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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Kunst wieder rehabilitirt, es hat den öffentlichen Geist wieder gestärkt, es hat
seinen Staatsmännern Geltung verschafft, und mehr als alles dieses, es hat
Vertrauen zu sich selbst gefaßt; Selbstvertrauen, die Mutter und Tochter
aller Kraft! Aber eins bleibt ihm noch zu sichern übrig: seinen Ruf!
Belgien hat durch seine Geschichte den Ruf eines Vulcans getragen, der von
Zeit zu Zeit in einem wilden Ausbruch sich Luft macht. Daher kömmt es,
daß, wenn auch dessen Oberfläche mit reichen Saaten bedeckt ist, Viele
daran nicht glauben, daß diese Saat Bestand habe, daß nicht durch einen plötz¬
lichen Ausbruch Alles wieder abgeschüttelt und zerstört werden wird. Nach
dieser Seite hin bleibt Belgien noch Vieles zu thun übrig; es muß sich
Glauben und Vertrauen an seinen festen Bestand sichern. Jede Wunde, die
ihm auf dieser Seite geschlagen wird, ist doppelt gefährlich, weil sie eben
seine schwächste ist. Und hierin eigentlich liegt das Böse und Traurige,
welches die neuen Umtriebe hervorgebracht. So lächerlich und haltlos sie
an sich selbst waren, so waren sie doch hinreichend, um den Feinden des
freien Landes, den Zweifelhockern und Mißtrauenbrütern Gelegenheit zu
geben, den Kopf zu schütteln und salbungsvoll auszurufen: Haben wir es
nicht längst gesagt ? Es ist ihnen nicht zu trauen, diesen unruhigen Köpfen!
Es wird niemals sicher werden in diesem Lande, und die Früchte ihrer viel¬
gepriesenen Freiheit werden über kurz oder lang von den Bäumen fallen und
uns die Nase zerschlagen! -- --

Und doch ist das freche Wagniß, durch welches einige Missethäter den
Ruf ihres Vaterlands compromitirten, nur die erste Hälfte des unglücklichen
Ereignisses, der Ruf des Landes steht noch ein zweites Mal auf dem Spiele:
durch den Ausspruch der Geschworenen! Wenn die Jury in leichtsinniger
Gutmüthigkeit die Vandermeeren, Vandersmissen mit ihren Gefährten frei
spricht, dann wird man dies nicht so deuten, wie man die Freisprechung
jenes Buben, der auf die Königin von England schoß, gedeutet hat; man
wird nicht sagen, die Geschworenen haben diese Menschen frei gesprochen,
eben weil ihr Unternehmen unglaublich, unsinnig war, weil nur verrückte
Menschen, Narren und Tollköpfe einen solchen Plan ausbrüten konnten,
und weil Narren, Verrückte und Wahnsinnige besser ins Tollhaus als auf
das Schaffot passen. Nein, so nachsichtig wird die Welt das Urtheil der
Jury nicht beurtheilen. Vielmehr wird sie sagen, die Geschworenen sind hier
wie überall der Ausdruck der öffentlichen Meinung, des allgemeinen Urtheils,
und Belgien gibt durch diese Freisprechung nur das Zeichen, wie leichtsinnig
es jede Revolution, und wie cordial es jeden Revolutionär behandelt.

Könnten wir zu der Jury in ihrer Sprache sprechen, so würden wir
sagen: Nicht die That beurtheilt, sondern die Folgen; nicht nur den verbrecherischen

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Kunst wieder rehabilitirt, es hat den öffentlichen Geist wieder gestärkt, es hat
seinen Staatsmännern Geltung verschafft, und mehr als alles dieses, es hat
Vertrauen zu sich selbst gefaßt; Selbstvertrauen, die Mutter und Tochter
aller Kraft! Aber eins bleibt ihm noch zu sichern übrig: seinen Ruf!
Belgien hat durch seine Geschichte den Ruf eines Vulcans getragen, der von
Zeit zu Zeit in einem wilden Ausbruch sich Luft macht. Daher kömmt es,
daß, wenn auch dessen Oberfläche mit reichen Saaten bedeckt ist, Viele
daran nicht glauben, daß diese Saat Bestand habe, daß nicht durch einen plötz¬
lichen Ausbruch Alles wieder abgeschüttelt und zerstört werden wird. Nach
dieser Seite hin bleibt Belgien noch Vieles zu thun übrig; es muß sich
Glauben und Vertrauen an seinen festen Bestand sichern. Jede Wunde, die
ihm auf dieser Seite geschlagen wird, ist doppelt gefährlich, weil sie eben
seine schwächste ist. Und hierin eigentlich liegt das Böse und Traurige,
welches die neuen Umtriebe hervorgebracht. So lächerlich und haltlos sie
an sich selbst waren, so waren sie doch hinreichend, um den Feinden des
freien Landes, den Zweifelhockern und Mißtrauenbrütern Gelegenheit zu
geben, den Kopf zu schütteln und salbungsvoll auszurufen: Haben wir es
nicht längst gesagt ? Es ist ihnen nicht zu trauen, diesen unruhigen Köpfen!
Es wird niemals sicher werden in diesem Lande, und die Früchte ihrer viel¬
gepriesenen Freiheit werden über kurz oder lang von den Bäumen fallen und
uns die Nase zerschlagen! — —

