Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_311.001 pgo_311.009 pgo_311.028 *) pgo_311.033
Art poetique de Despreaux II. 38 u. folg. D'un ton un peu plus haut, mais pgo_311.034 pourtant sans audace. pgo_311.001 pgo_311.009 pgo_311.028 *) pgo_311.033
Art poétique de Despréaux II. 38 u. folg. D'un ton un peu plus haut, mais pgo_311.034 pourtant sans audace. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0333" n="311"/><lb n="pgo_311.001"/> So schweift die Reflexion von Bild zu Bild, ja sie weicht scheinbar in <lb n="pgo_311.002"/> in kühnen Fugen aus, aber wir werden immer zum Grundton zurückgeleitet. <lb n="pgo_311.003"/> So können wir, trotz der weiten Ausdehnung des modernen <lb n="pgo_311.004"/> Elegieencyklus, trotz der großen Verschiedenheit des Stoffes und der Weltanschauung, <lb n="pgo_311.005"/> deren Bereicherung und Erweiterung zu verkennen nur einer <lb n="pgo_311.006"/> einseitigen Bildung vorbehalten bleibt, in der Rhythmik der Komposition, <lb n="pgo_311.007"/> ihrem farbenreichen Scenenwechsel, ihrem hinundherwogenden Gange <lb n="pgo_311.008"/> die Aehnlichkeit zwischen der antiken und modernen Elegie nicht vermissen.</p> <p><lb n="pgo_311.009"/> Die Mischung, die schon im antiken Distichon, in der Vereinigung des <lb n="pgo_311.010"/> Hexameters und Pentameters angedeutet ist, die Mischung von <hi rendition="#g">Beschreibung</hi> <lb n="pgo_311.011"/> und <hi rendition="#g">Betrachtung</hi> bildet das eigentliche Wesen der Elegie, <lb n="pgo_311.012"/> das sich in ihrer Totalität ebenso ausprägt, wie in jedem einzelnen Bilde. <lb n="pgo_311.013"/> Soll diese Mischung einen gesunden und erfrischenden Eindruck machen: <lb n="pgo_311.014"/> so darf keines ihrer Elemente überwiegen. Jm Allgemeinen freilich scheint <lb n="pgo_311.015"/> das erstere mehr dem Alterthum, das zweite mehr der Neuzeit eigen zu <lb n="pgo_311.016"/> sein; aber schon die gnomischen Elegieen der Griechen zeigen, daß auch <lb n="pgo_311.017"/> hier die Betrachtung bis zur Sprengung der abgeschlossenen Kunstgattung <lb n="pgo_311.018"/> und zum Uebergang in das Lehrhafte überwog. Ein Ueberrest der Beschreibung <lb n="pgo_311.019"/> dagegen würde ebenfalls aus der elegischen Gattung herausfallen. <lb n="pgo_311.020"/> Beide müssen überdies sich nicht von der höheren Einheit emancipiren <lb n="pgo_311.021"/> wollen: von der lyrischen Grundstimmung des Dichters. Ein sehr <lb n="pgo_311.022"/> harmonisches Verhältniß zwischen beiden zeigt uns z. B. der Schiller'sche <lb n="pgo_311.023"/> <hi rendition="#g">Spaziergang,</hi> ebenso „<hi rendition="#g">das Lied von der Glocke,</hi>“ in welchem <lb n="pgo_311.024"/> letzteren Gedicht die Beschreibung doppelter Art ist, zunächst an das <lb n="pgo_311.025"/> Technische des Glockengusses anknüpft und dann erst die Zustände des <lb n="pgo_311.026"/> bürgerlichen Lebens schildert, welche dem Dichter in ungezwungenster <lb n="pgo_311.027"/> Weise kurze, aber bedeutsame Reflexionen an die Hand geben.</p> <p><lb n="pgo_311.028"/> Was die <hi rendition="#g">Ausdrucksweise</hi> der Elegie betrifft, so ist man noch <lb n="pgo_311.029"/> immer mit Horaz und Gottsched geneigt, von derselben die größte Einfachheit <lb n="pgo_311.030"/> zu verlangen. Eher trifft schon <hi rendition="#g">Boileau</hi> das Richtige, wenn er <lb n="pgo_311.031"/> von der Elegie einen <hi rendition="#g">gehobenern</hi> Ton, als von der Jdylle verlangt, <lb n="pgo_311.032"/> dabei aber die <hi rendition="#g">Kühnheit</hi> ausschließt<note xml:id="PGO_311_1" place="foot" n="*)"><lb n="pgo_311.033"/> Art poétique de Despréaux II. 38 u. folg. D'un ton un peu plus haut, mais <lb n="pgo_311.034"/> pourtant sans audace.</note>. Die Kühnheit der Ode paßt </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0333]
