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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

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Von Elegien.
Zwar sieht man auch wohl sonst dergleichen Ehen schliessen,
Da Freyer weit und breit nach einer Gattin ziehn.
Man sieht sie manches Land und manche Stadt begrüssen,
Doch so, daß jeder merckt warum sie sich bemühn.
Was suchen sie? Ein Weib? O nein! den vollen Beutel!
Sie finden endlich auch was ihre Sehnsucht stillt;
Doch, werden sie auch reich? Nein! Geld und Gut ist eitel,
Wenn eine Furie das Haus mit Unglück füllt.
Wieviel verständiger hast du, o Freund, gewehlet,
Da du dein treues Hertz der schönen Kochin giebst:
Du hast die Tugenden, und nicht ihr Gold gezehlet,
Jndem du die Person, nicht ihr Vermögen liebst.
So recht! Es ruht auf dir der frommen Eltern Seegen;
Was darfst du denn so sehr nach großen Schätzen sehn?
Sie liebet dich um dein- du sie um ihrentwegen;
So sollte billig wohl ein jedes Band geschehn.
Jndessen zürnet nicht, ihr schönen Weichselinnen!
Jhr kennet noch vielleicht kein Meißnisch Frauenbild.
Die Schimmelpfennigin wird euer Hertz gewinnen;
Denn ihre Schönheit ist mit Artigkeit erfüllt.
Wer weiß wer euch einmahl aus dem belobten Preussen,
Mit gleicher Zärtlichkeit in fremde Gränzen führt.
Dann kommt und zeiget auch in Deutschland oder Meißen,
Daß Schönheit, Geist und Witz auch kalte Länder ziert.
Du, höchstvergnügter Freund, zeuch hin zu deinen Linden,
Damit sich Danzigs Wall gleich seinen Gassen schmückt;
Die Freunde warten dein, und werdens bald empfinden,
Daß deine Heyrath dir nach Hertzens-Wunsch geglückt.
Dein theurer Vetter selbst geht dir erfreut entgegen,
Und lobet deine Wahl, darinn er dich bestärckt,
Ja giebt, an Vaters statt, euch Beyden seinen Seegen,
Nachdem er GOttes Hand in deinem Thun bemerckt.
Das Glücke wird dich einst auf neue Stuffen heben,
Dein edler Bürgerstand giebt dir auf alles Recht;
Dein eigenes Verdienst wird dir ein Ansehn geben,
Und so erhältst du einst dein würdigstes Geschlecht.
Und du, beglückte Braut! zeuch hin, in ferne Lande,
Zeuch hin, durch Brandenburg und Pommern, an den Belt,
Und sieh die Handelstadt am fetten Weichselstrande,
Das Tyrus dieser Zeit, wo Thetis Hofstadt hält.
Du wirst viel neues sehn, viel fremdes da erblicken;
So viel man Städte zehlt, so viel man Moden findt:
Doch dein Verstand und Geist kan sich in alles schicken,
Jn Sachen, die nur nicht der Tugend wiedrig sind.
Noch
Von Elegien.
Zwar ſieht man auch wohl ſonſt dergleichen Ehen ſchlieſſen,
Da Freyer weit und breit nach einer Gattin ziehn.
Man ſieht ſie manches Land und manche Stadt begruͤſſen,
Doch ſo, daß jeder merckt warum ſie ſich bemuͤhn.
Was ſuchen ſie? Ein Weib? O nein! den vollen Beutel!
Sie finden endlich auch was ihre Sehnſucht ſtillt;
Doch, werden ſie auch reich? Nein! Geld und Gut iſt eitel,
Wenn eine Furie das Haus mit Ungluͤck fuͤllt.
Wieviel verſtaͤndiger haſt du, o Freund, gewehlet,
Da du dein treues Hertz der ſchoͤnen Kochin giebſt:
Du haſt die Tugenden, und nicht ihr Gold gezehlet,
Jndem du die Perſon, nicht ihr Vermoͤgen liebſt.
So recht! Es ruht auf dir der frommen Eltern Seegen;
Was darfſt du denn ſo ſehr nach großen Schaͤtzen ſehn?
Sie liebet dich um dein- du ſie um ihrentwegen;
So ſollte billig wohl ein jedes Band geſchehn.
Jndeſſen zuͤrnet nicht, ihr ſchoͤnen Weichſelinnen!
Jhr kennet noch vielleicht kein Meißniſch Frauenbild.
Die Schimmelpfennigin wird euer Hertz gewinnen;
Denn ihre Schoͤnheit iſt mit Artigkeit erfuͤllt.
Wer weiß wer euch einmahl aus dem belobten Preuſſen,
Mit gleicher Zaͤrtlichkeit in fremde Graͤnzen fuͤhrt.
Dann kommt und zeiget auch in Deutſchland oder Meißen,
Daß Schoͤnheit, Geiſt und Witz auch kalte Laͤnder ziert.
