pgo_431.001 des Drama zu verweisen. Jm Drama verlangt Alles eine sorgfältige pgo_431.002 Motivirung, und Effekte, die man als Wirkungen ohne Ursache definirt pgo_431.003 hat, dürfen hier nicht Platz greifen. Wohl aber sind plötzliche Wirkungen pgo_431.004 verstattet, die aus der Explosion geschickt angelegter Minen oder pgo_431.005 Kontreminen hervorgehn. Jm Lustspiele hat der Zufall, in dessen Wesen pgo_431.006 das Ueberraschende und Plötzliche liegt, ein Recht, wohlberechnete Plane pgo_431.007 zu kreuzen und heitere Verwicklungen herbeizuführen. Der berechtigte pgo_431.008 Theaterkoup geht aus maskirten Zügen des dramatischen Spiels pgo_431.009 hervor, die, an sich klug und fein angelegt, doch durch die überraschende pgo_431.010 Gleichzeitigkeit wirken, mit der sich zwei oder mehrere Angriffslinien pgo_431.011 eröffnen. Auch die plötzliche Wendung eines Charakters, die allerdings pgo_431.012 seinem Wesen nicht widersprechen darf, aber doch ein unerwartetes Licht pgo_431.013 auf dasselbe wirft, kann die Wirkung eines Theaterkoups hervorrufen. pgo_431.014 So ist uns Leicester in der "Maria Stuart" als glatter und doppelzüngiger pgo_431.015 Höfling bekannt -- dennoch bringt sein Verfahren, dem Mortimer pgo_431.016 gegenüber, den er verhaften läßt, um sich zu retten, eine überraschende pgo_431.017 Wirkung hervor, die aber durch die Situation und den Charakter gerechtfertigt pgo_431.018 ist.
pgo_431.019 Zur innern Technik des Drama im weitesten Sinne kann man auch pgo_431.020 seine dialogische Einkleidung rechnen. Der Dialog ist die dramatische pgo_431.021 Gesprächsform, das Hinundwieder der Rede, aus welchem wie aus den pgo_431.022 Plattenpaaren der Volta'schen Säule der elektrische Blitz der Handlung pgo_431.023 hervorspringt. Der Monolog, das Selbstgespräch, ist im Drama pgo_431.024 ebenfalls berechtigt, als die Einkehr der dramatischen Charaktere in ihr pgo_431.025 Jnneres, eine Einkehr, die indeß niemals ein blos lyrisches Vibriren des pgo_431.026 Gemüthes sein darf, niemals eine zerfließende Hingabe von Stimmungen, pgo_431.027 sondern uns entweder die innern Tiefen des Charakters, in denen der pgo_431.028 Schwerpunkt der Selbstbestimmung liegt, ohne jede Maske enthüllt und pgo_431.029 dadurch den Dialog ergänzt, oder im kritischen Moment die Wendung zur pgo_431.030 That, die innere Entscheidung darlegt. So muß der Monolog in der pgo_431.031 einen oder der andern Weise motivirend sein. Jn den Monologen pgo_431.032 sammelt sich das Gemüth der Helden; die Handlung geht auf ihr pgo_431.033 geistiges Centrum zurück. Der innere Konflikt, das Werden und Wachsen pgo_431.034 des Entschlusses und der Leidenschaft kommt in den Monologen zu vollem pgo_431.035 Ausdrucke. Die Monologe Wallenstein's vor dem Eintritte des schwedischen
pgo_431.001 des Drama zu verweisen. Jm Drama verlangt Alles eine sorgfältige pgo_431.002 Motivirung, und Effekte, die man als Wirkungen ohne Ursache definirt pgo_431.003 hat, dürfen hier nicht Platz greifen. Wohl aber sind plötzliche Wirkungen pgo_431.004 verstattet, die aus der Explosion geschickt angelegter Minen oder pgo_431.005 Kontreminen hervorgehn. Jm Lustspiele hat der Zufall, in dessen Wesen pgo_431.006 das Ueberraschende und Plötzliche liegt, ein Recht, wohlberechnete Plane pgo_431.007 zu kreuzen und heitere Verwicklungen herbeizuführen. Der berechtigte pgo_431.008 Theaterkoup geht aus maskirten Zügen des dramatischen Spiels pgo_431.009 hervor, die, an sich klug und fein angelegt, doch durch die überraschende pgo_431.010 Gleichzeitigkeit wirken, mit der sich zwei oder mehrere Angriffslinien pgo_431.011 eröffnen. Auch die plötzliche Wendung eines Charakters, die allerdings pgo_431.012 seinem Wesen nicht widersprechen darf, aber doch ein unerwartetes Licht pgo_431.013 auf dasselbe wirft, kann die Wirkung eines Theaterkoups hervorrufen. pgo_431.014 So ist uns Leicester in der „Maria Stuart“ als glatter und doppelzüngiger pgo_431.015 Höfling bekannt — dennoch bringt sein Verfahren, dem Mortimer pgo_431.016 gegenüber, den er verhaften läßt, um sich zu retten, eine überraschende pgo_431.017 Wirkung hervor, die aber durch die Situation und den Charakter gerechtfertigt pgo_431.018 ist.
pgo_431.019 Zur innern Technik des Drama im weitesten Sinne kann man auch pgo_431.020 seine dialogische Einkleidung rechnen. Der Dialog ist die dramatische pgo_431.021 Gesprächsform, das Hinundwieder der Rede, aus welchem wie aus den pgo_431.022 Plattenpaaren der Volta'schen Säule der elektrische Blitz der Handlung pgo_431.023 hervorspringt. Der Monolog, das Selbstgespräch, ist im Drama pgo_431.024 ebenfalls berechtigt, als die Einkehr der dramatischen Charaktere in ihr pgo_431.025 Jnneres, eine Einkehr, die indeß niemals ein blos lyrisches Vibriren des pgo_431.026 Gemüthes sein darf, niemals eine zerfließende Hingabe von Stimmungen, pgo_431.027 sondern uns entweder die innern Tiefen des Charakters, in denen der pgo_431.028 Schwerpunkt der Selbstbestimmung liegt, ohne jede Maske enthüllt und pgo_431.029 dadurch den Dialog ergänzt, oder im kritischen Moment die Wendung zur pgo_431.030 That, die innere Entscheidung darlegt. So muß der Monolog in der pgo_431.031 einen oder der andern Weise motivirend sein. Jn den Monologen pgo_431.032 sammelt sich das Gemüth der Helden; die Handlung geht auf ihr pgo_431.033 geistiges Centrum zurück. Der innere Konflikt, das Werden und Wachsen pgo_431.034 des Entschlusses und der Leidenschaft kommt in den Monologen zu vollem pgo_431.035 Ausdrucke. Die Monologe Wallenstein's vor dem Eintritte des schwedischen
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des Drama zu verweisen. Jm Drama verlangt Alles eine sorgfältige pgo_431.002
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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/453>, abgerufen am 22.11.2024.
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