kommen, werden
nicht vorausgesagt, weil sie kommen, sondern sie kommen, weil sie vorausgefühlt wur¬
den. Erkennen wir ernst an, daß es in einem Staate keine individuelle Are gibt, die
sich um sich selbst dreht. Handel, Kunst, Literatur, Poesie, Diplomatie, Gewerbe,
Gesetzgebung, Sitten, Musik, Tanz, Leben und Sterben, alles dies ist eine Perlen¬
schnur tausendartiger Spezialitäten, die in eine Einheit zusammenschlagen. Wäre Gott
nicht, die Philosophie hätte ihn als Einheit der Kraft erfinden müssen. Darum muß
uns nichts klein sein, nichts geringfügig. Andere sind nur groß, weil wir bis jetzt
klein waren, andere heilig, weil wir profan. Doch ist's besser, wir machen Alles groß,
Alles heilig, als Andere auch klein und profan. Deutschland soll groß und heilig
werden! Weil wir Alle dies wünschen, darum wird es sich auch erfüllen.



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Deutschland zu einer Armee um und zerschmettert den Adelstolz der Offiziere, bekömmt
Deutschland eine Nationalflagge und eine Flotte, so ist Vieles, und Viel zugleich
für die Zukunft geschehen. Die Männer, die dies erwirkten, werden ermüdet sich aus¬
ruhen, aber die Söhne solcher Thaten werden schon muthig in die Fußstapfen der Vä¬
ter treten. Hier fällt alle Ironie weg. Behalten wir das Große immer im Auge,
und bespötteln wir nur das Kleine. — Aber noch steht Deutschland nicht auf diesem Punkt,
noch ist das Vertrauen zwischen scheinbar verschiedenen Tendenzen nicht hergestellt. Noch
sind die öffentlichen Sitten Deutschlands die nicht, die eine große politische Nation kon-
stituiren. Noch hat der Mensch seinen Werth als Mensch nicht, noch schätzt man ihn
nach seinem Titel und seiner thierischen Geburt, noch ist die Heirath in Deutschland
eine Spekulation, noch fühlt das Weib nur als ein Weib, nicht als Mensch, nicht als
Deutsche zuerst, noch ist die Erziehung nicht national oder rein humanistisch, noch feinden
sich die verschiedenen Religionen an, als wären sie nicht alle sterbliche Menschen eines
Vaters, noch hat der Schriftsteller nicht das Bewußtsein seiner wahren Mission, noch
räumt ihm die Gesellschaft die Stelle nicht ein, die ihm, durch das unverjährende
Recht des Geistes gebührt, aber das Alles wird und muß sich zum Bessern gestalten,
und wir alle tragen dazu bei. Diejenigen, die die Gegenwart verdammen, so wie die,
die sich mit der Zukunft trösten. Es ist genug, wenn man an die Sendung einer Na¬
tion glaubt, um ihrer Wahrheit sicher zu sein. Die Dinge, die da kommen, werden
nicht vorausgesagt, weil sie kommen, sondern sie kommen, weil sie vorausgefühlt wur¬
den. Erkennen wir ernst an, daß es in einem Staate keine individuelle Are gibt, die
sich um sich selbst dreht. Handel, Kunst, Literatur, Poesie, Diplomatie, Gewerbe,
Gesetzgebung, Sitten, Musik, Tanz, Leben und Sterben, alles dies ist eine Perlen¬
schnur tausendartiger Spezialitäten, die in eine Einheit zusammenschlagen. Wäre Gott
nicht, die Philosophie hätte ihn als Einheit der Kraft erfinden müssen. Darum muß
uns nichts klein sein, nichts geringfügig. Andere sind nur groß, weil wir bis jetzt
klein waren, andere heilig, weil wir profan. Doch ist's besser, wir machen Alles groß,
Alles heilig, als Andere auch klein und profan. Deutschland soll groß und heilig
werden! Weil wir Alle dies wünschen, darum wird es sich auch erfüllen.



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/229>, abgerufen am 24.11.2024.