Vengea l' humble Vertu, de la Richesse altiere, Et l' honnete homme a pie, du Faquin en litiere, Horace a cette aigreur mela son enjoaument, On ne fut plus ni fat, ni sot, impunement, Et malheur a tout nom, qui propre a la censure, Paut entrer dans un vers sans rompre la mensure.
Und nachdem er dergestalt noch den Persius, Juvenal und Regnier beschrieben, bezeigt er seinen Eckel und Abscheu vor den unzüchtigen Ausdrückungen und groben Unflätereyen derselben;
Heureux! si ses Discours craints du chaste Lecteur, Ne se sentoient des Lieux, ou frequentoit l' Auteur; Et si du son hardi de ses Rimes Cyniques, Il n' allarmoit souvent les oreilles pudiques. Le Latin dans les mots brave Honnetete, Mais le Lecteur francois veut etre respecte. Du moindre sens impur la Liberte l' outrage, Si la pudeur des mots n'en adoucit l'image. Je veux dans la Satire un esprit de candeur; Et fuis un effronte, qui preche la pudeur.
Diesen Text kan man bey uns auch Rachelio und Günthern lesen, die sich ebenfalls bescheidener hätten verhalten sollen; und denen man also nicht darinn zu folgen befugt ist. Wer andern ein Sittenlehrer seyn will, muß selbst nicht durch sei- ne Schreibart zu verstehen geben, daß er lasterhafft ist: sonst wird man von ihm urtheilen, wie Quintilian vom Afranius: Togatis excelluit Afranius; vtinamque non inquinasset argu- menta, puerorum foedis amoribus, mores suos fassus. Lib. 10. c. 1.
Wegen meiner Exempel muß ich folgendes erinnern. Das erste habe ich im Frühlinge des 1724sten Jahres ge- macht, als Leipzig mit einer unzehlbahren Menge wöchent- licher poetischen Zettel überschwemmet war. Jch ließ es unter dem Nahmen des Deutschen Persius drucken, und ver- anlassete dadurch, daß alle die fliegenden Blätter auf ein- mahl verboten wurden. Jetzo habe ich sie nur in wenigen Stellen verbessert; aber so, daß niemand von unsern guten Poeten Ursache haben wird, sich daran zu stossen; weil ich nur die Stümper meyne, die ihre Lorbern bey dem Pöbel
er-
G g
Von Satiren.
Vengea l’ humble Vertu, de la Richeſſe altiere, Et l’ honnête homme à pié, du Faquin en litiere, Horace à cette aigreur mela ſon enjoûment, On ne fut plus ni fat, ni ſot, impunement, Et malheur à tout nom, qui propre à la cenſure, Pût entrer dans un vers ſans rompre la menſure.
Und nachdem er dergeſtalt noch den Perſius, Juvenal und Regnier beſchrieben, bezeigt er ſeinen Eckel und Abſcheu vor den unzuͤchtigen Ausdruͤckungen und groben Unflaͤtereyen derſelben;
Heureux! ſi ſes Diſcours craints du chaſte Lecteur, Ne ſe ſentoient des Lieux, ou frequentoit l’ Auteur; Et ſi du ſon hardi de ſes Rimes Cyniques, Il n’ allarmoit ſouvent les oreilles pudiques. Le Latin dans les mots brave Honnêteté, Mais le Lecteur françois veut être reſpecté. Du moindre ſens impur la Liberté l’ outrage, Si la pudeur des mots n’en adoucit l’image. Je veux dans la Satire un eſprit de candeur; Et fuis un effronté, qui preche la pudeur.
Dieſen Text kan man bey uns auch Rachelio und Guͤnthern leſen, die ſich ebenfalls beſcheidener haͤtten verhalten ſollen; und denen man alſo nicht darinn zu folgen befugt iſt. Wer andern ein Sittenlehrer ſeyn will, muß ſelbſt nicht durch ſei- ne Schreibart zu verſtehen geben, daß er laſterhafft iſt: ſonſt wird man von ihm urtheilen, wie Quintilian vom Afranius: Togatis excelluit Afranius; vtinamque non inquinaſſet argu- menta, puerorum foedis amoribus, mores ſuos faſſus. Lib. 10. c. 1.
Wegen meiner Exempel muß ich folgendes erinnern. Das erſte habe ich im Fruͤhlinge des 1724ſten Jahres ge- macht, als Leipzig mit einer unzehlbahren Menge woͤchent- licher poetiſchen Zettel uͤberſchwemmet war. Jch ließ es unter dem Nahmen des Deutſchen Perſius drucken, und ver- anlaſſete dadurch, daß alle die fliegenden Blaͤtter auf ein- mahl verboten wurden. Jetzo habe ich ſie nur in wenigen Stellen verbeſſert; aber ſo, daß niemand von unſern guten Poeten Urſache haben wird, ſich daran zu ſtoſſen; weil ich nur die Stuͤmper meyne, die ihre Lorbern bey dem Poͤbel
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Von Satiren.
Vengea l’ humble Vertu, de la Richeſſe altiere,
Et l’ honnête homme à pié, du Faquin en litiere,
Horace à cette aigreur mela ſon enjoûment,
On ne fut plus ni fat, ni ſot, impunement,
Et malheur à tout nom, qui propre à la cenſure,
Pût entrer dans un vers ſans rompre la menſure.
Und nachdem er dergeſtalt noch den Perſius, Juvenal und
Regnier beſchrieben, bezeigt er ſeinen Eckel und Abſcheu vor
den unzuͤchtigen Ausdruͤckungen und groben Unflaͤtereyen
derſelben;
Heureux! ſi ſes Diſcours craints du chaſte Lecteur,
Ne ſe ſentoient des Lieux, ou frequentoit l’ Auteur;
Et ſi du ſon hardi de ſes Rimes Cyniques,
Il n’ allarmoit ſouvent les oreilles pudiques.
Le Latin dans les mots brave Honnêteté,
Mais le Lecteur françois veut être reſpecté.
Du moindre ſens impur la Liberté l’ outrage,
Si la pudeur des mots n’en adoucit l’image.
Je veux dans la Satire un eſprit de candeur;
Et fuis un effronté, qui preche la pudeur.
Dieſen Text kan man bey uns auch Rachelio und Guͤnthern
leſen, die ſich ebenfalls beſcheidener haͤtten verhalten ſollen;
und denen man alſo nicht darinn zu folgen befugt iſt. Wer
andern ein Sittenlehrer ſeyn will, muß ſelbſt nicht durch ſei-
ne Schreibart zu verſtehen geben, daß er laſterhafft iſt: ſonſt
wird man von ihm urtheilen, wie Quintilian vom Afranius:
Togatis excelluit Afranius; vtinamque non inquinaſſet argu-
menta, puerorum foedis amoribus, mores ſuos faſſus. Lib. 10.
c. 1.
Wegen meiner Exempel muß ich folgendes erinnern.
Das erſte habe ich im Fruͤhlinge des 1724ſten Jahres ge-
macht, als Leipzig mit einer unzehlbahren Menge woͤchent-
licher poetiſchen Zettel uͤberſchwemmet war. Jch ließ es
unter dem Nahmen des Deutſchen Perſius drucken, und ver-
anlaſſete dadurch, daß alle die fliegenden Blaͤtter auf ein-
mahl verboten wurden. Jetzo habe ich ſie nur in wenigen
Stellen verbeſſert; aber ſo, daß niemand von unſern guten
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/493>, abgerufen am 22.11.2024.
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