Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Pietisterey
Liebe und kein Christenthum haben? Es ist doch
wahr, wir Pietisten sind rechte Leute. Wir mey-
nen, wir haben die Gottseeligkeit allein gepacht;
und wir sehen nicht, daß andere Menschen uns oft-
mahls auslachen müssen.
Frau Glaubeleichtin.
Was vor Menschen denn? Die Wittenberger
in Wittenberg? Oder die Rostocker in Rostock?
Herr Wackermann.
Nun ja! Oder die Leipziger in Leipzig. Wo
Hencker sollen sie denn seyn? Adjeu, Mesdames,
es ist am besten, daß ich mich ihnen empfehle.
Frau Glaubeleichtin.
Auf ein ander mahl kommen sie eine Stunde
früher Herr Bruder!
Herr Wackermann.
Jch bin ihr Diener.
Frau Seuffzerin.
Adjeu! Frau Glaubeleichtin, ich empfehle mich.
Frau Zanckenheimin.
Adjeu! leben sie vergnügt! auf den Donnerstag
sehen wir uns wieder.
Frau Glaubeleichtin.
Leben sie wohl! Frau Seelen-Schwestern.
Adjeu.
Achter
Die Pietiſterey
Liebe und kein Chriſtenthum haben? Es iſt doch
wahr, wir Pietiſten ſind rechte Leute. Wir mey-
nen, wir haben die Gottſeeligkeit allein gepacht;
und wir ſehen nicht, daß andere Menſchen uns oft-
mahls auslachen muͤſſen.
Frau Glaubeleichtin.
Was vor Menſchen denn? Die Wittenberger
in Wittenberg? Oder die Roſtocker in Roſtock?
Herr Wackermann.
Nun ja! Oder die Leipziger in Leipzig. Wo
Hencker ſollen ſie denn ſeyn? Adjeu, Mesdames,
es iſt am beſten, daß ich mich ihnen empfehle.
Frau Glaubeleichtin.
Auf ein ander mahl kommen ſie eine Stunde
fruͤher Herr Bruder!
Herr Wackermann.
Jch bin ihr Diener.
Frau Seuffzerin.
Adjeu! Frau Glaubeleichtin, ich empfehle mich.
Frau Zanckenheimin.
Adjeu! leben ſie vergnuͤgt! auf den Donnerſtag
ſehen wir uns wieder.
Frau Glaubeleichtin.
Leben ſie wohl! Frau Seelen-Schweſtern.
Adjeu.
Achter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WACK">
              <p><pb facs="#f0148" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Pieti&#x017F;terey</hi></fw><lb/>
Liebe und kein Chri&#x017F;tenthum haben? Es i&#x017F;t doch<lb/>
wahr, wir Pieti&#x017F;ten &#x017F;ind rechte Leute. Wir mey-<lb/>
nen, wir haben die Gott&#x017F;eeligkeit allein gepacht;<lb/>
und wir &#x017F;ehen nicht, daß andere Men&#x017F;chen uns oft-<lb/>
mahls auslachen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GLAU">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Glaubeleichtin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Was vor Men&#x017F;chen denn? Die Wittenberger<lb/>
in Wittenberg? Oder die Ro&#x017F;tocker in Ro&#x017F;tock?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WACK">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Wackermann.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Nun ja! Oder die Leipziger in Leipzig. Wo<lb/>
Hencker &#x017F;ollen &#x017F;ie denn &#x017F;eyn? Adjeu, <hi rendition="#aq">Mesdames,</hi><lb/>
es i&#x017F;t am be&#x017F;ten, daß ich mich ihnen empfehle.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GLAU">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Glaubeleichtin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Auf ein ander mahl kommen &#x017F;ie eine Stunde<lb/>
fru&#x0364;her Herr Bruder!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WACK">
              <speaker> <hi rendition="#b">Herr Wackermann.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Jch bin ihr Diener.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#SEU">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Seuffzerin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Adjeu! Frau Glaubeleichtin, ich empfehle mich.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ZANCK">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Zanckenheimin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Adjeu! leben &#x017F;ie vergnu&#x0364;gt! auf den Donner&#x017F;tag<lb/>
&#x017F;ehen wir uns wieder.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GLAU">
              <speaker> <hi rendition="#b">Frau Glaubeleichtin.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Leben &#x017F;ie wohl! Frau Seelen-Schwe&#x017F;tern.<lb/>
Adjeu.</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Achter</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0148] Die Pietiſterey Liebe und kein Chriſtenthum haben? Es iſt doch wahr, wir Pietiſten ſind rechte Leute. Wir mey- nen, wir haben die Gottſeeligkeit allein gepacht; und wir ſehen nicht, daß andere Menſchen uns oft- mahls auslachen muͤſſen. Frau Glaubeleichtin. Was vor Menſchen denn? Die Wittenberger in Wittenberg? Oder die Roſtocker in Roſtock? Herr Wackermann. Nun ja! Oder die Leipziger in Leipzig. Wo Hencker ſollen ſie denn ſeyn? Adjeu, Mesdames, es iſt am beſten, daß ich mich ihnen empfehle. Frau Glaubeleichtin. Auf ein ander mahl kommen ſie eine Stunde fruͤher Herr Bruder! Herr Wackermann. Jch bin ihr Diener. Frau Seuffzerin. Adjeu! Frau Glaubeleichtin, ich empfehle mich. Frau Zanckenheimin. Adjeu! leben ſie vergnuͤgt! auf den Donnerſtag ſehen wir uns wieder. Frau Glaubeleichtin. Leben ſie wohl! Frau Seelen-Schweſtern. Adjeu. Achter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/148
Zitationshilfe: Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/148>, abgerufen am 22.11.2024.