Und doch ist das freche Wagniß, durch welches einige Missethäter den
Ruf ihres Vaterlands compromitirten, nur die erste Hälfte des unglücklichen
Ereignisses, der Ruf des Landes steht noch ein zweites Mal auf dem Spiele:
durch den Ausspruch der Geschworenen! Wenn die Jury in leichtsinniger
Gutmüthigkeit die Vandermeeren, Vandersmissen mit ihren Gefährten frei
spricht, dann wird man dies nicht so deuten, wie man die Freisprechung
jenes Buben, der auf die Königin von England schoß, gedeutet hat; man
wird nicht sagen, die Geschworenen haben diese Menschen frei gesprochen,
eben weil ihr Unternehmen unglaublich, unsinnig war, weil nur verrückte
Menschen, Narren und Tollköpfe einen solchen Plan ausbrüten konnten,
und weil Narren, Verrückte und Wahnsinnige besser ins Tollhaus als auf
das Schaffot passen. Nein, so nachsichtig wird die Welt das Urtheil der
Jury nicht beurtheilen. Vielmehr wird sie sagen, die Geschworenen sind hier
wie überall der Ausdruck der öffentlichen Meinung, des allgemeinen Urtheils,
und Belgien gibt durch diese Freisprechung nur das Zeichen, wie leichtsinnig
es jede Revolution, und wie cordial es jeden Revolutionär behandelt.

Könnten wir zu der Jury in ihrer Sprache sprechen, so würden wir
sagen: Nicht die That beurtheilt, sondern die Folgen; nicht nur den verbrecherischen

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[167/0175] Kunst wieder rehabilitirt, es hat den öffentlichen Geist wieder gestärkt, es hat seinen Staatsmännern Geltung verschafft, und mehr als alles dieses, es hat Vertrauen zu sich selbst gefaßt; Selbstvertrauen, die Mutter und Tochter aller Kraft! Aber eins bleibt ihm noch zu sichern übrig: seinen Ruf! Belgien hat durch seine Geschichte den Ruf eines Vulcans getragen, der von Zeit zu Zeit in einem wilden Ausbruch sich Luft macht. Daher kömmt es, daß, wenn auch dessen Oberfläche mit reichen Saaten bedeckt ist, Viele daran nicht glauben, daß diese Saat Bestand habe, daß nicht durch einen plötz¬ lichen Ausbruch Alles wieder abgeschüttelt und zerstört werden wird. Nach dieser Seite hin bleibt Belgien noch Vieles zu thun übrig; es muß sich Glauben und Vertrauen an seinen festen Bestand sichern. Jede Wunde, die ihm auf dieser Seite geschlagen wird, ist doppelt gefährlich, weil sie eben seine schwächste ist. Und hierin eigentlich liegt das Böse und Traurige, welches die neuen Umtriebe hervorgebracht. So lächerlich und haltlos sie an sich selbst waren, so waren sie doch hinreichend, um den Feinden des freien Landes, den Zweifelhockern und Mißtrauenbrütern Gelegenheit zu geben, den Kopf zu schütteln und salbungsvoll auszurufen: Haben wir es nicht längst gesagt ? Es ist ihnen nicht zu trauen, diesen unruhigen Köpfen! Es wird niemals sicher werden in diesem Lande, und die Früchte ihrer viel¬ gepriesenen Freiheit werden über kurz oder lang von den Bäumen fallen und uns die Nase zerschlagen! — — Und doch ist das freche Wagniß, durch welches einige Missethäter den Ruf ihres Vaterlands compromitirten, nur die erste Hälfte des unglücklichen Ereignisses, der Ruf des Landes steht noch ein zweites Mal auf dem Spiele: durch den Ausspruch der Geschworenen! Wenn die Jury in leichtsinniger Gutmüthigkeit die Vandermeeren, Vandersmissen mit ihren Gefährten frei spricht, dann wird man dies nicht so deuten, wie man die Freisprechung jenes Buben, der auf die Königin von England schoß, gedeutet hat; man wird nicht sagen, die Geschworenen haben diese Menschen frei gesprochen, eben weil ihr Unternehmen unglaublich, unsinnig war, weil nur verrückte Menschen, Narren und Tollköpfe einen solchen Plan ausbrüten konnten, und weil Narren, Verrückte und Wahnsinnige besser ins Tollhaus als auf das Schaffot passen. Nein, so nachsichtig wird die Welt das Urtheil der Jury nicht beurtheilen. Vielmehr wird sie sagen, die Geschworenen sind hier wie überall der Ausdruck der öffentlichen Meinung, des allgemeinen Urtheils, und Belgien gibt durch diese Freisprechung nur das Zeichen, wie leichtsinnig es jede Revolution, und wie cordial es jeden Revolutionär behandelt. Könnten wir zu der Jury in ihrer Sprache sprechen, so würden wir sagen: Nicht die That beurtheilt, sondern die Folgen; nicht nur den verbrecherischen 22*

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Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/175>, abgerufen am 22.11.2024.