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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Doch verlor die Regierung die schöne Eroberung Algiers nicht aus den
Augen. Es erging ein Aufruf an die Bevölkerungen Europas, und von
allen Seiten her trafen Colonisten ein. Schon im ersten Jahre zählte man
deren eine Million. -- Heute zählt Algier bekanntlich 6 Millionen europäi¬
scher Bewohner und 42 neue Städte. Das Zutrauen ist groß, denn der
Schutz der französischen Fahne ist ein mächtiger. Zwanzigtausend Mann
reichen hin, um die Sicherheit auf den Wegen in diesen weiten Landstrecken
zu handhaben, und die Colonisten können eine Million bewaffneter Milizen
aufbieten. Mehr als fünfmalhundert tausend Araber sind zum Christenthume
übergegangen, und Abd-el-Kader ist zum Range eines Marechal de Camp
erhoben worden.

Dazu bedurfte sie freilich sechsjähriger Anstrengung. Aber Alles
will seine Zeit haben.

Im Jahre 1336 ergriff der König die Zügel der Regierung, bat den
Herzog von Orleans, er möge fortfahren, ihn mit seinem treuen und ein¬
sichtsvollen Rathe zu unterstützen, und behielt dessen Ministerium bei.

Der Papst wollte kommen, ihn zu krönen, und der fromme und treue
Prälat, Herr von Quelen, wurde beauftragt, ihn an der Gränze zu em¬
pfangen. Die großartige Ceremonie fand in Aachen statt. Der König
empfing die Krone ans den Händen des Herrn Herzogs von Orleans. Es
erhob sich ein Beifallsgeschrei, das man eine weite Strecke hin hörte, und
welches die Geschützsalven übertönte. Man bemerkte Freudenthränen in den
Augen des Herrn Herzogs von Orleans, als er die Krone überreichte.
Er sagte, der Beifall, der ihm allenthalben gespendet werde, sei sein schön¬
ster Lohn.

Der junge König wollte seinen Regierungsantritt durch eine große und
nützliche Leistung bezeichnen. Bekanntlich verdankt Frankreich seinem festen
Willen das ungeheuere Netz von Eisenbahnen und Canälen, wovon es durch¬
zogen ist, und welches alle Punkte des Königreichs mit einander in Ver¬
bindung setzt. Sein System war einfach und verständig. Jede Provinz
sollte den Grund und Boden liefern, der Staat die Erdarbeiten bezahlen,
die Compagnien die Schienen, das Material und die Betriebskapitalien.
Alle drei erwarben einen ihren Beiträgen angemessenen Eigenthumsantheil.
Der König wollte auch, daß der Genuß ein immerwährender und nicht ein
auf eine bestimmte Zeit beschränkter sein solle. Damals sprach er auch das
schöne Wort aus, daß, so wie das Legitimitätsprincip ein ewiges sei, so
müsse es auch die Ewigkeit des Eigenthums sichern.

Während so große Dinge unaufhaltsam vollendet wurden, begaben sich
wichtige Ereignisse. Europa gerieth in Unruhe, der öffentliche Friede wurde

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Doch verlor die Regierung die schöne Eroberung Algiers nicht aus den
Augen. Es erging ein Aufruf an die Bevölkerungen Europas, und von
allen Seiten her trafen Colonisten ein. Schon im ersten Jahre zählte man
deren eine Million. — Heute zählt Algier bekanntlich 6 Millionen europäi¬
scher Bewohner und 42 neue Städte. Das Zutrauen ist groß, denn der
Schutz der französischen Fahne ist ein mächtiger. Zwanzigtausend Mann
reichen hin, um die Sicherheit auf den Wegen in diesen weiten Landstrecken
zu handhaben, und die Colonisten können eine Million bewaffneter Milizen
aufbieten. Mehr als fünfmalhundert tausend Araber sind zum Christenthume
übergegangen, und Abd-el-Kader ist zum Range eines Marechal de Camp
erhoben worden.

Dazu bedurfte sie freilich sechsjähriger Anstrengung. Aber Alles
will seine Zeit haben.

Im Jahre 1336 ergriff der König die Zügel der Regierung, bat den
Herzog von Orleans, er möge fortfahren, ihn mit seinem treuen und ein¬
sichtsvollen Rathe zu unterstützen, und behielt dessen Ministerium bei.

