pgo_233.005 Dieser Vers des Aristophanes, den nach seinem Vorbilde Platen und pgo_233.006 Prutz für die Chorstrophen ihrer satyrischen Komödieen angewendet, hat pgo_233.007 einen prächtig wogenden Gang, der ihn nicht blos für behaglich ausgeführte pgo_233.008 Gemälde der komischen Muse, sondern auch für die Bilder üppiger pgo_233.009 Schilderung und Empfindung, selbst für einen majestätischen Ernst geeignet pgo_233.010 macht. Er verlangt nach jeder Dipodie einen scharfen Einschnitt; die pgo_233.011 Hauptcäsur des Verses aber fällt nach der zweiten Dipodie. Der Spondäus pgo_233.012 macht seinen Gang würdevoller. Dieser Vers kann ebenfalls eine pgo_233.013 weibliche Endung haben und reimlos, wie gereimt angewendet werden: pgo_233.014 z. B.
pgo_233.015
Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirnepgo_233.016 Glüh'n Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch zu ersingen verwandte Belohnung!
pgo_233.017
Platen.
pgo_233.018 Und gereimt:
pgo_233.019
Sein Abschiedswort thut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen,pgo_233.020 Der oftmals schon, im Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Coulissen!
pgo_233.021
Platen.
pgo_233.022 Jch habe in meinem "Carlo Zeno" die dritte Abtheilung, die Darstellung pgo_233.023 einer südlich glühenden Liebe, die zugleich mit siegender Heiterkeit pgo_233.024 die klösterliche Beschränkung durchbricht, in gereimten anapästischen Tetrametern pgo_233.025 gedichtet:
pgo_233.026
Wie duftet da rings ein gefangener Lenz aus Vasen, von Nischen, Konsolenpgo_233.027 So würzigen Hauch! Der Abend blickt durch schwere Gardinen verstohlen.pgo_233.028 Es hängt an der Wand im Blumengewind die Harfe mit schlummernden Liedern;pgo_233.029 Der Papagei im Käfig frägt -- und die Nachtigallen erwiedern.pgo_233.030 Das Pergament auf dem zierlichen Schrein -- das ist die Hölle des Dante,pgo_233.031 Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte!
pgo_233.001 Ebenso läßt er einen zwei- oder dreifüßigen in der zweiten und vierten pgo_233.002 Zeile mit dem fünffüßigen wechseln.
pgo_233.005 Dieser Vers des Aristophanes, den nach seinem Vorbilde Platen und pgo_233.006 Prutz für die Chorstrophen ihrer satyrischen Komödieen angewendet, hat pgo_233.007 einen prächtig wogenden Gang, der ihn nicht blos für behaglich ausgeführte pgo_233.008 Gemälde der komischen Muse, sondern auch für die Bilder üppiger pgo_233.009 Schilderung und Empfindung, selbst für einen majestätischen Ernst geeignet pgo_233.010 macht. Er verlangt nach jeder Dipodie einen scharfen Einschnitt; die pgo_233.011 Hauptcäsur des Verses aber fällt nach der zweiten Dipodie. Der Spondäus pgo_233.012 macht seinen Gang würdevoller. Dieser Vers kann ebenfalls eine pgo_233.013 weibliche Endung haben und reimlos, wie gereimt angewendet werden: pgo_233.014 z. B.
pgo_233.015
Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirnepgo_233.016 Glüh'n Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch zu ersingen verwandte Belohnung!
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Platen.
pgo_233.018 Und gereimt:
pgo_233.019
Sein Abschiedswort thut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen,pgo_233.020 Der oftmals schon, im Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Coulissen!
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Platen.
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pgo_233.026
Wie duftet da rings ein gefangener Lenz aus Vasen, von Nischen, Konsolenpgo_233.027 So würzigen Hauch! Der Abend blickt durch schwere Gardinen verstohlen.pgo_233.028 Es hängt an der Wand im Blumengewind die Harfe mit schlummernden Liedern;pgo_233.029 Der Papagei im Käfig frägt — und die Nachtigallen erwiedern.pgo_233.030 Das Pergament auf dem zierlichen Schrein — das ist die Hölle des Dante,pgo_233.031 Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte!
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Ebenso läßt er einen zwei- oder dreifüßigen in der zweiten und vierten pgo_233.002
Zeile mit dem fünffüßigen wechseln.
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c. Der achtfüßige Anapästus (Tetrameter). pgo_233.004
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Dieser Vers des Aristophanes, den nach seinem Vorbilde Platen und pgo_233.006
Prutz für die Chorstrophen ihrer satyrischen Komödieen angewendet, hat pgo_233.007
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Hauptcäsur des Verses aber fällt nach der zweiten Dipodie. Der Spondäus pgo_233.012
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Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirne pgo_233.016
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Platen.
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pgo_233.019
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Jch habe in meinem „Carlo Zeno“ die dritte Abtheilung, die Darstellung pgo_233.023
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pgo_233.026
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Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte!
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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/255>, abgerufen am 16.02.2025.
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