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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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"Froschmäusekrieg" den Homerischen Styl überhaupt, die "travestirte pgo_370.002
Aeneis" von Blumauer den Virgil mit kritischem Scharfblick für seine pgo_370.003
Schwächen, die "pucelle" von Voltaire die Romantik der heroischen pgo_370.004
Jungfrauen mit größerer Plastik, trotz alles Cynismus, als seine "Henriade" pgo_370.005
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Dann kann aber das komische Epos selbstständig einen Stoff aus pgo_370.007
unserem Leben behandeln. Auch hier liegt eine parodirende Auffassung pgo_370.008
zu Grunde, indem der Epiker ein ganz unbedeutendes Objekt mit allem pgo_370.009
Aufwande epischer Erhabenheit, Anrufung der Musen, Göttermaschinerie pgo_370.010
u. dgl. m. behandelt. Doch gewinnt hier die Komik durch eine scherzhafte pgo_370.011
Phantastik und scharfe schlagende Satyre eine selbstständige Bedeutung. pgo_370.012
Hierher gehören einige in ihrer Art vortreffliche Dichtungen der vorigen pgo_370.013
Jahrhunderte: Tassoni's "geraubter Wassereimer," Butler's "Hudibras," pgo_370.014
Boileau's "Kirchenpult," Pope's "Lockenraub und Dunciade," pgo_370.015
Zachariä's "Renommist, Schnupftuch" u. s. w. Die allegorischen Maschinen, pgo_370.016
wie z. B. Boileau's Zwietracht, Nacht und Trägheit, sind hier pgo_370.017
besser, als in der Henriade, an ihrem Platze. Wir erinnern nur an pgo_370.018
Pope's reizende neckische Silfen, an die ausgezeichnete Schilderung der pgo_370.019
Göttin "Langeweile" in Zachariä's "Schnupftuch," um darauf hinzudeuten, pgo_370.020
wie dies komische Epos verdient, in der Gegenwart wieder angebaut pgo_370.021
zu werden. Ueberall in der Poetik ist es unser Bestreben, auf pgo_370.022
ältere Formen hinzuweisen, die, längere Zeit vernachlässigt und scheinbar pgo_370.023
veraltet, nur des schöpferischen Talentes harren, welches den Geist der pgo_370.024
Gegenwart in sie hineinbannt; überall betonen wir wieder die strengere pgo_370.025
Kunstform für den jugendlich modernen Geist, der seine jungdeutsche pgo_370.026
Genialität endlich einmal ausschäumen muß in der fragmentarischnovellistischen pgo_370.027
Feuilletonprosa, um auf allen Gebieten eine klassische pgo_370.028
Sicherheit und Formenschönheit zu erringen. Kleinere komische Epen pgo_370.029
nach Pope's und Boileau's Muster in gereimten Jamben von abwechselnden pgo_370.030
Füßen oder in Freiligrath'schen Alexandrinerstrophen sind für ein pgo_370.031
graziösmodernes, an der feinen Eleganz des neufranzösischen Feuilletonstyles pgo_370.032
herangebildetes Talent gewiß eine willkommene Dichtform, die sich pgo_370.033
durch die humoristische Novellette nicht ersetzen läßt. Denn das ideale pgo_370.034
Element, das einmal in der rhythmischen Form und im Reim liegt, läßt pgo_370.035
sich durchaus nicht als gleichgültig veranschlagen; es trägt auch die

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„Froschmäusekrieg“ den Homerischen Styl überhaupt, die „travestirte pgo_370.002
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Jungfrauen mit größerer Plastik, trotz alles Cynismus, als seine „Henriade“ pgo_370.005
bietet.

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/392>, abgerufen am 25.11.2024.