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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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vaterländischen Sprache, und der daraus entstehenden Nachtheile hervor¬
gehoben. Dabei finden sich Ausfälle auf mancherlei Verhältnisse und Zu¬
stände in Belgien, die jedoch jenen naiven harmlosen Charakter an sich tra¬
gen, welcher ein Grundzug der flamändischen Poeten ist, Ausfälle die um
so weniger verletzen, als der Verfasser auch die Dichter, und sich selbst
nicht schont. Der Leser wird, indem wir dem Ganzen folgen, und
einzelne Proben mit nöthiger Uebersetzung anführen, sein Urtheil sich selbst
bilden können.

In einem "Vorgesang" stellt der Dichter dar, wie angenehm und er¬
munternd es sei, sich mit der Geschichte seines Landes zu beschäftigen; er
sagt hier:

(O! wat der vadren deugg bestond
In lang verleden tyden,
Blyft steeds den nazaet, hoe ontaerdt
Nog altoos zekere achting waerd,
En't zal ons steeds verblyden.) *)
"O was der Väter Tugend bestand
In lang verfloss'nen Zeiten
Bleibt stets der Nachsaat, wenn auch entartet
Noch allzeit sichrer Achtung werth
Und es soll uns stets erfreuen."

Nun schildert er die blühende alte Zeit, die alten Heldenthaten der
Flamänder gegen Frankreich; die glänzenden Tage von Brügge und Gent,
mit ihrer Bürgerkraft, mit ihren reichen Webern und mächtigen Zünften,
für welche die junge flamändische Literatur eine besondere Begeisterung hat,
werden auch hier erwähnt:

(Van slagters die een magtig heir
Tot ov een vierde dunden;
Van wevers die een hell'baerdslag
Herdoopten in een "goedendag"
En hem den Franschman gunden.)

*) Zur Aussprache des Flämischen, welche das Verständniß vieler Wörter erleichtert,
bemerke ich ein für alle Mal:
e nach einem Vokal dient als Verlängerung, mit Ausnahme bei o; oe lautet: u.
u lautet immer: ü; ui lautet: oi; ou lautet: au.
y lautet immer: ei; oo ist langes o.
g wird wie gh etwas in der Kehle gesprochen.
v ist ein härteres, w ein weicheres w.
z ist stets ein sehr sanftes s; die übrigen Buchstaben weichen nicht ab.

vaterländischen Sprache, und der daraus entstehenden Nachtheile hervor¬
gehoben. Dabei finden sich Ausfälle auf mancherlei Verhältnisse und Zu¬
stände in Belgien, die jedoch jenen naiven harmlosen Charakter an sich tra¬
gen, welcher ein Grundzug der flamändischen Poeten ist, Ausfälle die um
so weniger verletzen, als der Verfasser auch die Dichter, und sich selbst
nicht schont. Der Leser wird, indem wir dem Ganzen folgen, und
einzelne Proben mit nöthiger Uebersetzung anführen, sein Urtheil sich selbst
bilden können.

In einem 〟Vorgesang〟 stellt der Dichter dar, wie angenehm und er¬
munternd es sei, sich mit der Geschichte seines Landes zu beschäftigen; er
sagt hier:

(O! wat der vadren deugg bestond
In lang verleden tyden,
Blyft steeds den nazaet, hoe ontaerdt
Nog altoos zekere achting waerd,
En't zal ons steeds verblyden.) *)
„O was der Väter Tugend bestand
In lang verfloss'nen Zeiten
Bleibt stets der Nachsaat, wenn auch entartet
Noch allzeit sichrer Achtung werth
Und es soll uns stets erfreuen.〟

Nun schildert er die blühende alte Zeit, die alten Heldenthaten der
Flamänder gegen Frankreich; die glänzenden Tage von Brügge und Gent,
mit ihrer Bürgerkraft, mit ihren reichen Webern und mächtigen Zünften,
für welche die junge flamändische Literatur eine besondere Begeisterung hat,
werden auch hier erwähnt:

(Van slagters die een magtig heir
Tot ov een vierde dunden;
Van wevers die een hell'baerdslag
Herdoopten in een „goedendag“
En hem den Franschman gunden.)

*) Zur Aussprache des Flämischen, welche das Verständniß vieler Wörter erleichtert,
bemerke ich ein für alle Mal:
e nach einem Vokal dient als Verlängerung, mit Ausnahme bei o; oe lautet: u.
u lautet immer: ü; ui lautet: oi; ou lautet: au.
y lautet immer: ei; oo ist langes o.
g wird wie gh etwas in der Kehle gesprochen.
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[211/0219] vaterländischen Sprache, und der daraus entstehenden Nachtheile hervor¬ gehoben. Dabei finden sich Ausfälle auf mancherlei Verhältnisse und Zu¬ stände in Belgien, die jedoch jenen naiven harmlosen Charakter an sich tra¬ gen, welcher ein Grundzug der flamändischen Poeten ist, Ausfälle die um so weniger verletzen, als der Verfasser auch die Dichter, und sich selbst nicht schont. Der Leser wird, indem wir dem Ganzen folgen, und einzelne Proben mit nöthiger Uebersetzung anführen, sein Urtheil sich selbst bilden können. In einem 〟Vorgesang〟 stellt der Dichter dar, wie angenehm und er¬ munternd es sei, sich mit der Geschichte seines Landes zu beschäftigen; er sagt hier: (O! wat der vadren deugg bestond In lang verleden tyden, Blyft steeds den nazaet, hoe ontaerdt Nog altoos zekere achting waerd, En't zal ons steeds verblyden.) *) „O was der Väter Tugend bestand In lang verfloss'nen Zeiten Bleibt stets der Nachsaat, wenn auch entartet Noch allzeit sichrer Achtung werth Und es soll uns stets erfreuen.〟 Nun schildert er die blühende alte Zeit, die alten Heldenthaten der Flamänder gegen Frankreich; die glänzenden Tage von Brügge und Gent, mit ihrer Bürgerkraft, mit ihren reichen Webern und mächtigen Zünften, für welche die junge flamändische Literatur eine besondere Begeisterung hat, werden auch hier erwähnt: (Van slagters die een magtig heir Tot ov een vierde dunden; Van wevers die een hell'baerdslag Herdoopten in een „goedendag“ En hem den Franschman gunden.) *) Zur Aussprache des Flämischen, welche das Verständniß vieler Wörter erleichtert, bemerke ich ein für alle Mal: e nach einem Vokal dient als Verlängerung, mit Ausnahme bei o; oe lautet: u. u lautet immer: ü; ui lautet: oi; ou lautet: au. y lautet immer: ei; oo ist langes o. g wird wie gh etwas in der Kehle gesprochen. v ist ein härteres, w ein weicheres w. z ist stets ein sehr sanftes s; die übrigen Buchstaben weichen nicht ab.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/219>, abgerufen am 22.11.2024.