Der Papst wollte kommen, ihn zu krönen, und der fromme und treue
Prälat, Herr von Quelen, wurde beauftragt, ihn an der Gränze zu em¬
pfangen. Die großartige Ceremonie fand in Aachen statt. Der König
empfing die Krone ans den Händen des Herrn Herzogs von Orleans. Es
erhob sich ein Beifallsgeschrei, das man eine weite Strecke hin hörte, und
welches die Geschützsalven übertönte. Man bemerkte Freudenthränen in den
Augen des Herrn Herzogs von Orleans, als er die Krone überreichte.
Er sagte, der Beifall, der ihm allenthalben gespendet werde, sei sein schön¬
ster Lohn.

Der junge König wollte seinen Regierungsantritt durch eine große und
nützliche Leistung bezeichnen. Bekanntlich verdankt Frankreich seinem festen
Willen das ungeheuere Netz von Eisenbahnen und Canälen, wovon es durch¬
zogen ist, und welches alle Punkte des Königreichs mit einander in Ver¬
bindung setzt. Sein System war einfach und verständig. Jede Provinz
sollte den Grund und Boden liefern, der Staat die Erdarbeiten bezahlen,
die Compagnien die Schienen, das Material und die Betriebskapitalien.
Alle drei erwarben einen ihren Beiträgen angemessenen Eigenthumsantheil.
Der König wollte auch, daß der Genuß ein immerwährender und nicht ein
auf eine bestimmte Zeit beschränkter sein solle. Damals sprach er auch das
schöne Wort aus, daß, so wie das Legitimitätsprincip ein ewiges sei, so
müsse es auch die Ewigkeit des Eigenthums sichern.

Während so große Dinge unaufhaltsam vollendet wurden, begaben sich
wichtige Ereignisse. Europa gerieth in Unruhe, der öffentliche Friede wurde

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[191/0199] Doch verlor die Regierung die schöne Eroberung Algiers nicht aus den Augen. Es erging ein Aufruf an die Bevölkerungen Europas, und von allen Seiten her trafen Colonisten ein. Schon im ersten Jahre zählte man deren eine Million. — Heute zählt Algier bekanntlich 6 Millionen europäi¬ scher Bewohner und 42 neue Städte. Das Zutrauen ist groß, denn der Schutz der französischen Fahne ist ein mächtiger. Zwanzigtausend Mann reichen hin, um die Sicherheit auf den Wegen in diesen weiten Landstrecken zu handhaben, und die Colonisten können eine Million bewaffneter Milizen aufbieten. Mehr als fünfmalhundert tausend Araber sind zum Christenthume übergegangen, und Abd-el-Kader ist zum Range eines Marechal de Camp erhoben worden. Dazu bedurfte sie freilich sechsjähriger Anstrengung. Aber Alles will seine Zeit haben. Im Jahre 1336 ergriff der König die Zügel der Regierung, bat den Herzog von Orleans, er möge fortfahren, ihn mit seinem treuen und ein¬ sichtsvollen Rathe zu unterstützen, und behielt dessen Ministerium bei. Der Papst wollte kommen, ihn zu krönen, und der fromme und treue Prälat, Herr von Quelen, wurde beauftragt, ihn an der Gränze zu em¬ pfangen. Die großartige Ceremonie fand in Aachen statt. Der König empfing die Krone ans den Händen des Herrn Herzogs von Orleans. Es erhob sich ein Beifallsgeschrei, das man eine weite Strecke hin hörte, und welches die Geschützsalven übertönte. Man bemerkte Freudenthränen in den Augen des Herrn Herzogs von Orleans, als er die Krone überreichte. Er sagte, der Beifall, der ihm allenthalben gespendet werde, sei sein schön¬ ster Lohn. Der junge König wollte seinen Regierungsantritt durch eine große und nützliche Leistung bezeichnen. Bekanntlich verdankt Frankreich seinem festen Willen das ungeheuere Netz von Eisenbahnen und Canälen, wovon es durch¬ zogen ist, und welches alle Punkte des Königreichs mit einander in Ver¬ bindung setzt. Sein System war einfach und verständig. Jede Provinz sollte den Grund und Boden liefern, der Staat die Erdarbeiten bezahlen, die Compagnien die Schienen, das Material und die Betriebskapitalien. Alle drei erwarben einen ihren Beiträgen angemessenen Eigenthumsantheil. Der König wollte auch, daß der Genuß ein immerwährender und nicht ein auf eine bestimmte Zeit beschränkter sein solle. Damals sprach er auch das schöne Wort aus, daß, so wie das Legitimitätsprincip ein ewiges sei, so müsse es auch die Ewigkeit des Eigenthums sichern. Während so große Dinge unaufhaltsam vollendet wurden, begaben sich wichtige Ereignisse. Europa gerieth in Unruhe, der öffentliche Friede wurde 25*

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Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/199>, abgerufen am 23.11.2024.