Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.Die Pietisterey dergeburth? Wir haben den alten Catechismumverbessert! Was ist die Busse? Sie verstehen das nicht! Man muß bekennen, daß man in ihren Versammlungen viel lernet. Frau Glaubeleichtin. Das macht, die Materien sind für einen Offi- cier zu hoch. Herr Wackermann. Das will ich glauben. Jch mache mir auch keine Schande daraus, daß ichs nicht weiß. Das ist der GOttes-Gelehrten ihr Werck. Aber glau- ben sie denn, daß es sich vor sie schickt, von solchen Dingen zu reden? Frau Zanckenheimin. O! mich dünckt freylich, daß ein erleuchtetes Frauenzimmer schon in der Kirche etwas zu sagen hat. Frau Seuffzerin. Das ist gewiß. Frau Glaubeleichtin. Die Frau Petersen, Bourignon, und Guion habens wohl bewiesen in ihren Schrifften. Herr Wackermann. Ja, freylich! Das sind rechte schöne Stückchen. Jch habe aber von vernünfftigen Leuten gehört, daß es recht so liesse, als wenn die guten Weiber von Sachen geschrieben hätten, die sie nicht verstanden. Frau
Die Pietiſterey dergeburth? Wir haben den alten Catechismumverbeſſert! Was iſt die Buſſe? Sie verſtehen das nicht! Man muß bekennen, daß man in ihren Verſammlungen viel lernet. Frau Glaubeleichtin. Das macht, die Materien ſind fuͤr einen Offi- cier zu hoch. Herr Wackermann. Das will ich glauben. Jch mache mir auch keine Schande daraus, daß ichs nicht weiß. Das iſt der GOttes-Gelehrten ihr Werck. Aber glau- ben ſie denn, daß es ſich vor ſie ſchickt, von ſolchen Dingen zu reden? Frau Zanckenheimin. O! mich duͤnckt freylich, daß ein erleuchtetes Frauenzimmer ſchon in der Kirche etwas zu ſagen hat. Frau Seuffzerin. Das iſt gewiß. Frau Glaubeleichtin. Die Frau Peterſen, Bourignon, und Guion habens wohl bewieſen in ihren Schrifften. Herr Wackermann. Ja, freylich! Das ſind rechte ſchoͤne Stuͤckchen. Jch habe aber von vernuͤnfftigen Leuten gehoͤrt, daß es recht ſo lieſſe, als wenn die guten Weiber von Sachen geſchrieben haͤtten, die ſie nicht verſtanden. Frau
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verbeſſert! Was iſt die Buſſe? Sie verſtehen das
nicht! Man muß bekennen, daß man in ihren
Verſammlungen viel lernet.
Frau Glaubeleichtin.
Das macht, die Materien ſind fuͤr einen Offi-
cier zu hoch.
Herr Wackermann.
Das will ich glauben. Jch mache mir auch
keine Schande daraus, daß ichs nicht weiß. Das
iſt der GOttes-Gelehrten ihr Werck. Aber glau-
ben ſie denn, daß es ſich vor ſie ſchickt, von ſolchen
Dingen zu reden?
Frau Zanckenheimin.
O! mich duͤnckt freylich, daß ein erleuchtetes
Frauenzimmer ſchon in der Kirche etwas zu ſagen
hat.
Frau Seuffzerin.
Das iſt gewiß.
Frau Glaubeleichtin.
Die Frau Peterſen, Bourignon, und Guion
habens wohl bewieſen in ihren Schrifften.
Herr Wackermann.
Ja, freylich! Das ſind rechte ſchoͤne Stuͤckchen.
Jch habe aber von vernuͤnfftigen Leuten gehoͤrt, daß
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