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So schweift die Reflexion von Bild zu Bild, ja sie weicht scheinbar in pgo_311.002
in kühnen Fugen aus, aber wir werden immer zum Grundton zurückgeleitet. pgo_311.003
So können wir, trotz der weiten Ausdehnung des modernen pgo_311.004
Elegieencyklus, trotz der großen Verschiedenheit des Stoffes und der Weltanschauung, pgo_311.005
deren Bereicherung und Erweiterung zu verkennen nur einer pgo_311.006
einseitigen Bildung vorbehalten bleibt, in der Rhythmik der Komposition, pgo_311.007
ihrem farbenreichen Scenenwechsel, ihrem hinundherwogenden Gange pgo_311.008
die Aehnlichkeit zwischen der antiken und modernen Elegie nicht vermissen.
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Die Mischung, die schon im antiken Distichon, in der Vereinigung des pgo_311.010
Hexameters und Pentameters angedeutet ist, die Mischung von Beschreibung pgo_311.011
und Betrachtung bildet das eigentliche Wesen der Elegie, pgo_311.012
das sich in ihrer Totalität ebenso ausprägt, wie in jedem einzelnen Bilde. pgo_311.013
Soll diese Mischung einen gesunden und erfrischenden Eindruck machen: pgo_311.014
so darf keines ihrer Elemente überwiegen. Jm Allgemeinen freilich scheint pgo_311.015
das erstere mehr dem Alterthum, das zweite mehr der Neuzeit eigen zu pgo_311.016
sein; aber schon die gnomischen Elegieen der Griechen zeigen, daß auch pgo_311.017
hier die Betrachtung bis zur Sprengung der abgeschlossenen Kunstgattung pgo_311.018
und zum Uebergang in das Lehrhafte überwog. Ein Ueberrest der Beschreibung pgo_311.019
dagegen würde ebenfalls aus der elegischen Gattung herausfallen. pgo_311.020
Beide müssen überdies sich nicht von der höheren Einheit emancipiren pgo_311.021
wollen: von der lyrischen Grundstimmung des Dichters. Ein sehr pgo_311.022
harmonisches Verhältniß zwischen beiden zeigt uns z. B. der Schiller'sche pgo_311.023
Spaziergang, ebenso „das Lied von der Glocke,“ in welchem pgo_311.024
letzteren Gedicht die Beschreibung doppelter Art ist, zunächst an das pgo_311.025
Technische des Glockengusses anknüpft und dann erst die Zustände des pgo_311.026
bürgerlichen Lebens schildert, welche dem Dichter in ungezwungenster pgo_311.027
Weise kurze, aber bedeutsame Reflexionen an die Hand geben.
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Was die Ausdrucksweise der Elegie betrifft, so ist man noch pgo_311.029
immer mit Horaz und Gottsched geneigt, von derselben die größte Einfachheit pgo_311.030
zu verlangen. Eher trifft schon Boileau das Richtige, wenn er pgo_311.031
von der Elegie einen gehobenern Ton, als von der Jdylle verlangt, pgo_311.032
dabei aber die Kühnheit ausschließt *). Die Kühnheit der Ode paßt
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Art poétique de Despréaux II. 38 u. folg. D'un ton un peu plus haut, mais pgo_311.034
pourtant sans audace.
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