Du, hoͤchſtvergnuͤgter Freund, zeuch hin zu deinen Linden,
Damit ſich Danzigs Wall gleich ſeinen Gaſſen ſchmuͤckt;
Die Freunde warten dein, und werdens bald empfinden,
Daß deine Heyrath dir nach Hertzens-Wunſch gegluͤckt.
Dein theurer Vetter ſelbſt geht dir erfreut entgegen,
Und lobet deine Wahl, darinn er dich beſtaͤrckt,
Ja giebt, an Vaters ſtatt, euch Beyden ſeinen Seegen,
Nachdem er GOttes Hand in deinem Thun bemerckt.
Das Gluͤcke wird dich einſt auf neue Stuffen heben,
Dein edler Buͤrgerſtand giebt dir auf alles Recht;
Dein eigenes Verdienſt wird dir ein Anſehn geben,
Und ſo erhaͤltſt du einſt dein wuͤrdigſtes Geſchlecht.
Und du, begluͤckte Braut! zeuch hin, in ferne Lande,
Zeuch hin, durch Brandenburg und Pommern, an den Belt,
Und ſieh die Handelſtadt am fetten Weichſelſtrande,
Das Tyrus dieſer Zeit, wo Thetis Hofſtadt haͤlt.
Du wirſt viel neues ſehn, viel fremdes da erblicken;
So viel man Staͤdte zehlt, ſo viel man Moden findt:
Doch dein Verſtand und Geiſt kan ſich in alles ſchicken,
Jn Sachen, die nur nicht der Tugend wiedrig ſind.
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[431/0459] Von Elegien. Zwar ſieht man auch wohl ſonſt dergleichen Ehen ſchlieſſen, Da Freyer weit und breit nach einer Gattin ziehn. Man ſieht ſie manches Land und manche Stadt begruͤſſen, Doch ſo, daß jeder merckt warum ſie ſich bemuͤhn. Was ſuchen ſie? Ein Weib? O nein! den vollen Beutel! Sie finden endlich auch was ihre Sehnſucht ſtillt; Doch, werden ſie auch reich? Nein! Geld und Gut iſt eitel, Wenn eine Furie das Haus mit Ungluͤck fuͤllt. Wieviel verſtaͤndiger haſt du, o Freund, gewehlet, Da du dein treues Hertz der ſchoͤnen Kochin giebſt: Du haſt die Tugenden, und nicht ihr Gold gezehlet, Jndem du die Perſon, nicht ihr Vermoͤgen liebſt. So recht! Es ruht auf dir der frommen Eltern Seegen; Was darfſt du denn ſo ſehr nach großen Schaͤtzen ſehn? Sie liebet dich um dein- du ſie um ihrentwegen; So ſollte billig wohl ein jedes Band geſchehn. Jndeſſen zuͤrnet nicht, ihr ſchoͤnen Weichſelinnen! Jhr kennet noch vielleicht kein Meißniſch Frauenbild. Die Schimmelpfennigin wird euer Hertz gewinnen; Denn ihre Schoͤnheit iſt mit Artigkeit erfuͤllt. Wer weiß wer euch einmahl aus dem belobten Preuſſen, Mit gleicher Zaͤrtlichkeit in fremde Graͤnzen fuͤhrt. Dann kommt und zeiget auch in Deutſchland oder Meißen, Daß Schoͤnheit, Geiſt und Witz auch kalte Laͤnder ziert. Du, hoͤchſtvergnuͤgter Freund, zeuch hin zu deinen Linden, Damit ſich Danzigs Wall gleich ſeinen Gaſſen ſchmuͤckt; Die Freunde warten dein, und werdens bald empfinden, Daß deine Heyrath dir nach Hertzens-Wunſch gegluͤckt. Dein theurer Vetter ſelbſt geht dir erfreut entgegen, Und lobet deine Wahl, darinn er dich beſtaͤrckt, Ja giebt, an Vaters ſtatt, euch Beyden ſeinen Seegen, Nachdem er GOttes Hand in deinem Thun bemerckt. Das Gluͤcke wird dich einſt auf neue Stuffen heben, Dein edler Buͤrgerſtand giebt dir auf alles Recht; Dein eigenes Verdienſt wird dir ein Anſehn geben, Und ſo erhaͤltſt du einſt dein wuͤrdigſtes Geſchlecht. Und du, begluͤckte Braut! zeuch hin, in ferne Lande, Zeuch hin, durch Brandenburg und Pommern, an den Belt, Und ſieh die Handelſtadt am fetten Weichſelſtrande, Das Tyrus dieſer Zeit, wo Thetis Hofſtadt haͤlt. Du wirſt viel neues ſehn, viel fremdes da erblicken; So viel man Staͤdte zehlt, ſo viel man Moden findt: Doch dein Verſtand und Geiſt kan ſich in alles ſchicken, Jn Sachen, die nur nicht der Tugend wiedrig ſind. Noch

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Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/459>, abgerufen am 22.11.2024.