Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Verliner. Was? Auch du Brutus, dem ich so viele halbe Schnäpse gegeben? -- Gott, o Gott, nun bin ich so ganz allein mit meiner Angst! Ein zweiter Berliner Freiwilliger (kommt:) Schul-, Kriegs-Camerad, was hier gezaudert? Mit mir zu unsrer Compagnie. Man erschießt dich, bist du nicht sogleich da. Erster Berliner. Herr Regierungsrath -- Der andere Berliner. Zum Geier den Regierungsrath! Wer denkt an Rang und Titel, wenn der Corse mit seinen Horden hereinbricht, um Preußens und Deutsch- lands Ehre zu zertreten? -- Ich bin Freiwilliger und Gemeiner wie du. Erster Berliner. Das ist richtig mit Preußens Ehre, denn die Franzosen haben in Berlin erschrecklich geschändet -- Unsre Magd Lotte weiß auch davon zu sagen -- -- Aber vor dem Erschießen, wenn ich zu spät komme, ist mich nun gar nicht bange, -- zwischen dem und mir steht noch ein deutsches Standrecht, und das schont das Pulver. Verliner. Was? Auch du Brutus, dem ich ſo viele halbe Schnäpſe gegeben? — Gott, o Gott, nun bin ich ſo ganz allein mit meiner Angſt! Ein zweiter Berliner Freiwilliger (kommt:) Schul-, Kriegs-Camerad, was hier gezaudert? Mit mir zu unſrer Compagnie. Man erſchießt dich, biſt du nicht ſogleich da. Erſter Berliner. Herr Regierungsrath — Der andere Berliner. Zum Geier den Regierungsrath! Wer denkt an Rang und Titel, wenn der Corſe mit ſeinen Horden hereinbricht, um Preußens und Deutſch- lands Ehre zu zertreten? — Ich bin Freiwilliger und Gemeiner wie du. Erſter Berliner. Das iſt richtig mit Preußens Ehre, denn die Franzoſen haben in Berlin erſchrecklich geſchändet — Unſre Magd Lotte weiß auch davon zu ſagen — — Aber vor dem Erſchießen, wenn ich zu ſpät komme, iſt mich nun gar nicht bange, — zwiſchen dem und mir ſteht noch ein deutſches Standrecht, und das ſchont das Pulver. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0215" n="207"/> <sp who="#BER"> <speaker><hi rendition="#g">Verliner</hi>.</speaker><lb/> <p>Was? Auch du Brutus, dem ich ſo viele halbe<lb/> Schnäpſe gegeben? — Gott, o Gott, nun bin ich<lb/> ſo ganz allein mit meiner Angſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#ZBERFREI"> <speaker> <hi rendition="#g">Ein zweiter Berliner Freiwilliger</hi> </speaker> <stage>(kommt:)</stage><lb/> <p>Schul-, Kriegs-Camerad, was hier gezaudert?<lb/> Mit mir zu unſrer Compagnie. Man erſchießt<lb/> dich, biſt du nicht ſogleich da.</p> </sp><lb/> <sp who="#EBER"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter Berliner</hi>.</speaker><lb/> <p>Herr Regierungsrath —</p> </sp><lb/> <sp who="#ABER"> <speaker><hi rendition="#g">Der andere Berliner</hi>.</speaker><lb/> <p>Zum Geier den Regierungsrath! Wer denkt<lb/> an Rang und Titel, wenn der Corſe mit ſeinen<lb/> Horden hereinbricht, um Preußens und Deutſch-<lb/> lands Ehre zu zertreten? — Ich bin Freiwilliger<lb/> und Gemeiner wie du.</p> </sp><lb/> <sp who="#EBER"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter Berliner</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt richtig mit Preußens Ehre, denn die<lb/> Franzoſen haben in Berlin erſchrecklich geſchändet<lb/> — Unſre Magd Lotte weiß auch davon zu ſagen<lb/> — — Aber vor dem Erſchießen, wenn ich zu ſpät<lb/> komme, iſt mich nun gar nicht bange, — zwiſchen<lb/> dem und mir ſteht noch ein deutſches Standrecht,<lb/> und das ſchont das Pulver.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0215]
Verliner.
Was? Auch du Brutus, dem ich ſo viele halbe
Schnäpſe gegeben? — Gott, o Gott, nun bin ich
ſo ganz allein mit meiner Angſt!
Ein zweiter Berliner Freiwilliger (kommt:)
Schul-, Kriegs-Camerad, was hier gezaudert?
Mit mir zu unſrer Compagnie. Man erſchießt
dich, biſt du nicht ſogleich da.
Erſter Berliner.
Herr Regierungsrath —
Der andere Berliner.
Zum Geier den Regierungsrath! Wer denkt
an Rang und Titel, wenn der Corſe mit ſeinen
Horden hereinbricht, um Preußens und Deutſch-
lands Ehre zu zertreten? — Ich bin Freiwilliger
und Gemeiner wie du.
Erſter Berliner.
Das iſt richtig mit Preußens Ehre, denn die
Franzoſen haben in Berlin erſchrecklich geſchändet
— Unſre Magd Lotte weiß auch davon zu ſagen
— — Aber vor dem Erſchießen, wenn ich zu ſpät
komme, iſt mich nun gar nicht bange, — zwiſchen
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Zitationshilfe: | Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/215>, abgerufen am 16.02.2025. |