Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831. Napoleon. Die Canaille wird anmaßend -- Die Bour- bons haben, so hochadlig sie sind, die Zügel doch recht schlaff gehalten -- -- Nun -- (Er geht einen Augenblick an das Fenster, lautes Geschrei: "es lebe der Kaiser" erschallt. Er tritt zurück, und) Der Kammerherr (kommt wieder:) Neue Depechen -- Napoleon. Gut. Uebrigens verbitt' ich, mir künftig jedes- mal die Couriere und Depechen förmlich anzumel- den. Wer Beruf oder Muth hat, mir etwas zu bringen, mit mir zu sprechen, komme unangemeldet. Europa blickt voll Erwartung hieher, und läßt mir keine Zeit zur Etiquette. Kammerherr. Wie Sie befehlen, Sire. Napoleon. Apropos -- Standen Sie bei Ludwig dem Achtzehnten im Dienst? Kammerherr. Sire, ja -- einige Zeit. Napoleon (für sich:) "Sire, ja -- einige Zeit" -- Ein stotternder Zweideutler. (Laut:) Napoleon. Die Canaille wird anmaßend — Die Bour- bons haben, ſo hochadlig ſie ſind, die Zügel doch recht ſchlaff gehalten — — Nun — (Er geht einen Augenblick an das Fenſter, lautes Geſchrei: „es lebe der Kaiſer“ erſchallt. Er tritt zuruͤck, und) Der Kammerherr (kommt wieder:) Neue Depechen — Napoleon. Gut. Uebrigens verbitt’ ich, mir künftig jedes- mal die Couriere und Depechen förmlich anzumel- den. Wer Beruf oder Muth hat, mir etwas zu bringen, mit mir zu ſprechen, komme unangemeldet. Europa blickt voll Erwartung hieher, und läßt mir keine Zeit zur Etiquette. Kammerherr. Wie Sie befehlen, Sire. Napoleon. Apropos — Standen Sie bei Ludwig dem Achtzehnten im Dienſt? Kammerherr. Sire, ja — einige Zeit. Napoleon (fuͤr ſich:) «Sire, ja — einige Zeit» — Ein ſtotternder Zweideutler. (Laut:) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0167" n="159"/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Canaille wird anmaßend — Die Bour-<lb/> bons haben, ſo hochadlig ſie ſind, die Zügel doch<lb/> recht ſchlaff gehalten — — Nun —</p><lb/> <stage>(Er geht einen Augenblick an das Fenſter, lautes Geſchrei:<lb/> „es lebe der Kaiſer“ erſchallt. Er tritt zuruͤck, und)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KAMMERH"> <speaker> <hi rendition="#g">Der Kammerherr</hi> </speaker> <stage>(kommt wieder:)</stage><lb/> <p>Neue Depechen —</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Gut. Uebrigens verbitt’ ich, mir künftig jedes-<lb/> mal die Couriere und Depechen förmlich anzumel-<lb/> den. Wer Beruf oder Muth hat, mir etwas zu<lb/> bringen, mit mir zu ſprechen, komme unangemeldet.<lb/> Europa blickt voll Erwartung hieher, und läßt mir<lb/> keine Zeit zur Etiquette.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAMMH"> <speaker><hi rendition="#g">Kammerherr</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie Sie befehlen, Sire.</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker><hi rendition="#g">Napoleon</hi>.</speaker><lb/> <p>Apropos — Standen Sie bei Ludwig dem<lb/> Achtzehnten im Dienſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#KAMMH"> <speaker><hi rendition="#g">Kammerherr</hi>.</speaker><lb/> <p>Sire, ja — einige Zeit.</p> </sp><lb/> <sp who="#NAP"> <speaker> <hi rendition="#g">Napoleon</hi> </speaker> <stage>(fuͤr ſich:)</stage><lb/> <p>«Sire, ja — einige Zeit» — Ein ſtotternder<lb/> Zweideutler.</p><lb/> <stage>(Laut:)</stage><lb/> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0167]
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recht ſchlaff gehalten — — Nun —
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„es lebe der Kaiſer“ erſchallt. Er tritt zuruͤck, und)
Der Kammerherr (kommt wieder:)
Neue Depechen —
Napoleon.
Gut. Uebrigens verbitt’ ich, mir künftig jedes-
mal die Couriere und Depechen förmlich anzumel-
den. Wer Beruf oder Muth hat, mir etwas zu
bringen, mit mir zu ſprechen, komme unangemeldet.
Europa blickt voll Erwartung hieher, und läßt mir
keine Zeit zur Etiquette.
Kammerherr.
Wie Sie befehlen, Sire.
Napoleon.
Apropos — Standen Sie bei Ludwig dem
Achtzehnten im Dienſt?
Kammerherr.
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