Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Bertrand (kommt:) Sire, hier die Ausfertigungen -- Napoleon. Bist fleißig gewesen; ich glaube, du hast in drei Tagen weder unterwegs noch hier geschlafen. Bertrand. Konnt' ich's vor Freude? -- Da wollt' ich denn doch bei dem Wachen auch etwas thätig seyn. Napoleon. Was macht deine Frau? Bertrand. Sitzt am Stickrahmen, springt wieder auf, tanzt, küßt ihr Kind, empfängt Bekannte, glüht vor Freude und Gesundheit, und ruft einmal über das andere: es lebe Gott, es lebe der Kaiser, und jetzt mögen wir dazu leben! Napoleon. Grüße sie von mir -- Nun? Bertrand. Sire, noch etwas -- Napoleon. Ich merke, was Schlimmes -- Entdeck' es, -- ich bin kein Bourbon, -- wer wie sie das Schlim- me nicht erblicken will, vermeidet es nicht. Bertrand (kommt:) Sire, hier die Ausfertigungen — Napoleon. Biſt fleißig geweſen; ich glaube, du haſt in drei Tagen weder unterwegs noch hier geſchlafen. Bertrand. Konnt’ ich’s vor Freude? — Da wollt’ ich denn doch bei dem Wachen auch etwas thätig ſeyn. Napoleon. Was macht deine Frau? Bertrand. Sitzt am Stickrahmen, ſpringt wieder auf, tanzt, küßt ihr Kind, empfängt Bekannte, glüht vor Freude und Geſundheit, und ruft einmal über das andere: es lebe Gott, es lebe der Kaiſer, und jetzt mögen wir dazu leben! Napoleon. Grüße ſie von mir — Nun? Bertrand. Sire, noch etwas — Napoleon. Ich merke, was Schlimmes — Entdeck’ es, — ich bin kein Bourbon, — wer wie ſie das Schlim- me nicht erblicken will, vermeidet es nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0170" n="162"/> <sp who="#BERT"> <speaker> <hi rendition="#g">Bertrand</hi> </speaker> <stage>(kommt:)</stage><lb/> <p>Sire, hier die Ausfertigungen —</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Biſt fleißig geweſen; ich glaube, du haſt in<lb/> drei Tagen weder unterwegs noch hier geſchlafen.</p> </sp><lb/> <sp who="#BERT"> <speaker><hi rendition="#g">Bertrand</hi>.</speaker><lb/> <p>Konnt’ ich’s vor Freude? — Da wollt’ ich<lb/> denn doch bei dem Wachen auch etwas thätig ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Was macht deine Frau?</p> </sp><lb/> <sp who="#BERT"> <speaker><hi rendition="#g">Bertrand</hi>.</speaker><lb/> <p>Sitzt am Stickrahmen, ſpringt wieder auf,<lb/> tanzt, küßt ihr Kind, empfängt Bekannte, glüht<lb/> vor Freude und Geſundheit, und ruft einmal über<lb/> das andere: es lebe Gott, es lebe der Kaiſer, und<lb/> jetzt mögen wir dazu leben!</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Grüße ſie von mir — Nun?</p> </sp><lb/> <sp who="#BERT"> <speaker><hi rendition="#g">Bertrand</hi>.</speaker><lb/> <p>Sire, noch etwas —</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich merke, was Schlimmes — Entdeck’ es, —<lb/> ich bin kein Bourbon, — wer wie ſie das Schlim-<lb/> me nicht erblicken will, vermeidet es nicht.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
Bertrand (kommt:)
Sire, hier die Ausfertigungen —
Napoleon.
Biſt fleißig geweſen; ich glaube, du haſt in
drei Tagen weder unterwegs noch hier geſchlafen.
Bertrand.
Konnt’ ich’s vor Freude? — Da wollt’ ich
denn doch bei dem Wachen auch etwas thätig ſeyn.
Napoleon.
Was macht deine Frau?
Bertrand.
Sitzt am Stickrahmen, ſpringt wieder auf,
tanzt, küßt ihr Kind, empfängt Bekannte, glüht
vor Freude und Geſundheit, und ruft einmal über
das andere: es lebe Gott, es lebe der Kaiſer, und
jetzt mögen wir dazu leben!
Napoleon.
Grüße ſie von mir — Nun?
Bertrand.
Sire, noch etwas —
Napoleon.
Ich merke, was Schlimmes — Entdeck’ es, —
ich bin kein Bourbon, — wer wie ſie das Schlim-
me nicht erblicken will, vermeidet es nicht.
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Zitationshilfe: | Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/170>, abgerufen am 31.07.2024. |