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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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Sechster Abschnitt.
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Altdeutsche, antike, orientalische Strophen.

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Außer den erwähnten, gebräuchlichsten Versmaaßen haben wir noch pgo_234.004
theils durch den Rhythmus, theils durch den Reim bedingte Strophenbildungen pgo_234.005
zu besprechen, welche, ererbt von dem deutschen und griechischrömischen pgo_234.006
Alterthum, für unsere neue Dichtung Bedeutung gewonnen pgo_234.007
haben.

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1. Die Nibelungenstrophe.

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Wie der Hexameter hat der Vers der Nibelungenstrophe sechs Füße, pgo_234.010
wenn man auf die sechs Hebungen und Senkungen einen Begriff der pgo_234.011
antiken Metrik anwenden will. Die Strophe selbst besteht aus vier paarweise pgo_234.012
gereimten Verszeilen, von denen jede wieder in zwei ungleichartige pgo_234.013
Hälften zerfällt, indem die erste Hälfte einen weiblichen (klingenden), die pgo_234.014
zweite einen männlichen (stumpfen) Schluß hat. Der zweite Halbvers pgo_234.015
der vierten Zeile markirt das Ende der Strophe durch ein volleres Austönen, pgo_234.016
indem er statt drei Hebungen vier, ja in der Gudrunstrophe sogar pgo_234.017
fünf Hebungen hat.

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Jm Auftakt können zwei Kürzen stehn -- ebenso kann aber die Senkung pgo_234.019
ganz fehlen, wodurch zwei Hebungen nebeneinander einen spondäischen pgo_234.020
Charakter annehmen. Jn dieser Strophe ist bekanntlich das pgo_234.021
Nibelungenlied und mit wenigen Modifikationen die Gudrun pgo_234.022
gedichtet. Außer den schon erwähnten fünf Hebungen hat die Gudrunstrophe pgo_234.023
noch in den beiden letzten Verszeilen weibliche Endungen.

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Demnach ist das Schema der Nibelungenstrophe:

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Zwischen diesen Vershälften sind die mannichfachsten Kombinationen pgo_234.030
möglich:

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Da klangen seine Saiten, daß all' das Haus ertost, pgo_234.032
Seine Kunst und seine Stärke, die waren beide groß. pgo_234.033
Süßer immer süßer zu geigen er begann; pgo_234.034
Da spielet er in den Schlummer so manchen sorgenden Mann.
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Sechster Abschnitt.
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Altdeutsche, antike, orientalische Strophen.

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Außer den erwähnten, gebräuchlichsten Versmaaßen haben wir noch pgo_234.004
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1. Die Nibelungenstrophe.

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Demnach ist das Schema der Nibelungenstrophe:

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Zwischen diesen Vershälften sind die mannichfachsten Kombinationen pgo_234.030
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Da klangen seine Saiten, daß all' das Haus ertost, pgo_234.032
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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/256>, abgerufen am 25.11.2024.