Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.Des II Theils VII Capitel Tringen mit unsächlicher Gwalt Suchen da nur ihrn Auffenthalt Jhr Weip und Kind wolln sie erneern Nit abr die Ruchlosen bekern Wolln da andre Gots Weißhait leren Möchtn selbst erst Menschen Weißhait hören Gleich wie auch andre Stümper sunst Strebn nur nach Advocaten-Kunst Durchblättern den Justinian Lernen den Acten-Schländrian Vnnd verstehn nit die geringste Spur Vom ewgen Gsätz in der Natur Wollen große Juristen seyn Bleibn alzeit am Verstand sehr klain Jmgleichen in der Medicin Siht man fast vile sich bemühn Nichts nit mit größerm Eiffer treiben Als die Kunst ein Recept z'verschreiben Verstehn nit die Anatomy Patology Phisiology Semiotic Pharmacevtic Higiene vnnd Botanic Machen doch ein gewaltig Gschrey Als obs Galenus selber sey Kön'n nichts als schwitzen purgiren Zur Aderlaßn vnnd Leut vexiren Von solichen Stimpern allzumal Welcher da ist ein große Zahl Hastu Herr Bruder z'jeder Frist Abscheu bezeigt on argelist Jch b'sinn mich deiner Jugend zart Wie fain die angewendet ward Jn Bayreuth der weidlichen Stadt Die uns zusamm'n erzogen hat Da waren im Gimnasio Wir beyd vnnd andre vilmals fro Wenn wir beisammen spat vnnd fruh Lateinisch Griechsch noch mehr dazu Was man noch sonst guts lernen kan Begirig mochten hören an Die Saat hast da schon ausgestrewt Die izt so schön nach Wunsch gedeyt Hast da schon mit Verstand gehört Was Leibnitz vnnd was Wolff uns glert Zwen
Des II Theils VII Capitel Tringen mit unſaͤchlicher Gwalt Suchen da nur ihrn Auffenthalt Jhr Weip und Kind wolln ſie erneern Nit abr die Ruchloſen bekern Wolln da andre Gots Weißhait leren Moͤchtn ſelbſt erſt Menſchen Weißhait hoͤren Gleich wie auch andre Stuͤmper ſunſt Strebn nur nach Advocaten-Kunſt Durchblaͤttern den Juſtinian Lernen den Acten-Schlaͤndrian Vnnd verſtehn nit die geringſte Spur Vom ewgen Gſaͤtz in der Natur Wollen große Juriſten ſeyn Bleibn alzeit am Verſtand ſehr klain Jmgleichen in der Medicin Siht man faſt vile ſich bemuͤhn Nichts nit mit groͤßerm Eiffer treiben Als die Kunſt ein Recept z’verſchreiben Verſtehn nit die Anatomy Patology Phiſiology Semiotic Pharmacevtic Higiene vnnd Botanic Machen doch ein gewaltig Gſchrey Als obs Galenus ſelber ſey Koͤn’n nichts als ſchwitzen purgiren Zur Aderlaßn vnnd Leut vexiren Von ſolichen Stimpern allzumal Welcher da iſt ein große Zahl Haſtu Herr Bruder z’jeder Friſt Abſcheu bezeigt on argeliſt Jch b’ſinn mich deiner Jugend zart Wie fain die angewendet ward Jn Bayreuth der weidlichen Stadt Die uns zuſamm’n erzogen hat Da waren im Gimnaſio Wir beyd vnnd andre vilmals fro Wenn wir beiſammen ſpat vnnd fruh Lateiniſch Griechſch noch mehr dazu Was man noch ſonſt guts lernen kan Begirig mochten hoͤren an Die Saat haſt da ſchon ausgeſtrewt Die izt ſo ſchoͤn nach Wunſch gedeyt Haſt da ſchon mit Verſtand gehoͤrt Was Leibnitz vnnd was Wolff uns glert Zwen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0532" n="504"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Des <hi rendition="#aq">II</hi> Theils <hi rendition="#aq">VII</hi> Capitel</hi> </fw> </l><lb/> <l>Tringen mit unſaͤchlicher Gwalt</l><lb/> <l>Suchen da nur ihrn Auffenthalt</l><lb/> <l>Jhr Weip und Kind wolln ſie erneern</l><lb/> <l>Nit abr die Ruchloſen bekern</l><lb/> <l>Wolln da andre Gots Weißhait