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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

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Des II Theils III Capitel

Daß auch der allerhärtste Sinn,
Der unbesiegten Schäferin,
Durch des Amintas Kunst verschwunden.
Mich dünckt die Wahl ist recht beglückt,
Weil sich dieß Paar sehr wohl zusammen schickt,
Philander kar an unsrer Pleißen,
Mit Recht der Glücklichste von allen Schäfern heissen.
Und wer kennt nicht die schönen Trifften,
Die dem Amintas Ruhm und Ansehn stifften?
Sprich, wessen Hütten sind bey euch,
Den Hütten seines Vaters gleich?

Allhier erholte Damon sich
Aus der Verwunderung, die seinen Geist entzückte,
Und aus den zweifelnden verwirrten Minen blickte,
Weil ihm sonst nichts so sonderlich,
Als diese Nachricht schien.
Drum rieff er endlich aus: Vergebliches Bemühn!
Du sprichst, Amintas hat Philindens Hertz bewogen,
Silvander, nein! du bist betrogen.
Was zweifelst du doch viel? war hier das Gegen-Wort,
Die gantze Zahl der Schäfer stimmet bey,
Daß diese Zeitung richtig sey.
Die Hochzeit selber geht in wenig Wochen fort.
Die größten Schäfer unsrer Linden,
Sind schon bereit sich häufig einzufinden.
Damon.
Silvander, wie es scheint, so bist du selbst erfreut?
Silvander.
Ja freylich, weil ich dieß schon längstens prophezeyht.
Es ist noch nicht ein volles Jahr,
Als ich so glücklich war,
Philindens Jahrs-Tag zu beehren.
Jch sang ein Lied nach meiner schlechten Art,
Das gütig aufgenommen ward,
Da ließ ich mich zuletzt mit dieser Ahndung hören:


Jhr Nymphen! eilt herzu, den neuen Krantz zu winden,
Wozu die Blumen schon in vollen Knospen stehn;
Denn eh diß nechste Jahr noch völlig wird verschwinden,
Wird dieser Schönen Haupt in solchem Putze gehn.


Was meynst du nun? gehören die Poeten
Nicht wircklich unter die Propheten?
Damon.

Des II Theils III Capitel

Daß auch der allerhaͤrtſte Sinn,
Der unbeſiegten Schaͤferin,
Durch des Amintas Kunſt verſchwunden.
Mich duͤnckt die Wahl iſt recht begluͤckt,
Weil ſich dieß Paar ſehr wohl zuſammen ſchickt,
Philander kar an unſrer Pleißen,
Mit Recht der Gluͤcklichſte von allen Schaͤfern heiſſen.
Und wer kennt nicht die ſchoͤnen Trifften,
Die dem Amintas Ruhm und Anſehn ſtifften?
Sprich, weſſen Huͤtten ſind bey euch,
Den Huͤtten ſeines Vaters gleich?

Allhier erholte Damon ſich
Aus der Verwunderung, die ſeinen Geiſt entzuͤckte,
Und aus den zweifelnden verwirrten Minen blickte,
Weil ihm ſonſt nichts ſo ſonderlich,
Als dieſe Nachricht ſchien.
Drum rieff er endlich aus: Vergebliches Bemuͤhn!
Du ſprichſt, Amintas hat Philindens Hertz bewogen,
Silvander, nein! du biſt betrogen.
Was zweifelſt du doch viel? war hier das Gegen-Wort,
Die gantze Zahl der Schaͤfer ſtimmet bey,
Daß dieſe Zeitung richtig ſey.
Die Hochzeit ſelber geht in wenig Wochen fort.
Die groͤßten Schaͤfer unſrer Linden,
Sind ſchon bereit ſich haͤufig einzufinden.
Damon.
Silvander, wie es ſcheint, ſo biſt du ſelbſt erfreut?
Silvander.
Ja freylich, weil ich dieß ſchon laͤngſtens prophezeyht.
Es iſt noch nicht ein volles Jahr,
Als ich ſo gluͤcklich war,
Philindens Jahrs-Tag zu beehren.
Jch ſang ein Lied nach meiner ſchlechten Art,
Das guͤtig aufgenommen ward,
Da ließ ich mich zuletzt mit dieſer Ahndung hoͤren:


Jhr Nymphen! eilt herzu, den neuen Krantz zu winden,
Wozu die Blumen ſchon in vollen Knoſpen ſtehn;
Denn eh diß nechſte Jahr noch voͤllig wird verſchwinden,
Wird dieſer Schoͤnen Haupt in ſolchem Putze gehn.


Was meynſt du nun? gehoͤren die Poeten
Nicht wircklich unter die Propheten?
Damon.
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[398/0426] Des II Theils III Capitel Daß auch der allerhaͤrtſte Sinn, Der unbeſiegten Schaͤferin, Durch des Amintas Kunſt verſchwunden. Mich duͤnckt die Wahl iſt recht begluͤckt, Weil ſich dieß Paar ſehr wohl zuſammen ſchickt, Philander kar an unſrer Pleißen, Mit Recht der Gluͤcklichſte von allen Schaͤfern heiſſen. Und wer kennt nicht die ſchoͤnen Trifften, Die dem Amintas Ruhm und Anſehn ſtifften? Sprich, weſſen Huͤtten ſind bey euch, Den Huͤtten ſeines Vaters gleich? Allhier erholte Damon ſich Aus der Verwunderung, die ſeinen Geiſt entzuͤckte, Und aus den zweifelnden verwirrten Minen blickte, Weil ihm ſonſt nichts ſo ſonderlich, Als dieſe Nachricht ſchien. Drum rieff er endlich aus: Vergebliches Bemuͤhn! Du ſprichſt, Amintas hat Philindens Hertz bewogen, Silvander, nein! du biſt betrogen. Was zweifelſt du doch viel? war hier das Gegen-Wort, Die gantze Zahl der Schaͤfer ſtimmet bey, Daß dieſe Zeitung richtig ſey. Die Hochzeit ſelber geht in wenig Wochen fort. Die groͤßten Schaͤfer unſrer Linden, Sind ſchon bereit ſich haͤufig einzufinden. Damon. Silvander, wie es ſcheint, ſo biſt du ſelbſt erfreut? Silvander. Ja freylich, weil ich dieß ſchon laͤngſtens prophezeyht. Es iſt noch nicht ein volles Jahr, Als ich ſo gluͤcklich war, Philindens Jahrs-Tag zu beehren. Jch ſang ein Lied nach meiner ſchlechten Art, Das guͤtig aufgenommen ward, Da ließ ich mich zuletzt mit dieſer Ahndung hoͤren: Jhr Nymphen! eilt herzu, den neuen Krantz zu winden, Wozu die Blumen ſchon in vollen Knoſpen ſtehn; Denn eh diß nechſte Jahr noch voͤllig wird verſchwinden, Wird dieſer Schoͤnen Haupt in ſolchem Putze gehn. Was meynſt du nun? gehoͤren die Poeten Nicht wircklich unter die Propheten? Damon.

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Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/426>, abgerufen am 24.11.2024.