leren</l><lb/> <l>Moͤchtn ſelbſt erſt Menſchen Weißhait hoͤren</l><lb/> <l>Gleich wie auch andre Stuͤmper ſunſt</l><lb/> <l>Strebn nur nach Advocaten-Kunſt</l><lb/> <l>Durchblaͤttern den Juſtinian</l><lb/> <l>Lernen den Acten-Schlaͤndrian</l><lb/> <l>Vnnd verſtehn nit die geringſte Spur</l><lb/> <l>Vom ewgen Gſaͤtz in der Natur</l><lb/> <l>Wollen große Juriſten ſeyn</l><lb/> <l>Bleibn alzeit am Verſtand ſehr klain</l><lb/> <l>Jmgleichen in der Medicin</l><lb/> <l>Siht man faſt vile ſich bemuͤhn</l><lb/> <l>Nichts nit mit groͤßerm Eiffer treiben</l><lb/> <l>Als die Kunſt ein Recept z’verſchreiben</l><lb/> <l>Verſtehn nit die Anatomy</l><lb/> <l>Patology Phiſiology</l><lb/> <l>Semiotic Pharmacevtic</l><lb/> <l>Higiene vnnd Botanic</l><lb/> <l>Machen doch ein gewaltig Gſchrey</l><lb/> <l>Als obs Galenus ſelber ſey</l><lb/> <l>Koͤn’n nichts als ſchwitzen purgiren</l><lb/> <l>Zur Aderlaßn vnnd Leut vexiren</l><lb/> <l>Von ſolichen Stimpern allzumal</l><lb/> <l>Welcher da iſt ein große Zahl</l><lb/> <l>Haſtu Herr Bruder z’jeder Friſt</l><lb/> <l>Abſcheu bezeigt on argeliſt</l><lb/> <l>Jch b’ſinn mich deiner Jugend zart</l><lb/> <l>Wie fain die angewendet ward</l><lb/> <l>Jn Bayreuth der weidlichen Stadt</l><lb/> <l>Die uns zuſamm’n erzogen hat</l><lb/> <l>Da waren im Gimnaſio</l><lb/> <l>Wir beyd vnnd andre vilmals fro</l><lb/> <l>Wenn wir beiſammen ſpat vnnd fruh</l><lb/> <l>Lateiniſch Griechſch noch mehr dazu</l><lb/> <l>Was man noch ſonſt guts lernen kan</l><lb/> <l>Begirig mochten hoͤren an</l><lb/> <l>Die Saat haſt da ſchon ausgeſtrewt</l><lb/> <l>Die izt ſo ſchoͤn nach Wunſch gedeyt</l><lb/> <l>Haſt da ſchon mit Verſtand gehoͤrt</l><lb/> <l>Was Leibnitz vnnd was Wolff uns glert<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zwen</fw><lb/></l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [504/0532]
Des II Theils VII Capitel
Tringen mit unſaͤchlicher Gwalt
Suchen da nur ihrn Auffenthalt
Jhr Weip und Kind wolln ſie erneern
Nit abr die Ruchloſen bekern
Wolln da andre Gots Weißhait leren
Moͤchtn ſelbſt erſt Menſchen Weißhait hoͤren
Gleich wie auch andre Stuͤmper ſunſt
Strebn nur nach Advocaten-Kunſt
Durchblaͤttern den Juſtinian
Lernen den Acten-Schlaͤndrian
Vnnd verſtehn nit die geringſte Spur
Vom ewgen Gſaͤtz in der Natur
Wollen große Juriſten ſeyn
Bleibn alzeit am Verſtand ſehr klain
Jmgleichen in der Medicin
Siht man faſt vile ſich bemuͤhn
Nichts nit mit groͤßerm Eiffer treiben
Als die Kunſt ein Recept z’verſchreiben
Verſtehn nit die Anatomy
Patology Phiſiology
Semiotic Pharmacevtic
Higiene vnnd Botanic
Machen doch ein gewaltig Gſchrey
Als obs Galenus ſelber ſey
Koͤn’n nichts als ſchwitzen purgiren
Zur Aderlaßn vnnd Leut vexiren
Von ſolichen Stimpern allzumal
Welcher da iſt ein große Zahl
Haſtu Herr Bruder z’jeder Friſt
Abſcheu bezeigt on argeliſt
Jch b’ſinn mich deiner Jugend zart
Wie fain die angewendet ward
Jn Bayreuth der weidlichen Stadt
Die uns zuſamm’n erzogen hat
Da waren im Gimnaſio
Wir beyd vnnd andre vilmals fro
Wenn wir beiſammen ſpat vnnd fruh
Lateiniſch Griechſch noch mehr dazu
Was man noch ſonſt guts lernen kan
Begirig mochten hoͤren an
Die Saat haſt da ſchon ausgeſtrewt
Die izt ſo ſchoͤn nach Wunſch gedeyt
Haſt da ſchon mit Verſtand gehoͤrt
Was Leibnitz vnnd was Wolff uns glert
Zwen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |